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KfW-FörderstoppBauxperten aus dem Kreis Euskirchen fürchten anhaltende Folgen

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Auf die Bestätigung ihrer KfW-Anträge warten noch immer viele Bauherren.

Kreis Euskirchen – Keine Fördergelder der staatlichen Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mehr für energieeffizientes Bauen und Sanieren. Das hat  die Bundesregierung Mitte Januar ohne Vorwarnung beschlossen. Die Nachricht traf auch private Bauherren und Wohnungsunternehmen im Kreis Euskirchen hart. Mittlerweile hat die Regierung ihre Entscheidung teilweise zurückgenommen.  Bauexperten  sind  aber überzeugt: Der angerichtete Schaden lässt sich nur schwer beheben.

„Der Förderstopp hat zu einer totalen Verunsicherung geführt“, sagt  Natascha Woocker, Handelsvertreterin des Fertighausherstellers Bien Zenker: „Vor allem bei denen, die schon einen Antrag gestellt haben.“ Wie groß der Ärger über den Förderstopp ist, das erlebt sie selbst: Woocker plant zurzeit zehn Häuser. Deren Bauherren haben gerade noch rechtzeitig ihre Anträge eingereicht: „Eine Familie wartet aber immer noch auf den Bescheid, dass sie Fördermittel erhält.“

Viele Bauherren haben fest mit dem Geld gerechnet. Für sie werde nun die Finanzierung schwierig. „Ich empfehle deshalb, die Finanzierung eines Bauprojekts nicht nur von Fördermitteln abhängig zu machen“, sagt Woocker.

Bauen wird für viele schwerer

Die Zülpicherin macht den Gesetzgeber auch für die Antragsflut vor dem Förderstopp verantwortlich. „Jahrelang hat jeder von Fördergeldern gesprochen. Die Regierung hat energieeffizientes Bauen sehr attraktiv gemacht“, erläutert Woocker. Das habe zu der jetzigen Verunsicherung beigetragen.

Die Sanierung wird noch gefördert, der Neubau nicht

Die Förderprogramme für energieeffizientes Bauen hatte die Bundesregierung am 24. Januar gestoppt. Grund war die Menge der Anträge, die das Fördervolumen des Programms deutlich überstieg.

Zum Zeitpunkt des Förderstopps waren Anträge mit einem Volumen von 7,2 Milliarden Euro offen. Dem standen nur 1,8 Milliarden Euro Haushaltsmittel gegenüber.

In dieser Woche hat die Bundesregierung weitere 9,5 Milliarden Euro für das Programm bewilligt. Bürger können wieder Geld für die Sanierung ihrer Bauten beantragen. Der Förderstopp für den Neubau von Häusern des KfW-Standards 55 ist allerdings endgültig. Abgearbeitet werden noch die Anträge, die bis zum 24. Januar eingegangen sind.

Je nach Energiebedarf werden Häuser in verschiedene Effizienzhausstufen eingeteilt. Es gibt die Stufen 40-Plus, 40, 55, 70, 85 und 100. Ein KfW-55-Haus etwa benötigt nur 55 Prozent der Primärenergie eines Hauses, das den Mindeststandard des Gebäudeenergiegesetzes erfüllt.

Aktuell arbeiten zwei Bundesministerien an einem Förderprogramm für die Effizienzhausstufe 40. Dieses soll befristet und auf einen Umfang von einer Milliarde Euro begrenzt werden. (maf)

Die Folgen seien vorprogrammiert: „Es wird zwei Gruppen geben: Eine, die bauen kann, und eine, die es nicht mehr kann. Zuerst hat die Regierung das Baukindergeld eingestellt, jetzt fällt auch die Förderung für KfW-55-Häuser weg. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wirds finanziell für manche Bauherren eng.“ Auf die nächste Förderung warten – für Woocker klar ein Fehler: „Im Grunde ist gestern immer der beste Tag zum Bauen gewesen.“ Angesichts steigender Rohstoffpreise und neuer Gesetze seien höhere Baukosten sicher.

