Jahrelange DiskussionHellenthaler Eltern über Vorteile einer neuen Grundschule informiert

Lesezeit 5 Minuten
Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg steht auf einer Bühne und spricht zu einigen Menschen im Publikum. Viele Stühle sind allerdings leer.

In der Hellenthaler Grenzlandhalle konnte Bürgermeister Rudolf Westerburg vor allem jene Eltern begrüßen, deren Kinder nach einer möglichen Bauzeit von fünf Jahren eine neue Grundschule besuchen würden.

Eine Grundschule an einem Standort in Hellenthal biete Vorteile für Lehrkräfte, Kinder und Architektur, hieß es bei der Infoveranstaltung.

Der nächste Schritt auf dem Weg zu einem Neubau der Grundschule in der Gemeinde Hellenthal ist getan. Jetzt fand die von den Ratsvertretern geforderte Informationsveranstaltung für die Eltern von Grundschulkindern statt. Rund 80 Interessierte kamen zu der Veranstaltung in der Grenzlandhalle.

Dabei täuschte der äußere Eindruck gewaltig. Denn die Halle war von vorne bis hinten mit mehreren Hundert Stühlen voll gestellt. Doch das, so informierte Bürgermeister Rudolf Westerburg, sei noch die Bestuhlung für die Betriebsversammlung der Schoeller-Werke gewesen. So verloren sich die Besucher der Eltern-Information im Mittelteil des Saales.

Diskussion um Hellenthaler Grundschule läuft schon einige Jahre

Eingeladen waren Eltern von Kindern bis hin zur vierten Grundschulklasse, also von Kindern im Alter von bis zu neun Jahren. Eingedenk der Tatsache, dass ihre Kinder wohl nicht mehr in den Genuss einer neuen Grundschule kommen würden, konzentrierte sich das Publikum auf Eltern von Kindern, die auch nach einer Bauzeit von fünf Jahren noch die neue Schule besuchen könnten. So sie denn kommt.

Bauamtsleiter Markus Rodenbüsch fasste die Historie der Diskussion um ein oder zwei Standorte zusammen. Er schätze den Zeitraum bis zur Fertigstellung der neuen Schule auf etwa fünf Jahre, sagte er. Anschließend wurden die Gründe erläutert, warum Hellenthaler Ratsvertreter schon seit Jahren dafür sind, die Grundschule an einem Ort zu konzentrieren.

Eine gute Pädagogik krankt bei zwei Standorten an der mangelnden Zusammenarbeit und dem Austausch im Kollegium.
Bärbel König, Schulrätin

Schulrätin Bärbel König führte zum Beispiel aus, dass aktuell der vakante Schulleiterposten der Hellenthaler Grundschule mangels Bewerbern nicht hatte besetzt werden können, da die Leitung einer Schule an zwei Standorten zu unattraktiv sei. Derzeit werde die Schule von Irene Königsfeld, Rektorin der Schleidener Grundschule, kommissarisch geführt.

„Eine gute Pädagogik krankt bei zwei Standorten an der mangelnden Zusammenarbeit und dem Austausch im Kollegium“, sagte König. Dies sei nicht möglich, wenn für jedes Gespräch gefahren oder telefoniert werden müsse. Auch müssten Material und Fachräume an beiden Standorten vorgehalten werden.

Bärbel König steht vor einer Bühne und spricht in ein Mikrofon. Sie trägt einen grauen Blazer, ein weißes Shirt, schwarze Hose und ein rotes Halstuch. Die blonden Haare hat sie nach hinten gebunden.

Schulrätin Bärbel König skizzierte die Probleme einer Grundschule mit zwei Standorten.

Dazu habe sich Schule in den vergangenen Jahren komplett verändert. „Es wird viel mehr Raum gebraucht für Bewegung, für Differenzierung, Digitalisierung, für Förder- und Profilgruppen“, berichtete die Schulrätin. Auch könnten die Räume multifunktional für den Ganztag genutzt werden.

Die Arbeitsvorteile im Alltag bestätigte eine Lehrerin der Grundschule. Während der Sanierung des Gebäudes in Hellenthal sei das Kollegium zusammen gewesen, was viele Vorteile gehabt habe. „Wir konnten mit kurzen Wegen arbeiten und Absprachen treffen“, sagte sie. Dies sei nun nicht mehr möglich. Für jedes Gespräch müsse ein Termin gemacht werden.

