„Gefahr im Verzug“Kastanie in Euskirchen verliert mehrere hundert Kilo schweren Ast

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Der Kastanienbaum an der Lappermühle ist bereits 270 Jahre alt.

Der Kastanienbaum an der Lappermühle ist bereits 270 Jahre alt.

Euskirchen-Palmersheim – Ein Zuhause ohne die alte Kastanie kennen Astrid Belle und Birgit Schwanbeck nicht. Seit sie 1977 mit ihren Eltern auf den Hof an der Lappermühle gezogen sind, steht der Baum auf dem Grundstück. Nicht mehr lange, dann müssen sich die Schwestern von ihm verabschieden. Das Naturdenkmal leidet an Altersschwäche. Erst am Freitag haben Arbeiter einen Ast des Baumes entfernen müssen, der auf eines der Hof-Gebäude zu fallen drohte.

Vor drei Tagen habe sie nachts ein lautes Knacken gehört, sagt Schwanbeck: „Mein Mann und ich sind sofort wach geworden. Wir haben uns umgesehen, aber nichts gefunden.“ Erst am nächsten Morgen sei ihr der riesige Riss in dem Ast über ihrem Schlafzimmer aufgefallen – einem Ast, der seit etwa 15 Jahren mit Spanngurten gestützt werden muss, weil er zu schwer ist. Das Paar zog in die andere Hälfte des Hauses um.

Die Stadt Euskirchen hatte keine Zeit, die Baumarbeiten öffentlich auszuschreiben. Es sei „Gefahr im Verzug“, sagte sie den Schwestern. Mit jedem Tag stieg die Wahrscheinlichkeit, dass der Ast herunterfällt.

Kastanienbaum leidet an Fäulnis

Fünf Tage mussten Schwanbeck und Belle um den Baum, den Hof und ihre eigene Sicherheit bangen. „Die Arbeiten sollten eigentlich schon am Mittwoch anfangen. Aber wegen der Wetterverhältnisse wäre das gefährlich geworden“, erläutert Belle. Denn die Arbeiter mussten mit einem Kran anrücken, um den mehrere hundert Kilo schweren Ast abzusägen. Dass es nur bei einem Kronensicherungsschnitt blieb, war anfangs gar nicht klar. Die Kastanie leidet wegen ihres hohen Alters an Fäulnis. Ihre Äste werden nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt.

Naturschützer beziffern das Alter des Baums auf 250 bis 270 Jahre. Bisher haben sie sich um die Kastanie gekümmert, sie gedüngt und beschnitten. Dementsprechend groß ist auch ihr Interesse, sie zu erhalten. Vor allem, weil sie als Naturdenkmal gilt. Dennoch bleiben dem betagten Baum selbst mit einem Rettungsschnitt vielleicht nur noch zehn Jahre. Kastanien werden selten älter als 300 Jahre.

Nur noch zehn Jahre bleiben dem Baum

„Das ist wirklich traurig. Ich will gar nicht daran denken“, sagt Astrid Belle. Sie sei mit dem Baum aufgewachsen. Noch in der vergangenen Woche haben sie auf der Wiese neben ihm Yoga gemacht – und nun werden sie einen großen Bogen um die Kastanie machen: „Die Arbeiter haben uns gesagt: Wenn wir einen Ast knacken hören und wir darunter stehen, ist es zu spät. Dann können wir nicht mehr weglaufen.“

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Wenn die Arbeiten am Baum beendet sind, bleibe kaum mehr als „ein Stiel mit ein paar Ästen“, sagt Belle. Die Schwestern hoffen jetzt, dass die Kastanie sich trotzdem erholt. Und im besten Fall noch mehr als zehn Jahre am Leben bleibt.

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