Wer das Warten trotzdem riskieren wolle, habe wenige Alternativen: „Bauherren können eigentlich nur von 55 auf 40 hochgehen.“ Der Schritt bis zum 40-Plus-Standard sei  dann  nur ein kleiner, erläutert die Zülpicherin:  „Der Unterschied zwischen den Standards 40 und 40 Plus liegt in der Selbstversorgung mit Energie. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine Speicherbatterie lohnen sich definitiv – ob mit oder ohne Fördergelder.“

Bund verfehlt Ziele im Gebäudesektor

Energieberater Sascha Ritter befürwortet zwar höhere energetische Anforderungen an Gebäude. Den Förderstopp sieht er aber kritisch. „Der Stopp wirkt sich darauf aus, ob Leute überhaupt bauen. Und wenn sie bauen, dann nicht so energieeffizient“, sagt Ritter. In seinem Beruf sei er damit bereits konfrontiert worden: „Ein Großkunde, der vier Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus bauen will, überlegt sich jetzt, ob sich das Projekt für ihn noch lohnt. So ist das auch bei vielen anderen.“

Der Bau energieeffizienter Häuser ist laut Ritter notwendig für die ambitionierten Ziele, die sich die Bundesregierung im Gebäudesektor  gesetzt hat. Bis 2030 sollen die Emissionen im Vergleich zu 1990 um mehr als zwei Drittel sinken. Das heißt: Es dürfen 2030 nur noch 67 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Gebäudesektor anfallen. 2020 waren es rund 120 Millionen Tonnen. Und zwei Jahre in Folge hat die Bundesregierung ihre Ziele schon verfehlt.

KfW-40-Standard ist schwer zu erreichen

Mit plötzlichen Förderstopps werde genau das Gegenteil von dem bewirkt, was die Regierung vorhabe, sagt Ritter. „Die Leute bauen dann höchstens noch nach den gesetzlichen Mindeststandards. Und der sollte meiner Meinung nach Effizienzhaus 55 sein.“

Den 40er-Standard zu erreichen – das sei für viele Immobilienbesitzer und Bauherren im Moment noch sehr aufwendig. Die meisten Steinhäuser erreichen den Standard nicht. „Für ein Haus aus Vollstein oder Kalksandstein bräuchte man schon eine Dämmschicht, die etwa 30 Zentimeter dick ist“, erläutert Ritter. Ähnlich sei das bei Altbauten. „Der Besitzer kann froh sein, wenn er mit einer Sanierung den Standard 85 erreicht.“

Förderstopp hat Folgen für Mieter

Stärker als Privatpersonen sind Wohnungsunternehmen und Baugesellschaften betroffen. „Wohnungsunternehmen sind jetzt gezwungen, die Kosten auf die Mieter umzulegen“, sagt Oliver Knuth, Geschäftsführer der Euskirchener Gemeinnützigen Baugesellschaft: „Das war das Unsozialste, was die Regierung in den vergangenen 20 Jahren gemacht hat.“

Georg Schmiedel, Geschäftsführer des Euskirchener Bauprojektentwicklers f&s concept, kann dem Förderstopp aber auch etwas Positives abgewinnen. Insgesamt seien 24.000 Anträge nicht bearbeitet worden. Davon waren laut Schmiedel etwa 4000 von „privaten Häuslebauern“. „Der ganze Rest war von Bauträgern  – und das sage ich gerne salopp – die das Geld mitnehmen wollten“, so Schmiedel.

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KfW 55 sei ein Standard, der schon lange Alltag beim Hausbauen sei. Man müsse praktisch nach KfW-55-Standard bauen, um die Energiesparverordnung überhaupt zu erfüllen. „Deshalb war das ein konsequenter und eigentlich auch korrekter Schritt, das erstmal zu streichen“, so Schmiedel.

Noch dieses Jahr soll das Effizienzhaus 55 Neubaustandard werden – aber nicht lange. Im Koalitionsvertrag einigten sich die Parteien auf noch strengere Regeln. Ab 2025 soll für Neubauten der Effizienzhaus-40-Standard gelten, für Sanierungen der 70-Standard. Die meisten Bauvorhaben werden dann nicht mehr gefördert. Auch wenn sie energieeffizient sind.

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