Public ViewingPolizei sperrt nach EM-Spiel Europaplatz in Euskirchen ab

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Der Kreisverkehr Europaplatz in Euskirchen wurde abgesperrt, um einen Autokorso zu unterbinden.

Der Kreisverkehr Europaplatz in Euskirchen wurde abgesperrt, um einen Autokorso zu unterbinden.

Euskirchen – Es passte irgendwie ins Gesamtbild: Nach dem zähen Spiel zwischen Deutschland und Ungarn am dritten Spieltag der EM 2020, bei dem es lange Zeit so aussah, als würde die deutsche Elf ausscheiden, wurden die am Ende dann doch erleichterten Fans in Euskirchen ausgebremst. Autokorso interruptus sozusagen.

Spielverderber waren in dem Fall die Damen und Herren in den blauen „Trikots“: Die Polizei hatte fast alle Zufahrten zum Europaplatz, seit 2006 das Ziel der Feiernden, gesperrt. Auf der Hochstraße, der Wilhelmstraße, der Veybachstraße, der Alten Gerberstraße und der Münstereifeler Straße standen Barrieren. Es war keine Zufahrt möglich. Lediglich der Ast von der Gerberstraße in Richtung Südstadt war offen. Auf dem Europaplatz selbst standen mehrere Streifenwagen mit Besatzung.

Autokorso als reine Zurschaustellung

Wie die Polizei auf Anfrage dieser Zeitung mitteilte, seien mindestens 50 Fahrzeuge aufgefallen, die sich zu einem Autokorso versammelten. Ein Großteil der Feiernden, so war vonseiten der Polizei zu hören, habe augenscheinlich nicht zu begeisterten Anhängern der deutschen oder der portugiesischen Mannschaft gehört, sondern habe den Autokorso als reine Zurschaustellung nutzen wollen.

Das Ziel der Fahrzeuge war klar: der Europaplatz. „Das ist für uns ein Gefahrenpunkt. In der Vergangenheit kam es teils zu erheblichen Verkehrsstörungen und Lärmbelästigungen auf der Wilhelmstraße und der Alleestraße durch hupende Autos sowie zu gefährlichen Situationen durch jubelnde Personen, die auf die Stelen auf dem Europaplatz geklettert sind oder Bengalos angezündet haben“, rechtfertigte Polizeisprecher Franz Küpper die Entscheidung des Einsatzleiters vor Ort, der stets einen fließenden Verkehr ermöglichen wollte.

Umwege gefunden

Das gelang aber nur teilweise: Zwar war der Europaplatz frei. Doch auf der Wilhelmstraße und der Alleestraße knubbelte es sich nach wie vor. Die Autos suchten sich andere Wege – und das war in dem Fall der Bereich der Hochstraße zwischen Wilhelmstraße und Alleestraße.

Was aber funktionierte: Den Feiernden wurde die Lust genommen. Um 23.35 Uhr, also rund 45 Minuten nach Spielende, wurden die ersten Absperrmaßnahmen abgebaut. Eine Viertelstunde später war der Einsatz beendet.

Die Feierwütigen wurden in Euskirchen ausgebremst. Die Zufahrt zum Europaplatz, wie hier von der Wilhelmstraße kommend, war gesperrt. Also suchten sich die Fahrzeuge andere Wege.

Die Feierwütigen wurden in Euskirchen ausgebremst. Die Zufahrt zum Europaplatz, wie hier von der Wilhelmstraße kommend, war gesperrt. Also suchten sich die Fahrzeuge andere Wege.

Einer, der ebenfalls verdutzt war über die Maßnahmen, war Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. „Ich kam vom Public Viewing und war auf dem Heimweg. Am Europaplatz stand ich dann vor einer Absperrung und musste einmal rund um die Stadt fahren, um nach Hause zu kommen“, sagte er. Die Maßnahmen der Polizei zu kommentieren, stehe ihm nicht zu, so Reichelt. „Die müssen auch nicht mit der Stadt abgesprochen sein. „Und wenn die Polizei aufgrund ihrer Erfahrungen der Vergangenheit so entscheidet, dann ist das halt so“, so Reichelt.

Als Euskirchener Bürgermeister habe er grundsätzlich nichts gegen feiernde Fußballfans, besonders nach der langen pandemiebedingten Pause. „Das gehört für mich zur Kultur dazu“, so Reichelt. Aber die Sicherheit gehe vor. Er empfiehlt deshalb, die Euskirchener Gastronomen zu unterstützen und dort, unter Einhaltung der Vorgaben aus der Corona-Schutzverordnung, die Fußballspiele zu schauen – und das Auto stehen zu lassen.

Public Viewing

Reichelt selbst hatte das Spiel beim Public Viewing im Euskirchener Office Park an der Thomas-Eßer-Straße angeschaut. Dort zitterten Miroslav Cerny und Manfred Gottschalk am Mittwochabend gleich doppelt. In nur 48 Stunden hatten sie die Veranstaltung aus dem Hut gezaubert und hergerichtet. Genehmigungen, Lizenzen, Leinwand, Technik und Logistik haben sie und ihre vielen Helfer und Mitstreiter, darunter beispielsweise Claus Decker, bis kurz vor Start beschäftigt. Ihr ehrgeiziges Ziel war es, das einzige Public Viewing in Euskirchen zu ermöglichen.

Mit Begeisterung reagierten die Zuschauer beim Public Viewing auf das Ausgleichstor kurz vor Schluss des Spiels.

Mit Begeisterung reagierten die Zuschauer beim Public Viewing auf das Ausgleichstor kurz vor Schluss des Spiels.

Cerny betont: „Wir haben das nicht gemacht, um Geld zu verdienen, sondern für die Euskirchener Fußballfans.“ Dem schließt sich Manfred Gottschalk an: „Auch wenn nur vier Mann gekommen wären, die Leinwand steht!“

Tatsächlich waren es dann 130 Besucher. Mit jedem Tor der deutschen Mannschaft stieg der Jubel. „Hoffentlich wird es zumindest ein Unentschieden“, erhoffte sich Gottschalk, denn dann seien die Deutschen im Achtelfinale, ein weiteres Public Viewing inklusive.

Waren angespannt: Manfred Gottschalk (l.) und Miroslav Cerny.

Waren angespannt: Manfred Gottschalk (l.) und Miroslav Cerny.

Aber die deutsche Mannschaft machte es spannend, und das nicht nur für die Veranstalter. Erst der frühe Rückstand gegen Ungarn, dann, nur 50 Sekunden nach dem Ausgleich, folgte der Gegentreffer der Ungarn. Erst kurz vor Schluss gelang den Deutschen der erlösende Ausgleich, der bis zum Schluss gehalten wurde. Die Besucher lagen sich in den Armen, sprangen herum und waren begeistert. Der Jubel griff um sich. So hatten sich Gottschalk und Cerny das erhofft.

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Natürlich hätten die beiden sich mehr Publikum gewünscht. Aber manche ließen sich vom verpflichtenden Corona-Test am Eingang abhalten, obwohl der besonders schnell ging. „Uns war es wichtig, dass sich hier jeder sicher fühlen kann und die Besucher nicht meterweit voneinander entfernt mit Maske sitzen müssen“, erklärte Claus Decker die Maßnahme. Stattdessen gab es den Test und Stehtische.

Mit dem Spielergebnis des Abends sind die Veranstalter sehr zufrieden. So kann am kommenden Dienstag das nächste Public Viewing stattfinden. Festzuhalten ist: Der Aufwand hat sich gelohnt.

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