Corona-Infizierte aus Kall„Omikron hat vor nichts Respekt“

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Ihre Corona-Infektion hat Susanne Krolczyk überstanden, gut geht es ihr aber fünf Wochen nach der Ansteckung nicht.

Kall – Nein, auf die Ministerpräsidentenkonferenz ist Susanne Krolczyk nicht gut zu sprechen. „Was dort entschieden wurde, ist medizinisch grob fahrlässig“, findet die Kallerin. Die Verkürzung der Quarantänepflicht bei der Omikron-Corona-Variante ist ihr ein Dorn im Auge. „Das hat auf mich den Anschein einer bewussten Durchseuchung“, sagt sie. Die 58-Jährige weiß aus eigener Erfahrung, dass eine Omikron-Infektion nicht zwangsläufig mild sein muss, wie es so gerne auch von der Politik kundgetan wird.

Krolczyk war der erste Omikron-Fall im Kaller Gemeindegebiet und einer der ersten fünf Fälle im gesamten Kreis. So viele gab es am 29. Dezember laut Kreisverwaltung. Nur zwölf Tage später sind es 375. „Omikron hat vor nichts Respekt“, sagt Susanne Krolczyk.

Genesen, aber nicht gesund

Auch knapp fünf Wochen nach der Ansteckung geht es ihr noch nicht gut. Im Gespräch mit dieser Zeitung muss sie immer wieder husten. Der Blutdruck ist erhöht, die Lunge ist immer noch belegt, Treppen steigen kann sie nur mit Pausen alle fünf bis sieben Stufen. Sie hat Kopfschmerzen und Probleme mit den Augen. „Ich hoffe, das geht wieder weg“, sagt sie. In zwei Wochen steht eine schon lange terminierte Operation an. Ob die stattfinden kann, ist unklar, denn vorher muss sie zum Lungenfunktionstest. Derzeit ist nicht ausgeschlossen, dass sie an Long Covid leidet. „Ich bin zwar seit Silvester negativ und gelte als genesen, bin aber noch nicht gesund“, sagt sie. Eine zukünftige Reha-Maßnahme ist nicht ausgeschlossen.

Angesteckt hatte sie sich am Mittwoch, 8. Dezember. Zwischen 11.15 und 11.45 Uhr hatte die Lehrerin, die an einer Schule im Kreisgebiet unterrichtet, eine Freistunde mit einem Kollegen im Lehrerzimmer verbracht. Beide trugen Maske, hielten Abstand und unterhielten sich. Einmal habe sie die FFP2-Maske kurz gelüftet. Ob das schon der Auslöser war? Sie will nicht so recht daran glauben, weiß aber auch: Omikron nutzt jede Chance für eine Ansteckung. Denn nur drei Tage später hatte sie eine Person angesteckt. Da wusste sie noch nicht einmal, dass sie infiziert war, der obligatorische Selbsttest in der Schule am Freitag war negativ. Insgesamt hat sie Kenntnis von zwei Menschen, an die sie das Virus übertragen hat.

Erste Symptome am Tag nach der Infektion

Erste Symptome hatte Susanne Krolczyk bereits am Mittwochabend, also  einen halben Tag nach der Ansteckung. „Ich fühlte mich schlapp“, sagte sie. Am Samstag ging es ihr so schlecht, dass sie einen Selbsttest zu Hause machte. Der schlug an. Auch ein zweiter und ein offizieller Bürgertest noch hinterher. Sonntags ging es ins PCR-Testzentrum nach Mechernich. Das rote Bild mit dem Wort „positiv“, das sie am Montagmorgen auf dem Handy sah, war dann die endgültige Bestätigung. Sie hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Und „der ging ab in beide Lungenflügel“, wie sie erzählt.

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Für Susanne Krolczyk begann nun die Maschinerie. Das Gesundheitsamt meldete sich bei ihr. Sie musste in Quarantäne. Einen Tag später, also eine Woche nach der Ansteckung, ging es ihr miserabler. Versetzt machten ihr Kopfschmerzen, zugeschwollene Ohren, Lungen- und Herzprobleme sowie Rückenschmerzen im Beckenbereich zu schaffen. Ihre Ärztin entschied sofort, den Rettungswagen zu rufen, mit dem Susanne Krolczyk ins Schleidener Krankenhaus gebracht wurde, wo sie auf die Isolierstation kam.