Die „Flurschule“ ist laut Architekt Geschichte

Holger Biesel, Projektleiter für Schulneubauten vom Architekturbüro Rumpf in Andernach, erläuterte die Grundzüge der pädagogischen Architektur, die sich bei Neubauten durchgesetzt habe. Mittlerweile sei die „Flurschule“ Geschichte, die früher der Standard gewesen sei. Jetzt werde mit „Clustern“ (Gruppen oder Einheiten) gearbeitet, zu denen mehrere Klassen zusammengeschlossen würden. Das erfordere allerdings andere Gebäudeformen.

Sehr ausführlich und mit vielen Beispielen erläuterte er seine architektonische Linie, die die Zuschauer sichtlich beeindruckte. Doch kamen auch einige kritische Fragen. Dabei ging es unter anderem um die weitere Verwendung der nach einem Schulneubau nicht mehr benötigten Gebäude oder Sorgen von Eltern, wie der Umstieg des Unterrichts auf neue Lehrformen gestaltet werden könnte. Auch wurde gefragt, ob dieser neue Anlauf zu einem Neubau noch einmal infrage gestellt werden könnte. Dabei wurde deutlich, dass vor allem die Frage des möglichen Standortes entscheidend für die Akzeptanz der neuen Schule sein dürfte.

Noch ist unklar, wo die neue Grundschule in Hellenthal stehen könnte

Doch der stehe noch nicht fest, betonte Westerburg. „Es gibt keine Überlegungen“, sagte er. Es sei noch nicht einmal klar, wie viel Fläche benötigt werde. Es sei an diesem Abend nur darum gegangen, ein Stimmungsbild abzufragen.

„Ich habe mich bei dem Bürgerentscheid für zwei Standorte entschieden, weil mir der Weg nach Hellenthal zu weit war“, sagte zum Beispiel Stefan Könn aus Hecken und erntete Zustimmung von seinen Nachbarn.

Die Konzepte seien toll, und es sei eine gute Entscheidung. „Auf die neue Schule freut sich jeder“, sagte er. Und doch wäre es gut gewesen, etwas über den Ort der neuen Schule zu erfahren. „Es ist schwer, etwas über das Thema zu sagen, wenn man nichts weiß. Aber ein zentraler Standort wäre toll“, stellte er klar.


Seit 2017 ist die Grundschule ein viel diskutiertes Thema in Hellenthal

Die Diskussion, ob die Grundschule in Hellenthal an einem oder zwei Standorten betrieben werden soll, gibt es schon seit einigen Jahren. 2017 gab der Rat der Verwaltung den Auftrag, die Optionen für einen Neubau zu prüfen.

Am 12. April 2018 beschloss der Hellenthaler Gemeinderat mit den Stimmen von SPD, UWV, FDP und Grünen, die Grundschulstandorte Hellenthal und Reifferscheid zusammenzulegen und einen Neubau an der Hauptschule in Hellenthal in Angriff zu nehmen. Dagegen wandte sich nicht nur die in der Abstimmung unterlegene CDU, sondern auch eine Bürgerinitiative, die ein Bürgerbegehren initiierte. 2081 Stimmen für einen Erhalt beider Standorte wurden am 20. Juli 2018 von den Initiatoren der Gemeinde übergeben.

Bürgerentscheid war für zwei Grundschulstandorte

Dieses Begehren wurde am 25. September 2018 von der Gemeinde zurückgewiesen, weshalb ein Bürgerentscheid notwendig wurde. Dieser wurde vom 17. November bis zum 16. Dezember 2018 durchgeführt und erreichte eine Beteiligung von 52,7 Prozent der Hellenthaler Bürger. 63,3 Prozent stimmten für den Erhalt beider Schulstandorte.

In der Folge wurde mit der Planung der Sanierung der beiden Schulgebäude in Hellenthal und Reifferscheid begonnen. Nachdem die Sanierung in Hellenthal abgeschlossen wurde, sollte nun das Gebäude in Reifferscheid in Angriff genommen werden.

Als deutlich wurde, dass dies statt der ursprünglich eingeplanten 2,2 Millionen Euro mittlerweile 3,68 Millionen Euro kosten würde und das Gebäude in weiten Teilen immer noch nicht den Anforderungen an eine moderne Pädagogik entsprechen würde, zog der Rat die Reißleine. Seit August wird wieder das Projekt einer Schule an einem Standort verfolgt. Das ist möglich, da die zweijährige Bindungsfrist des Bürgerentscheids ausgelaufen ist. (sev)

KStA abonnieren