Die 16-Jährige aus Rheder wurde zuletzt Dritte bei den NRW-Meisterschaften der Islandpferde und ist eines der größten Talente Deutschlands.
ReitsportEmma Brust aus Rheder reitet leicht wie eine Feder

Eine der besten Nachwuchsreiterinnen Deutschlands: Emma Brust aus Rheder.
Copyright: Krijn Buijtelaar Fotografie
Tölt, Turniere, Taktgefühl oder: Die Kunst des Islandpferdereitens. Für die 16-jährige Emma Brust ist Islandpferdesport nicht nur ein Hobby, sondern ein Lebensgefühl. Das Leben ist kein Ponyhof? Wer ihr zuhört, könnte meinen, genau das Gegenteil sei der Fall.
Molda von Bieberstein und Erlendur vom Forstwald, so lauten die klangvollen Namen ihrer Islandpferde. Diese Namen sind nicht nur wohlklingend, sondern ein fester Bestandteil der Islandpferdekultur, in der es üblich ist, dass die Tiere neben ihrem Rufnamen auch den Namen ihres Zuchtortes oder Gestüts tragen, der jedes Pferd einzigartig macht. Eine besondere Kultur einer besonderen Rasse. Robust, willensstark und vielseitig, so die Merkmale der Islandpferde. Denn neben den klassischen Gangarten Schritt, Trab und Galopp beherrschen Islandpferde auch den Tölt: einen Viertakt, bei dem der Reiter fast erschütterungsfrei getragen wird.
Ein feines Gespür für die Reiter-Pferd-Beziehung
Bei entsprechender Veranlagung verfügen sie sogar noch über eine fünfte Gangart: den Pass, eine laterale Zweitakt-Hochgeschwindigkeitsgangart. Diese sauber zu zeigen, gelingt allerdings nur besonders talentierten Pferden. Die Gangvielfalt macht den Islandpferdesport technisch anspruchsvoll und verlangt Reiter und Pferd Geduld, Ehrgeiz und ein feines Gespür für die Reiter-Pferd-Beziehung ab.
Doch zurück zu Emma Brust: Während andere Jugendliche nach der Schule chillen, gibt es für sie keine Pause: Fünf- bis sechsmal pro Woche fährt ihre Mutter sie von Rheder, ihrem Wohnort, zum Stall nach Rheinbach. Dort warten Molda und Erlendur auf sie. Getrennt in eigene Herden und fast so, wie es ihrer ursprünglichen Lebensweise in Island entspricht, stehen Brusts Islandpferde im Sommer rund um die Uhr auf der Weide und im Winter in Offenstall-Paddocks. Mindestens drei Stunden verbringt die Pferdenärrin im Stall. Putzen, reiten, longieren. Unterstützt wird sie dabei von Mutter Nina, die die Leidenschaft ihrer Tochter für Pferde teilt.
Hausaufgaben müssen bei Emma Brust bist zum Abend warten
„Das Training richtet sich immer nach dem aktuellen Trainingsstand und danach, was geplant ist, ob beispielsweise ein Turnier ansteht. Wichtig ist ein ausgewogenes Training. Ich reite nicht nur auf dem Platz, sondern arbeite auch viel vom Boden aus mit den Pferden oder reite aus. Im Gelände wird Ausdauer trainiert, das ist auch wichtig für die Spaßerhaltung“, erklärt die Gymnasiastin, die seit ihrem vierten Lebensjahr im Sattel sitzt. Hausaufgaben und Klausurvorbereitungen? Die müssen bis zum Abend warten.
Auch an den Wochenenden dreht sich bei der 16-Jährigen alles ums Reiten: Dann übernimmt Vater Marc das Steuer und fährt sie ins rund 110 Kilometer entfernte Radevormwald. Dort steht Þrá von Borbeck, eine Fünfgangstute im Besitz ihres Kadertrainers, die Brust seit 2024 auf Turnieren reiten darf und die sie an den Wochenenden so oft wie möglich besucht.
2022 wurde Emma Brust in den Jugendkader Rheinland berufen
Neun Jahre war Emma Brust, als Molda vom Bieberstein, eine Fünfgangstute, zum neuen Familienmitglied wurde. „Als ich sie das erste Mal geritten bin, war sofort klar: Sie ist es“, erinnert sich die Zehntklässlerin begeistert. Wallach Erlendur vom Forstwald, ein Viergänger, komplettierte zwei Jahre später ihr Islandpferdeglück. Mit 12 und 13 Jahren sind die beiden laut ihrer Reiterin im besten Islandpferdealter.
