Euskirchen30-Jähriger vor Gericht freigesprochen – Vergewaltigung nicht nachweisbar

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Amtsgericht Euskirchen

Amtsgericht Euskirchen (Archivbild)

Euskirchen – Mit einem Freispruch für den Angeklagten endete am Montag der Prozess gegen einen 30-jährigen Mann aus dem Stadtgebiet Mechernich, dem die Anklage vorgeworfen hatte, am frühen Morgen des 19. November 2016 eine Internetbekanntschaft ebenfalls aus dem Mechernicher Stadtgebiet vergewaltigt zu haben. Der Mann, so die Anklage, habe die Frau, die er aus einem Single-Chat-Portal kannte, nach einem Discobesuch besucht und in ihrer Wohnung zum Sex gezwungen. Er habe sein vermeintliches Opfer an den Handgelenken festgehalten und sich an der Frau vergangen.

Damals, unmittelbar nach der Tat, hatte die junge Frau ihre Wohnung verlassen, als er auf der Couch im Wohnzimmer eingeschlafen war. Polizeibeamtinnen fanden die Mechernicherin weinend, zitternd und sichtlich unter Schock vor ihrer Wohnung und den Angeklagten schlafend auf der Wohnzimmercouch.

Nein, der Sex sei einvernehmlich gewesen, bestritt der 30-Jährige in einer durch seinen Anwalt Hagen S. Seipel verlesenen Erklärung ganz entschieden den Vorwurf, ein Sexualverbrechen begangen zu haben. Er habe nach einem Diskothekenbesuch mit reichlich Alkoholgenuss die Frau über ein soziales Netzwerk angechattet und gefragt, ob er zu ihr kommen könne. Sie habe eingewilligt.

Als er die Wohnung betreten habe, habe sie ihm durch Berührungen und Umarmungen zu verstehen gegeben, dass sie mehr wolle. Es habe aber keinesfalls Sex gegen den Willen der jungen Frau gegeben. Und er sei auch nicht gewalttätig geworden. Es habe sich vielmehr um Kuschelsex gehandelt. Er sei nicht der Typ für raues Zupacken. Entschieden wies der Mann den Vorwurf zurück, er habe die junge Frau brutal an den Haaren gezogen, um sie gefügig zu machen.

Frau wirkte hilflos und zitterte

Ganz im Gegenteil. Er sei ihrer Bitte nachgekommen, ein Kondom zu benutzen. Nach dem Beischlaf sei er eingeschlafen, weil er ja erheblich Bier und Schnaps in einer Disco zu sich genommen hatte.

Zwei Polizistinnen, die nach dem Hilferuf der jungen Frau zur Wohnung gefahren waren, schilderten, in welch hilfloser und geschockter Verfassung sie das zitternde Opfer vorgefunden hatten. Während die eine berichtete, was die Frau einer Notärztin von dem Vorfall erzählt hatte, sagte die andere aus, der Angeklagte sei zunächst ruhig gewesen, als man ihn auf der Couch geweckt habe. Im Streifenwagen habe er dann erklärt, die Intimität mit der Frau sei einvernehmlich gewesen.

Später habe er dann über sie gespottet und angekündigt, er sei bald schon wieder draußen aus dem Polizeigewahrsam, weil man ihm nichts Strafbafres vorwerfen könne.

Tatsächlich erbrachte die ärztliche Untersuchung der jungen Frau keine Hinweise auf Abwehrverletzungen oder Gewalt, von einem laut Gericht kleinen Hämatom einmal abgesehen.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragte das Gericht schließlich die Mechernicherin, die den Vorfall angezeigt hatte. Mehr als eine Stunde lang musste sich die Frau den Fragen des Schöffengerichts, der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers stellen. Einmal musste die Vernehmung unterbrochen werden, weil die Frau weinend aus dem Gerichtssaal lief.

Aussagen nicht belastbar

In einem Gutachten zur Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Aussage des vermeintlichen Opfers kam eine Bonner Rechtspsychologin zu dem Schluss, dass die Aussagen der jungen Frau nicht belastbar seien. Man könne nicht mit forensischer Sicherheit sagen, dass es sich bei der Schilderung des Tathergangs um eine erlebnisbasierende Schilderung handele. Zudem sei nicht klar, ob die Frau sich gegen den Sex mit dem Mann gewehrt habe oder ihm deutlich zu erkennen gegeben habe, dass sie mit ihm nicht intim werden wolle.

Die Frau sei zudem stark psychisch belastet, urteilte die Sachverständige. Da schützenswerte Interessen des vermeintlichen Opfers in den Schlussplädoyers der Staatsanwaltschaft, der Nebenklägerin sowie des Verteidigers angesprochen wurden, wurde die Öffentlichkeit hierfür erneut ausgesperrt.

Die Vorsitzende Richterin von Schnakenburg begründete den Freispruch auch damit, dass das Gericht keinen Hinweis auf eine tatsächliche Vergewaltigung in der Beweisaufnahme erhalten habe. Möglich sei auch, so die Richterin, dass die Frau mittlerweile glaube, sie sei Opfer einer Sexualstraftat geworden. Der bis dato unbescholtene Angeklagte habe durch die Anschuldigungen eine schwere Beeinträchtigung seines Lebens hinnehmen müssen.

Alle Prozessparteien verzichteten auf Rechtsmittel, das Urteil ist damit rechtskräftig.

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