Die Fahne geschwenktIn Kall haben die Karnevalisten die Regentschaft übernommen

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Die Löstige Bröder aus Kall zünden die Kanone zum Sturm aufs Rathaus.

Da hat kein Bürgermeister eine Chance: Die Löstige Bröder aus Kall zünden die Kanone zum Sturm aufs Rathaus.

In Kall gibt's neue Machthaber: Der Bürgermeister hat die weiße Fahne geschwenkt, die Jecken haben das Zepter übernommen.

Am Ende musste Bürgermeister Hermann-Josef Esser nicht nur wieder sein Rathaus räumen, er musste auch noch die Verantwortung für das schlechte Wetter übernehmen: „Einer muss es ja schuld sein.“ Zuvor hatte Jungfrau Markus vom Kaller Dreigestirn in Richtung Bürgermeister gespottet: „Nicht einmal das kriegst du hin.“

Kurz vor 11.11 Uhr marschierten Abordnungen des Karnevalsvereins „Löstige Bröder“ aus Kall, der „Jecke vom Hahnebömsche“ aus Scheven, der „Süetenicher Schlipse“ aus Sötenich, der „Jecke Krohe von Wahle“ aus Wahlen und der KG „Kinderkarneval“ aus Sistig mit ihren Tollitäten und Vorständen auf, um den Bürgermeister aus dem Rathaus zu holen. Auch das Dreigestirn der Kaller Nikolausschule war gekommen. Esser hatte sich, wegen der Bauarbeiten am Rathaus, wieder im alten Postgebäude verschanzt.

Sötenicher hatten ein paar Jecke im Kaller Rathaus eingeschleust

Erik Hensch von den Schlipsen meinte: „Wir hoffen, dass wir den Bürgermeister rausbekommen. Wenn das nicht klappt, habe ich zur Sicherheit ein paar Sötenicher ins Rathaus eingeschleust. Die werfen ihn dann runter.“ Die Wahlener boten sich an, den abgesetzten Verwaltungschef gleich mit nach Wahlen zum Zoch zu holen.

Doch ehe der Angriff begann, waren erst einmal die Kallbachmücken mit einem Gardetanz an der Reihe. Kommandant Rene Chytry war sich von Beginn der Aktion an sicher, dass Esser keine Chance hat: „Wir haben zwei Kanonen und genügend Leute dabei. Es dürfte kein Problem sein, den Bürgermeister damit aus dem Rathaus zu holen.“

Doch das sah der Verwaltungschef zu dem Zeitpunkt noch völlig anders: „Wir haben Lebensmittel in flüssiger und fester Form für eine ganze Woche. Ihr könnt uns so lange belagern, wie ihr wollt.“ Außerdem sei man solidarisch mit den Bauern: „Die werden uns, wenn nötig, mit Lebensmitteln versorgen.“

Gegen die Möckeflitsch hatte der Bürgermeister keine Chance

So blieb Chytry keine Wahl, er ließ die Kanone, die „Möckeflitsch“, laden. Doch dabei sparte der Gardist wohl am Pulver. Heraus kam ein Rohrkrepierer, den Esser kommentierte: „Da hat wohl einer zu viel Erbsensuppe gegessen. Das war ja nur ein Pupser.“ Den Anwesenden riet er, nach Hause zu gehen und später noch einmal zurückzukommen.

Das konnte die Prinzengarde natürlich nicht auf sich sitzenlassen. Chytry ließ größere Munition holen. Der zweite Knall war dann auch schon deutlich lauter, konnte den Bürgermeister aber noch nicht zum Einlenken bewegen: „Ich sehe nur einen Kratzer an der Fassade.“ Nach einem weiteren Schuss aus der Kanone gab Esser aber schließlich auf, schwenkte die weiße Fahne und ließ sich in Handschellen aus dem Rathaus führen. Das feierten die Möhnen mit einem Tanz, bei dem zum Schluss auch die Tollitäten mitmachten. Die Musikkapelle Kall sorgte für Stimmung.

Die weiße Fahne war erst vor gut einer Woche wieder aufgetaucht, nachdem Ina Teuber von den Löstigen Brödern sie an Weiberfastnacht 2023 stibitzt hatte. Allzu lange blieb sie aber auch diesmal nicht im Besitz des Bürgermeisters, Teuber hatte sie ein zweites Mal erbeutet. „Warum habt ihr sie nicht verteidigt?“, klagte Esser seine Mitarbeiter an.

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