Ehrgeiz, Leidenschaft und Geduld zahlten sich aus. 2022 wurde die damals 13-Jährige in den Jugendkader Rheinland berufen. Der Startschuss für ihre Erfolgsgeschichte fiel, als sie im selben Jahr mit dem Passreiten, der schwierigsten der fünf Gangarten des Islandpferdes, begann. Seither reiht sich ein Podestplatz an den anderen: Dem Kreismeistertitel in der Jugendklasse 2023 folgten ein Jahr später der Titel als Vereinsmeisterin des RSVK Kottenforst sowie die Vizemeisterschaft bei der Deutschen Jugend- und Junioren-Islandpferdemeisterschaft (DJIM). Besonders stolz ist sie auf eine Auszeichnung, die sie 2024 erhielt: Den „Feather Prize“, den der internationale Dachverband FEIF für besonders harmonisches und pferdefreundliches, buchstäblich „federleichtes“ Reiten verleiht.
Tölt und Pass zählen bei der Prüfungsbewertung doppelt
Doch was erwartet einen Reiter bei einer Fünfgangprüfung? Meist findet sie auf einer 250 Meter langen Ovalbahn statt. In einer festgelegten Reihenfolge – Tölt, Trab, Schritt, Galopp und Pass – präsentieren Reiter und Pferd nacheinander alle fünf Gangarten. Während Tölt, Trab, Schritt und Galopp in Form von Runden auf der Ovalbahn gezeigt und von den Richtern, die in der Bahnmitte sitzen, bewertet werden, erfolgt die Pass-Darstellung auf drei langen Seiten. Zwei Darstellungen fließen in die Wertung ein. Für jede Gangart vergeben die Richter Einzelnoten. Um die Gesamtnote zu ermitteln, werden am Ende alle Noten addiert und durch fünf geteilt. Dabei gibt es eine Besonderheit: Tölt und Pass zählen doppelt. „In Fünfgangprüfungen starten durchschnittlich nur 15 Reiter, da es die schwierigste Prüfung ist. Bei der DJIM jedoch waren es 35 Reiter aus ganz Deutschland. Die Prüfung dauert im Schnitt acht Minuten“, erläutert Brust.
„Mehr als glücklich“ ist die Schülerin der Euskirchener Marienschule mit dem, was sie dieses Jahr zeigen konnte: Mit Þrá von Borbeck errang sie den dritten Platz in der Fünfgangprüfung bei den NRW-Meisterschaften. Jüngst krönte sie die laufende Saison mit dem zweiten Platz bei der DJIM. Aktuell freue sie sich auf das vom 22. bis 24. August stattfindende Hallenturnier ihres Vereins, des RSVK Kottenforst. Dass sie als amtierende Vereinsmeisterin das Plakat für die Veranstaltung schmückt, erzählt sie nicht ohne Stolz.
Ihre Pferde sind für Emma Brust weit mehr als nur Sportpartner
Für Emma Brust sind ihre Pferde weit mehr als Sportpartner: Sie sind Gefährten an 365 Tagen im Jahr. „Gesundheit ist das Wichtigste“, sagt sie und meint damit nicht nur ihre eigene, sondern vor allem die ihrer Tiere. Die Verbindung zwischen Reiterin und Pferd ist für sie zentral: „Pferde sind ein Spiegel. Wenn ich keine gute Laune habe, merken die Pferde das sofort, dann wird auch der Ritt nicht gut.“
Jedes ihrer Pferde bringt dabei eine eigene Persönlichkeit mit: Wallach Erlendur liebt den großen Auftritt, zeigt sich gerne und ist bei Turnieren, wie Brust es beschreibt, „positiv aufgeregt“. Molda hingegen ist sensibel und feinfühlig. Ob ein Ritt gelingt, hängt bei ihr von vielen Faktoren ab, selbst das Wetter könne eine Rolle spielen.
Ein Gänsehautmoment begleitet die Nachwuchsreiterin bis heute: „Auf der Ehrenrunde letztes Jahr bei der deutschen Meisterschaft, als ich mit Erlendur Dritte geworden bin, hatte ich die Rheinland-Fahne in der Hand. Ich habe Freude, Stolz und Dankbarkeit gespürt. Dankbarkeit für meine Pferde, die jeden Tag an meiner Seite sind, und für meine Eltern und meine Trainer, die mir diesen Traum ermöglichen. Meine Pferde geben immer alles für mich. Und ich weiß: Meine größte Konkurrenz bin ich selbst.“