NaturschutzWarum die Nabu-Stiftung Flächen im Raum Hellenthal und Mechernich kauft

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Zwei Männer mit Fernglas und eine Frau stehen auf einer Wiese in hohem Gras und schauen in die Ferne.

Auf der Fläche bei Weiler am Berge halten Ulli Pohl (l.), Christian Chwallek und Marion Zöller Ausschau nach den Milanen.

Drei Grundstücke hat die Nabu-Stiftung Naturerbe NRW im Kreis Euskirchen gekauft. Sie sind aus verschiedenen Gründen wertvoll.

Sichtlich beeindruckt ist Christian Chwallek, als er das Gelände sieht, für das er kürzlich den Kaufvertrag unterschrieben hat. „Das ist einer der schönsten Zukäufe, die wir bisher hatten“, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Nabu und Vorsitzender von dessen Stiftung Naturerbe NRW auf dem Gelände der ehemaligen Fischzuchtanlage am Bünnbach bei Wollenberg. Auch zwei andere Zugänge im Portfolio besichtigt er: Flächen bei Weiler am Berge und bei Wiesen gehören nun ebenfalls der Stiftung.

Die Weide bei Weiler am Berge liegt recht versteckt

Recht unspektakulär präsentiert sich die versteckt liegende Weide bei Weiler am Berge. Aufregender ist, was über ihr unterwegs ist: zwei Schwarzmilane kreisen, zeitweise eskortiert von einem Mäusebussard und einem Turmfalken.

„Normalerweise sind die Schwarzmilane eher an Wasserflächen zu finden“, wundert sich Marion Zöller, Mitglied des Vorstands des Nabu-Kreisverbands. Deshalb sei es erstaunlich, dass diese Vögel hier zu sehen seien – gerade vor dem Hintergrund, dass es in der Umgebung keine Teiche oder ähnliches gebe.

Das Bild zeigt eine Straße und einen sich dahinter erstreckenden Hang.

Unspektakulär, aber effektiv ist die Fläche an der L17 bei Wiesen links neben dem Schild, den Berg hinauf.

Doch auch auf dem Boden weist die rund 1,3 Hektar große Fläche mit ihrem Kalkmagerrasen und den Randgehölzen Besonderheiten auf, wie Zöller erklärt: „Hier wachsen drei späte Orchideenarten.“ Dem Vorbesitzer sei es wichtig gewesen, dass die Fläche in den Naturschutz übergeht: „Sie soll spät gemäht werden, aber nur hälftig, um den Insekten und Vögeln nicht die Nahrung zu nehmen.“

Die Standorte in der Eifel sind für den Nabu landesweit bedeutsam

„Diese Standorte sind landesweit bedeutsam“, betont Chwallek. Viele Pflanzen brauchen nährstoffarme Flächen. Die Stiftung wolle die Flächen nicht grundsätzlich der Landwirtschaft entziehen. Der Kauf bedeute nicht, dass diese Bereiche nicht mehr gepflegt werden: „Sie werden der intensiven Landwirtschaft entzogen.“ Durch die frühe Mahd könnten Arten wie Kiebitz oder Feldlerche ihre Brut nicht mehr aufziehen. „Da ist das Artensterben vorprogrammiert“, so Chwallek. Deshalb sei eine extensive Bewirtschaftung wichtig.

Die Landwirtschaft, wie sie in früheren Jahrhunderten praktiziert worden sei, habe derartige Flächen und die Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt überhaupt erst entstehen lassen. „Wir sind offen für eine naturgemäße Bewirtschaftung. Aber wenn sich niemand dafür findet, pflegen wir die Flächen auch selber“, sagt Zöller. Diese Arbeiten werden ehrenamtlich geleistet.

Die Fläche bei Wiesen ist nur 0,4 Hektar groß

Die nächste neue Parzelle der Stiftung ist rund 0,4 Hektar groß. Es ist ein  Naturwaldparzelle an der Kreuzung zur L17 in Wiesen. An einem Steilhang gelegen, bietet sie nur wenige Möglichkeiten der forstlichen Nutzung, ist für die Naturschützer aber interessant. „Dieses Stück steht in direkter Korrespondenz zum Manscheider Bachtal“, fasst Zöller ihre Beobachtungen zusammen.

