Gas als HoffnungsträgerLandrat Ramers will Wasserstoff-Technologie voranbringen

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Am Alten Schlachthof in Euskirchen entsteht demnächst ein energieautarkes Quartier.

Am Alten Schlachthof in Euskirchen entsteht demnächst ein energieautarkes Quartier.

Kreis Euskirchen – Wasserstoff gilt als echtes Energie-Multitalent. Das Gas enthält dreimal so viel Energie wie Benzin. Wird es in einem Motor verbrannt oder in Strom umgewandelt, sind Wasser und Wasserdampf seine einzigen Emissionen. Und das Beste am Wasserstoff: Er ist praktisch unbegrenzt vorhanden. Wie vielseitig er ist, hat auch der Kreis Euskirchen erkannt. Mit der Stadt Aachen, der Städteregion Aachen sowie den Landkreisen Düren und Heinsberg will er zur Wasserstoff-Modellregion werden.

Wasserstoff als Zukunftstechnologie vorantreiben – das ist laut Landrat Markus Ramers ab sofort erklärtes Ziel des Kreises. Doch das gehe nur mit grünem Wasserstoff – Wasserstoff, der mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt werde, sagt Ramers. Hierfür will der Kreis Unternehmen, Forschung und Politik vernetzen. Dann gelte es, anwendungsorientierte Projekte „zu identifizieren und als Kreis zu fördern“, erläutert der Landrat.

Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels

„So können wir einen messbaren und spürbaren Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels leisten.“ Auch für die Industrieunternehmen im Kreis ist Ramers’ Vorstoß eine gute Nachricht. In den nächsten Jahren fällt für sie die Braunkohle als Energiequelle weg. Sie sind deshalb dringend auf der Suche nach Alternativen. Ganz neu ist das Thema Wasserstoff im Kreis nicht. Einige Projekte sind noch in der Planung, andere schon kurz vor dem Abschluss. Die Eugebau etwa will in Euskirchen ein Wohnquartier bauen, das sich mithilfe von Wasserstoff selbst mit Energie versorgen kann – und das vollständig, inklusive Strom, Heizwärme und Warmwasser.

Das Quartier umfasst den stillgelegten Schlachthof, die Verwaltervilla und fünf Mehrfamilienhäuser. Die Gebäude sollen alle mit neuester Technik ausgestattet werden: mit Photovoltaikanlagen, Elektrolyseuren, Wasserstofftanks und Brennstoffzellen. 267 Tonnen Kohlendioxid sollen es sein, die das Quartier pro Jahr einsparen kann. Vor allem in Mechernich tut sich schon längst etwas in puncto erneuerbare Energien. Das Abfallwirtschaftszentrum bei Strempt erzeugt eigene Energie mit einem Blockheizkraftwerk.

Methan aus Mülldeponie

Das Methan für dieses kommt noch eine Weile aus der seit 2005 stillgelegten Mülldeponie. Außerdem gibt es auf dem Werksgelände ein Biomasseheizkraftwerk, das mit Holzschnitzeln aus der hiesigen Forstwirtschaft betrieben wird. Und eine Potenzialstudie soll demnächst herausfinden, ob aus diesen direkt Wasserstoff erzeugt werden kann. Geplant ist außerdem, auf 10 von 29 Hektar Deponiegelände mobile Photovoltaikmodule zu nutzen. Diese könnten 3000 Haushalte mit Energie versorgen – oder 1500 Haushalte und 14 Wasserstoffbusse.

Das freut auch Marcel Frank, Geschäftsführer der Regionalverkehr Köln (RVK). Ebenfalls in Mechernich plant die RVK ein Zentrum für alternative Fahrzeugantriebe und digitale Mobilität. In den Tank kommen dort nur Biomethan, Strom und natürlich Wasserstoff. Seit 2017 beschäftigt sich die RVK mit dem farb- und geruchlosen Gas. Weil die Busse auf dem Land lange Strecken zurücklegen müssten, seien reine Elektrobusse keine Alternative, erläutert Frank.

Zu kurze Reichweite für ländliche Regionen

„Deren Reichweite ist zu kurz.“ Die Wasserstoff-Hybridbusse hingegen würden 300 Kilometer weit fahren. Das reicht aus, um auch Routen in der Eifel abzudecken. Im Moment hat das Unternehmen 38 Wasserstoffbusse im Einsatz. Im Sommer wird die Flotte aufgestockt. Bis Ende des Jahres sollen es 52 Busse sein.

Die Zukunftstechnologie, auf die der Kreis setzt, hat aber eine Schwachstelle. Forscher geben den Wirkungsgrad von Elektrolyseuren zwar mit bis zu 80 Prozent an. Doch jenseits von Laborversuchen ist es oft weniger. Groß sind vor allem die Energieverluste, wenn der Wasserstoff in Strom umgewandelt wird. Dann beträgt der Wirkungsgrad nur noch um die 40 Prozent. Mit anderen Worten: Weniger als die Hälfte des erzeugten Stroms kann tatsächlich genutzt werden.

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Dennoch gilt Wasserstoff für den Kreis als Chance. Der Wirkungsgrad werde in absehbarer Zukunft bestimmt erhöht, ist sich Wirtschaftsförderer Maximilian Metzemacher sicher. Mit dem Aufbau einer regionalen Wasserstoff-Infrastruktur soll möglichst schnell begonnen werden. Wichtig dabei: Der Kreis will nicht nur Anhängsel des Hydrogen Hub Aachen sein. Er will sich auch selbst einbringen.

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