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Projekt in KallViele helfen auf dem Weg zum selbstbestimmten Wohnen

4 min
Das Bild zeigt den Entwurf eines Hauses mit einem Staffelgeschoss.

So soll das Haus aussehen, in dem die Wohngemeinschaft für junge Erwachsene mit Handicap eingerichtet wird.

An der Auelstraße in Kall wird ein Haus gebaut, in das eine Wohngemeinschaft junger Erwachsener mit Handicap einziehen soll. 

Noch ist es einfach ein brachliegendes Grundstück an der Ecke Auelstraße/Eisenauerstraße. Verwilderter Rasen, ein paar Hecken. Und doch hat dieses Stückchen Land schon jetzt für viele Menschen eine ganz besondere Bedeutung. Dort wird ein Haus gebaut, in dem acht junge Erwachsene mit Behinderungen leben sollen. Hinter dem Konzept steht der Verein Selbstbestimmt Wohnen e.V., der von gleich mehreren Seiten Unterstützung erfährt. Am Montag hatte der Notartermin stattgefunden, danach trafen sich die Beteiligten vor Ort, um das Projekt vorzustellen.

Eine Gruppe Menschen steht zusammen, einige halten einen Plan hoch.

Die Beteiligten des Wohnprojektes stellten vor Ort die Pläne vor.

Bis es verwirklicht sein wird, dürfte es noch anderthalb bis zwei Jahre dauern, erklärte Investor Tobias Schmiedel. Mit seinem Unternehmen Terra Rheinland, ansässig in Mechernich-Obergartzem, baut er das Haus, in dem neben den Räumen für die Wohngemeinschaft sechs weitere Wohnungen entstehen, gefördert mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus. Der Verein, unterstützt von der Hilfsgruppe Eifel, mietet das Erdgeschoss. Gegründet hat er sich aus einer Elterninitiative.

Die Mütter und Väter hatten sich Gedanken gemacht, wie ihre Kinder, die unterschiedlichen Förderbedarf haben, leben können, wenn sie erwachsen sind. Und wenn die Eltern vielleicht aus Altersgründen nicht mehr in der Lage sind, sie zu betreuen. Die Wohngemeinschaft soll den jungen Leuten, die zwischen 18 und 34 Jahren als sind, ein Höchstmaß an Selbstständigkeit bei gleichzeitiger professioneller Fürsorge bieten. Die Caritas Lebenswelten werden die Betreuung übernehmen.

Wir wollen unsere Kinder in gute Hände geben
Adalbert Milz, Mitglied des Vereins Selbstbestimmt Wohnen

„Wir sind froh, diesen Weg zu beschreiten“, sagte Bernd Kesternich, einer der Gründer des Vereins, hinter dem neun Elternpaare stehen. Damit ende eine Zeit der Ungewissheit. Für junge Erwachsene gebe es kaum Heimplätze. Und in einem Pflegeheim wolle man sich sein Kind nicht vorstellen. Den Eltern ist wichtig, dass eben keine Heimatmosphäre im neuen Zuhause ihrer Töchter herrsche.

„Wir wollen unsere Kinder in gute Hände geben“, formulierte es Adalbert Milz. Seine Tochter wisse, dass sie bald ausziehe und freue sich, sage allerdings auch: „Aber jetzt noch nicht.“ Die künftigen Bewohnerinnen – tatsächlich sind es acht junge Frauen – kennen einander, von der Reit- oder auch der Schwimmtherapie. Und sie absolvieren eine Wohnschulung, um möglichst vieles selbstbestimmt regeln zu können in ihrem neuen Zuhause.

Mietvertrag über 25 Jahre abgeschlossen

Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser lobte das Engagement der Eltern: „Wo andere nach dem Staat rufen, haben Sie die Initiative ergriffen.“ Die Kommune stehe hinter dem Projekt und habe deshalb das Grundstück zu einem Preis deutlich unterhalb des Bodenrichtwerts verkauft. Margareta Ritter von der Hilfsgruppe Eifel bestätigte, dass man bei der Gemeinde und auch bei den Ratsfraktionen offene Türen eingelaufen habe. Der Mietvertrag für die 386 Quadratmeter laufe über 25 Jahre.

Zinsgünstige Darlehen und die gebundene Miete machten das Projekt möglich. Allerdings habe der Landschaftsverband Rheinland die Förderung aller inklusiven Bauvorhaben gestoppt und damit die Rechnung über den Haufen geworfen. Das verzögert den Bau. Denn jetzt werden neue Förderanträge gestellt, und die haben nur Chance auf Bewilligung, wenn noch nicht angefangen wurde.

Tobias Schmiedel sagt ungeachtet der geänderten Vorzeichen: „Ich freue mich, Teil des Projektes zu sein.“ Auch wenn man von Rendite kaum reden könne. Er erinnere sich noch an den ersten Kontakt mit den Eltern und daran, wie viel Hoffnung, Dankbarkeit und Erleichterung da zu spüren gewesen sei. „Auch nach dem Rückschlag durch den LVR könnte ich es nicht verantworten, sie jetzt zu enttäuschen“, sagt der Investor. Das Haus, entworfen vom Euskirchener Büro Schumacher Planen und Bauen, ist mit einer Firsthöhe von 9,50 Meter geplant und damit niedriger als das, was auf dem Grundstück gegenüber entstehen soll.

Die Eltern finden nicht zuletzt die Lage perfekt: Die Anbindung an den Ortskern und den ÖPNV ist gut, ganz in den Nähe liegt der Multifunktionsplatz, auf den auch Geräte des früheren Spielplatzes umgezogen sind. Adalbert Milz betont, dass Menschen mit Einschränkungen in der Gemeinde gut aufgenommen würden: „Kall ist ein sozialer Ort.“