Kein Gewerbe in Richtung SchevenKaller Ampelkoalition hat andere Flächen im Visier

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Gegenüber des Gewerbegebiets 2 war die Erweiterungsfläche 3b in Richtung Scheven (im Hintergrund zu sehen) vorgesehen. Zurzeit hat sie im Gemeinderat aber keine Mehrheit mehr.

Kall – Die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen hat der bislang angedachten Ausweisung eines Gewerbegebiets 3b an der Landesstraße 206 zwischen Kall und Scheven eine Absage erteilt. „Für diese Planung gibt es seit der Gründung der Ampelkoalition im Gemeinderat keine Mehrheit mehr“, erklärte Dr. Manfred Wolter (FDP). Stattdessen sollen Flächen neben dem seit langem geplanten interkommunalen Gewerbegebiet an der Bundesstraße 266 für eine Erweiterung herangezogen werden. Bürgermeister Hermann-Josef Esser (CDU) hält nicht viel von der Idee und favorisiert weiter die alte Lösung.

Im Entwicklungsausschuss war jüngst auf Antrag der FDP über künftige Wohnbau- und Gewerbeflächen in Kall diskutiert worden. Im Februar vergangenen Jahres hatte sich der Ausschuss noch im Rahmen einer Anfrage zum neuen Regionalplan dafür ausgesprochen, auf einem 9,4 Hektar großen Areal an der Landesstraße 206, gegenüber des Gewerbegebiets 2, das neue Gebiet 3b auszuweisen. Im Gegenzug dafür sollten Flächen im interkommunalen Gewerbegebiet Kall-Schleiden an der B 266 (5,7 Hektar), am Güldenhof neben dem Gewerbegebiet 2 (1,4 Hektar) und im Bereich Kruppstraße/Keldenicher Straße (2,3 Hektar) wegen ihrer Hanglage aus den Planungen herausgenommen werden. An diesem Teil der Planung soll sich auch nichts ändern – nur dass die neuen Gewerbeflächen dafür im interkommunalen Gebiet an der B 266 und nicht in Richtung Scheven entstehen sollen.

Kritik vom Ortsvorsteher Hans Reiff

Ortsvorsteher Hans Reiff (FDP) hatte sich schon im vergangenen Jahr gegen die Ausweisung von Flächen in Richtung Scheven ausgesprochen. Der Abstand des geplanten Gebiets zur Wohnbebauung an der Wallenthaler Höhe sei zu gering, und Scheven müsse mit mehr Schallbelästigungen und Umfeldverschlechterungen rechnen. Reiff warnte auch vor Hochwasserproblemen, wenn weitere Flächen oberhalb des Ortes versiegelt würden.

Das sieht Esser anders: „Für uns ist das Gebiet an der L 206 auch weiter eine Option, weil der Abstand zu Scheven und Wallenthaler Höhe größer wäre als der zwischen dem anderen Areal und der Wohnbebauung auf dem Fels in Kall. Wir sollten uns überlegen, ob wir näher an den Ort Kall heranrücken wollen.“ Die freie Fläche dort zwischen dem interkommunalen Gebiet und der Wohnbebauung sei nicht allzu groß, und zudem gebe es auf dem Areal noch ein Bodendenkmal. Natürlich werde man am bislang geplanten Standort die Gebäude und Hallen von Scheven aus sehen können, aber die Kaller müssten auch schon seit Generationen mit dem Anblick des Gewerbegebietes leben. Für die CDU meinte der Ausschussvorsitzende Bert Spilles: „Wir müssen erst noch die Alternativen prüfen, ehe wir uns entscheiden.“

Thema im Kaller Ausschuss: Zuzug zulassen?

Thematisiert wurde im Ausschuss auch, wie viel Zuzug aus Ballungsgebieten die Gemeinde Kall zulassen und wer künftige Wohngebiete erschließen und vermarkten soll. Antworten auf diese Fragen soll nun die Arbeitsgruppe Wohnbau ausarbeiten. Die Gemeinde will in Kall, Scheven, Wallenthal und Krekel neue Wohnbau- oder Gewerbeflächen ausweisen.

Das mit Abstand größte Projekt ist die Entwicklung des Baugebiets „Auf dem Fels“ in Kall, wo in drei Bauabschnitten Ein- und Mehrfamilienhäuser für bis zu 1350 Neubürger geschaffen werden sollen. Die Verwaltung hat dazu erste Gespräche mit einem möglichen Projektentwickler geführt. Dessen nachhaltige und ökologische Konzeption zur Entwicklung des Gebiets soll in der nächsten Sitzung des Fachausschusses vorgestellt werden.

Spilles: „Baugebiet für Kall"

„Wir sind uns einig, dass wir Kallern die Möglichkeit geben wollen, im Ort zu wohnen“, betonte Spilles. Man müsse aber auch an die Menschen denken, die ihren Arbeitsplatz in Kall haben und deshalb umziehen wollten. Für Emmanuel Kunz (SPD) ist die Sachlage klar: „Wir brauchen ein Baugebiet für Kall und nicht für Köln. Kall soll nicht weiter wachsen.“ Die Ampel sei für entsprechende Regelungen bei der Vergabe von Grundstücken. „Wir möchten auch, dass die Gemeinde die Baugebiete erschließt.“ Wenn ein Investor das übernehme, müsse er gewisse Vorgaben berücksichtigen.

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Auch die Grünen wollen zuerst einmal den Bedarf für die ortsansässige Bevölkerung decken. „Studien zeigen, dass es wichtiger ist, für mehr Lebensqualität zu sorgen, damit die Menschen erst gar nicht wegziehen, als Städter mit billigen Baupreisen anzulocken“, sagte Dr. Guido Huppertz. Seine Fraktion wolle nicht auf einen Schlag Baugebiete für bis zu 1000 Neubürger ausweisen. Grundstücke sollten besser über Jahre verteilt angeboten werden. „Der dörfliche Charakter der Orte muss beibehalten werden.“ Huppertz kritisierte, dass der Flächenverbrauch in der Gemeinde Kall immer weiter steige, obwohl die Bevölkerung seit Jahren rückläufig sei. „Ich habe nichts dagegen, wenn Kall wächst, aber zuerst sollte der Bedarf aus dem Ort gedeckt werden“, meinte Dr. Manfred Wolter (FDP).

„Das ist keine Entweder-Oder-Frage“, meinte dagegen der Bürgermeister. Man könne Einheimischen bei der Vergabe von Bauplätzen eine gewisse Priorität einräumen, aber trotzdem Zuzug ermöglichen, um die Ballungsgebiete zu entlasten. Man müsse dabei auch den Trend zum Home-Office und den geplanten S-Bahn-Ausbau bis nach Kall berücksichtigen: „Das macht Kall auch für Auswärtige noch interessanter.“

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