Auf dem Bild sind zwei Hände zu sehen, die in blauen Einmal-Handschuhen stecken. Darauf krabbeln drei Molche.

Eine große Anzahl von Berg-, Teich- und Fadenmolchen lebt in den Teichen der alten Fischzuchtanlage bei Wollenberg.

Der Ginster, der die Fläche derzeit bedeckt, soll zurückgedrängt werden, stattdessen werden Wildapfel, Elsbeere und Wildbirne gepflanzt. Doch lohnen sich solche kleinen Flächen überhaupt? Ja, sagt Chwallek: „Das ist nur ein Mosaikstein, der zu einem großen Ganzen zusammengeführt wird.“

Die 1,5 Hektar bei Wollenberg sind ein echte Highlight

Das Highlight der drei Neuerwerbe sei die Fläche am Bünnbach, begeistert sich Zöller: „Wir haben hier gleich vier verschiedene Landschaftsbereiche.“ Da gebe es feuchtes Grünland und eine Bachaue, darüber hinaus ein Gehölz und eine artenreiche Magerwiese, in der aktuell der Neuntöter brüte.

Außerdem gehören zu dem rund 1,5 Hektar großen Gelände auch ein Sumpfgebiet und sechs ehemalige Fischteiche. „Wir haben diese Fläche von einer Frau aus Köln erworben, der es wichtig war, dass dieser Bereich im Sinne ihres verstorbenen Mannes weitergeführt wird“, berichtet Zöller. Die Dame habe sich an den Nabu gewandt und den Erwerb des Geländes angeboten.

Dass gerade die ehemalige Fischzuchtanlage mit ihrem Sumpfgebiet und den Teichen ein Paradies für Amphibien ist, demonstriert Zöllers Vorstandskollege Ulrich Pohl, der zwei Molchreusen ausgelegt hat, um den Bestand zu prüfen. „Ich hoffe, dass wir auch unser Sorgenkind, den Kammmolch, finden“, sagt er. Diese seien mittlerweile fast aus dem Kreis verschwunden, viele Populationen   bedroht oder erloschen. Und auch in Wollenberg wird vorerst die Hoffnung enttäuscht. Dafür kann Pohl jedoch eine ganze   Reihe von prächtigen Berg-, Teich- und Fadenmolchen aus den Reusen sammeln.

Auch das Gelände in Wollenberg soll weiter gepflegt werden. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station, die die Fläche in ihr Life-Projekt „Helle Eifeltäler“ aufnehmen möchte. „Die Zusammenarbeit mit der Biostation ist immens wichtig“, so Zöller. Ansonsten bestehe die Gefahr, sich gegenseitig zu behindern. So werden die Fichten, die auf dem Gelände hochgewachsen sind, demnächst gefällt. Doch alles in Handarbeit, wie Zöller betont: „Hier kommt keine Maschine aufs Gelände.“


Stiftung hat 70.000 Euro investiert

Ein neues Programm der Stiftung Naturerbe NRW ist laut Christian Chwallek der aktive Flächenkauf. Man habe erkannt, dass es die beste Art sei, Natur zu erhalten, indem man sie in die Stiftung einbringe. Zur Finanzierung sei diese auf die Unterstützung der Kreis- und Stadtverbände angewiesen. „Da greift die Nabu-Familie“, sagte er.

Rund 70.000 Euro habe die Stiftung für die drei Flächen im Kreis bezahlt, so Chwallek. Die Mittel seien vom Nabu Märkischer Kreis, aus Euskirchen, Leverkusen und Solingen gekommen. Ein Überraschungspaket waren die Flächen für Chwallek: „Wenn ich beim Notar sitze und die Unterschrift leiste, kenne ich viele der Sachen gar nicht.“ Er verlasse sich auf die Expertise der Gruppen vor Ort. „Wir sagen auch Flächen ab, die nicht optimal sind“, betonte Marion Zöller. Sieben Flächen im Kreis Euskirchen sind aktuell im Besitz der Stiftung. (sev)

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