Zweieinhalb Tage Krankenhaus

Die ersten Diagnosen bestätigten ihr Gefühl: Die Lungenunterlappen waren befallen, der Puls schlug schneller, der Blutdruck war erhöht, die Körpertemperatur betrug 38,9 Grad Celsius. „Mittleres Fieber nannte der behandelnde Arzt das“, sagt die Tochter eines Mediziners, der einst im Mechernicher Kreiskrankenhaus tätig war und später in Zülpich praktizierte. Ein Lungen-CT zeigte milchige Flecken. Sie erhielt ein Hustenmittel sowie Cortison. „Dadurch hatte ich permanent Hunger. Der Stoffwechsel war angeregt, ich musste jede Stunde etwas essen. Dabei wollte ich doch von Limonade und Lakritz loskommen“, erzählt sie. Ihren Humor hat sie trotz der Probleme noch nicht verloren, was auch folgende Aussage verdeutlich: „Omikron hat mir immerhin einen positiven Stoffwechsel beschert, ich nehme momentan nicht zu.“

Zweieinhalb Tage nach ihrer Einlieferung ging es ihr wieder so gut, dass sie das Krankenhaus verließ. Ein Krankentransportwagen brachte sie von Schleiden nach Kall. „Die Besatzung tut mir so leid, weil sie nur wegen diesen acht Kilometern den kompletten Wagen putzen und desinfizieren musste“, sagt sie.

Negatives Ergebnis am Silvestermorgen

Die Bestätigung, dass sie sich mit der Omikron-Variante angesteckt hatte, erhielt sie an Heiligabend. Laut Kreisverwaltung braucht es rund eine Woche bis zur Auswertung. Offizielles Quarantäne-Ende wäre am 27. Dezember gewesen. Ein Schnelltest war negativ – wieder einmal. Der vom Fahrdienst des Roten Kreuzes durchgeführte PCR-Test war aber immer noch positiv. Das galt auch für einen Test am 29. Dezember. Der CT-Wert lag aber nur knapp unter der Grenze, sodass ein weiterer Test am Silvestermorgen um 5.01 Uhr ein negatives Ergebnis brachte. „Das grüne Testzertifikat zu sehen, war so toll“, sagt sie.

Die Quarantäne-Zeit war für sie in mehrfacher Hinsicht lehrreich. „Ich war drei Wochen eingesperrt und habe wieder gemerkt, was Freundschaft ist“, sagt sie. Freundinnen gingen für sie einkaufen, brachten ihr die Zeitung, sie erhielt viele Nachrichten und Anrufe. Und es gab auch Gespräche durch das minimal gekippte Fenster.

„Impfen ist ein Muss“

Eine weitere Erkenntnis: „Impfen ist ein Muss“, sagt sie. Der Arzt im Schleidener Krankenhaus sei sich sicher gewesen, dass sie ohne Impfung auf die Intensivstation gekommen wäre. Nur von einer Impfpflicht hält Susanne Krolczyk nichts. Boostern lässt sie sich auf jeden Fall. Den Termin hatte sie schon. Am 1. Februar sollte sie ihre Auffrischungsimpfung erhalten. Die wurde wegen ihrer Infektion auf Ende März verschoben.

Und noch etwas hat sie beschlossen: Als Lehrerin bekommt sie im März eine Corona-Prämie. „Dabei habe ich doch nur meine Arbeit gemacht“, sagt sie. Das Geld will sie aufstocken und den Organisationen und Einrichtungen spenden, die sie in den vergangenen Wochen unterstützt haben. Sie berichtet von durchweg positiven Erfahrungen – angefangen von den Testzentren über das Gesundheitsamt bis hin zum Krankenhaus, zu Maltesern und DRK.

Und was war mit ihren Kontaktpersonen? Ihr Kollege, bei dem sie sich angesteckt hatte, habe ein wenig Schnupfen und Schwindel gehabt. Eine von ihr infizierte Person hatte nur Halsschmerzen und ein grippeähnliches Gefühl. Corona ist eben unberechenbar.

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