BürgerversammlungZwei weitere Solarparks bei Scheven geplant – der Unmut wächst

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In mehreren Stuhlreihen sitzen interessierte Bürger, vorne stellt ein e-regio-Vertreter die Pläne vor.

Vertreter der e-regio erläuterten im Bürgerhaus von Scheven die Pläne des Unternehmens für zwei weitere Solarparks nahe dem Ort.

Das Dorf wäre praktisch von PV-Modulen umkreist, sollten die Pläne realisiert werden. Die Anlagen sind aber lukrativ für die Gemeinde Kall. 

Der Energieversorger e-regio will zwei weitere Solarparks im Gemeindegebiet von Kall bauen. Sie sollen rund 24 Hektar groß werden. Es wären nach dem geplanten Solarpark des Unternehmens „Solarblick“ aus Münster die Projekte zwei und drei bei Scheven.

Der 700-Einwohner-Ort wäre dann von aufgeständerten PV-Modulen in langen Reihen praktisch eingekreist. Während einer Informationsveranstaltung mit Vertretern der e-regio im Schevener Bürgerhaus zeigte sich: Der Unmut in der Ortsbevölkerung über die Pläne wächst.

Auch wenn der Einladung von Ortsvorsteher Hans Reiff nur 25 Interessenten gefolgt waren: Sie machten Tobias Hassert und Lara Haas, den Vertretern des Energieversorgers, schnell klar, dass sie nur wenig von den Plänen halten. Scheven sei ohnehin schon durch Freiflächen-Photovoltaikanlagen mehr als versorgt, angrenzend ans Gemeindegebiet zudem durch weitere Anlagen auf Mechernicher Stadtgebiet.

Soll Scheven die Hälfte aller PV-Flächen der Gemeinde Kall erhalten?

Konkret geht es um zwei neue Solarparks. Zum einen um das in einem ersten Entwurf noch 18,1 Hektar große, nun aber vermutlich kleinere Areal „Auf dem Aspel“ an der B 51, das zum größten Teil außerhalb der privilegierten Flächen für Freiflächen-Photovoltaik liegt. Daher hat die Gemeinde Kall hier Planungseinfluss, etwa bei der Entscheidung über eine Änderung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Das Projekt „Auf dem Aspel“ ist derzeit umstritten.

Praktisch keinen Einfluss auf die Planungen hat die Gemeinde Kall hingegen bei dem geplanten, rund 6,4 Hektar großen Areal „In den Fuchslöchern“, das innerhalb der Privilegierung liegt. Angrenzende weitere rund 6,1 Hektar sind in Gemeindebesitz und sollen nicht verkauft werden.

Die e-regio will die Schevener an den Erlösen der Anlagen beteiligen

Die Diskussion im Bürgerhaus zeigte schnell, dass es den Schevenern ums Grundsätzliche geht. Dass am Ende vielleicht sogar bis zu 50 Hektar der für das gesamte Gemeindegebiet veranschlagten maximal 100 Hektar laut Vorgabe des Landes rund um ihren Ort ausgewiesen werden könnten, erscheint vielen als Unding.

„Wenn wir es nicht machen, dann macht es ein anderer“, warnte da allerdings Tobias Hassert angesichts der aktuellen Goldgräberstimmung bei PV-Freiflächenanlagen-Investoren. Die e-regio wolle immerhin über eine Kooperation mit der Energiegenossenschaft eegon aus dem rheinland-pfälzischen Wiesbaum Bürger und Bürgerinnen vor Ort an den Erlösen aus dem Stromverkauf finanziell beteiligen. Zudem fließen Abgaben nach dem EEG-Gesetz an die Gemeinde sowie 90 Prozent der Gewerbesteuer.

Doch der Unmut über die vielen geplanten PV-Module ist nicht nur in Scheven zu spüren. Wie andere Südkreiskommunen, etwa Blankenheim und Dahlem, strebt auch Kall daher eine Kartierung des Gemeindegebietes mit der Ausweisung möglicher Freiflächen-PV-Gebiete und von Sperrzonen an. Vorab ist ein Kriterienkatalog in der jüngsten Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses am 29. Februar vorgestellt worden.

Nun stellt sich die Frage: Wie entscheidet der Gemeinderat Kall?

Demnach ist ein 200- Meter-Abstand zu Ortslagen entsprechend dem Flächennutzungsplan vorgesehen. 100 Meter Abstand gelten zu bewohnten Außenbereichssiedlungen, 250 Meter zu touristischen Einrichtungen, ein 1000-Meter-Radius zu landschaftsbildenden Kulturdenkmälern wie dem Kloster Steinfeld. PV-Freiflächen-Anlagen sollen mindestens 7,5 Hektar groß sein, um kleinteilige Zerstückelungen der Landschaft zu vermeiden. Die Obergrenze liegt bei 15 Hektar.

Ob das alles so auch vom Gemeinderat beschlossen wird, ist offen. Die Bürger im Schevener Bürgerhaus waren sich einig: Das Grundproblem liege in der Ausweisung der privilegierten Flächen. Das, so ihre Kritik, sei eine Festlegung von Schreibtischexperten, denen aber praktische Erfahrungen zum Thema fehlten.

Andererseits locken auch die Einnahmen durch mögliche Solar-Investoren. Mit der Konsequenz des weiteren Höfe-Sterbens? Ein Landwirt aus Keldenich brachte es auf den Punkt: „Schon mein Großvater hat unsere Felder beackert. Ich frage mich, ob ich es nicht einfach lasse angesichts des ganzen bürokratischen Aufwands, den es heute gibt, und der Unsicherheiten. Und mir einfach Solar aufs Feld stelle. Da habe ich mein Geld.“

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