FotostationWie man in Euskirchen die Erft-Veränderungen dokumentiert

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Die Fotostation im Grünen Klassenzimmer, die Teil des Erftforscher-Projekts ist, inspizierten Erftverbands-Vorstand Dr. Bernd Bucher (v.l.), Bürgermeister Sacha Reichelt und Frank Scheer vom Naturpark Rheinland. 

Euskirchen – „Wer sich hier aufhält, der lernt etwas über die Natur. Auch, wenn er gar nicht mit dem Anspruch hergekommen ist, etwas über die Natur zu lernen“, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. Dann nimmt er sein Smartphone und fotografiert die Erft, die an dieser Stelle durch den Naturlehrpfad mäandert.

Vor dem Bürgermeister steht ein Pfosten. Daran montiert: ein hölzerner Winkel. „Mach mit! Werde Erftforscher“, steht auf einem Schild. Den 90-Grad-Winkel nennt Biologin Dr. Martina Erken einen „Fotoframe“ . Dort können Besucher ihr Smartphone anlegen und ein Foto von der Erftaue machen. Der Winkel sorgt dafür, dass die Fotos aus der gleichen Perspektive aufgenommen sind. Und das ist wichtig, da die Fotos der Dokumentation dienen.

Im Rahmen der Lern- und Forschungslandschaft Neue Erft können Besucher die Bilder entweder auf Social Media posten oder per E-Mail senden. Im Laufe der Zeit entsteht so ein Archiv aus Bildern, das die langsamen, aber stetigen Veränderungen der Erft dokumentiert.

Entwicklungen

Die Intention erklärt Frank Scheer vom Naturpark Rheinland, der das Projekt gemeinsam mit dem Erftverband und der Stadt Euskirchen initiiert hat: „Wir haben uns gefragt, wo man sich eigentlich angucken kann, wie ein Fluss entsteht.“ Sehe man sich einen bestehenden Fluss an, dann sei da ein Fluss. Sehe man sich eine Wiese an, dann sei da eine Wiese, sagt Scheer. Entwicklungen im Laufe der Zeit seien dabei nicht erkennbar.

Nach der Neugestaltung des Erft-Laufs in Euskirchen sei der Naturpark daher auf die Idee gekommen, die Entwicklungen zu dokumentieren. „Monitoring sagt man dazu in der Wissenschaft“, so Scheer. Und um wissenschaftliches Arbeiten geht es dem Naturpark.

Citizen Science

Allerdings werden beim Prinzip „Citizen Science“, zu Deutsch Bürgerwissenschaften, die Bürger eingebunden. „Dabei geht es um Teilhabe“, ergänzt Erken. Wenn viele Menschen mitmachen und – wie in diesem Fall – ein Foto der Erft zur Verfügung stellen, werden so die Veränderungen dokumentiert. Man wolle die Bürger einladen, sich mit den Erftforschern vom Naturpark anzusehen, wie Natur und Landschaft sich verändern, so Erken.

„Die Idee kam mir, als ich mit meiner Familie im Yellowstone Nationalpark war“, sagt Scheer. Auch dort gebe es in den mäandernden Strukturen viele verschiedene Lebensräume und eine große Artenvielfalt, die in stetigem Wandel sei – und das Prinzip der Citizen Science.

Die Veränderungen seien auch an der Erft deutlich sichtbar: Vor ein paar Wochen war der Fluss noch ausgetrocknet, jetzt seien mit dem Wasser bereits Köcherfliegen, Rollegel, Bachflohkrebse und kleine Fische zurückgekehrt. „Gestern haben wir hier sogar das erste Mal den Eisvogel wiederentdeckt“, sagt Scheer.

Weitere Angebote

Über die Fotostation hinaus bieten die Erftforscher zahlreiche Angebote für Schulklassen an. Für deren Untersuchungen gibt es sogenannte Feldprotokolle. Darin können Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihre Beobachtungen in der Erftaue zu Lebewesen, Wasserpflanzen, Wassertemperatur, Algenwuchs und Libellen- oder Vogelpopulationen festhalten.

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„Schnell werden die Teilnehmer zu neugierigen Forschern“, sagt Scheer. Sogar Jugendliche aus der Oberstufe, die anfangs oft zu cool für Naturforschung seien, stünden nach kurzer Zeit knietief in der Erft und suchten nach Zuckmückenlarven und Wassergeistchen, berichtet Scheer und lacht. „Und die Kinder transportieren dieses Wissen und die Begeisterung dann zu ihren Eltern“, ergänzt Erken. Denn: „Es sind immer die Ausflüge und nie die Arbeitsblätter, an die man sich am Ende erinnert.“

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