RamadanMuslimische Gemeinden bereiten sich auf den Fastenmonat vor

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In der leeren Osmanischen Herberge in Sötenich, dem Zentrum der Sufis in Deutschland, sitzt Ahmad Adamek.

In der leeren Osmanischen Herberge in Sötenich, dem Zentrum der Sufis in Deutschland, sitzt Ahmad Adamek.

  • Im Ramadan, der dieses Jahr am 24. April beginnt, wird normalerweise von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gefastet.
  • Unter normalen Umständen würden Muslime am Ende des Tages gemeinschaftlich das Fasten brechen - das geht in diesen Zeiten natürlich nicht.
  • Die islamischen Gemeinden im Kreis passen sich an die Vorsichtsmaßnahmen an.

Kreis Euskirchen – Für Imam Recep Sarikaya von der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Euskirchen ist die Rangfolge eindeutig. „Die Gesundheit steht an erster Stelle“, betont er. So richtet sich die muslimische Gemeinde auch nach den Bestimmungen, die derzeit für Gottesdienste allgemein gelten: Die Türen sind geschlossen, die Freitagsgebete eingestellt und auch Tagesgebete gibt es nicht. Es sind schwierige Zeiten für Religionsgemeinschaften.

Nachdem die christlichen Kirchen an Ostern, dem höchsten Fest des Christentums, geschlossen blieben, müssen nun auch die islamischen Gemeinden dem Coronavirus Tribut zollen. Denn die Einschränkungen, die auch ein Gottesdienstverbot beinhalten, betreffen nun die Feiern während des islamischen Fastenmonats Ramadan.

Das erste Mal, dass es solche Einschränkungen gibt

Am Freitag, 24. April, wird der erste Fastentag sein. Doch bereits am Vorabend nach Sonnenuntergang werden die ersten Gebete gesprochen und die Menschen bereiten sich auf die nächsten 30 Tage vor, die im Zeichen des Verzichts stehen.

Üblicherweise gehört zum Ramadan genauso wie tagsüber der Verzicht auf Speisen und Getränke das gemeinsame Fastenbrechen nach Sonnenuntergang – ein großes Fest, zu dem oft über 100 Menschen zusammenkommen. Die Corona-Krise bedeutet auch einen herben Einschnitt in das Gemeindeleben der Muslime im Kreis. Denn gerade das Zusammenkommen, so erläutern es die Vertreter aus verschiedenen islamischen Gemeinden, sei ein wesentliches Element. „Das ist das erste Mal, dass wir solche Einschränkungen haben“, sagt Hasan Ögüt, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Euskirchen.

Koranunterricht im Video-Chat

Über die Sozialen Medien versuche die Gemeinde, den Kontakt mit den Mitgliedern zu halten. Imam Recep Sarikaya hält Koranunterricht über Skype, das Freitagsgebet wird vom Dachverband Ditib im Internet übertragen. Jedoch gebe es keinen Ersatz für die gemeinsamen Feiern, betont Sarikaya. Denn eigentlich solle das Freitagsgebet in Gemeinschaft stattfinden. Durch die aktuellen Umstände müsse es allerdings jeder für sich beten. Die notwendigen Unterweisungen für die verschiedenen Tage im Ramadan kommen, so Sarikaya, über Facebook.

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Bis zu 150 Menschen treffen sich üblicherweise im Ramadan in der Moschee an der Kommerner Straße in Euskirchen, wenn nach Sonnenuntergang gegessen und getrunken werden darf.

Besondere Maßnahmen in besonderen Zeiten

Kaum weniger waren es in den Vorjahren in der Osmanischen Herberge in Sötenich, dem Zentrum der Sufis in Deutschland. Auch hier steht das geistliche Leben still. Mittels Live-Stream werden die Freitagsgebete von Scheikh Hassan Dyck im Internet übertragen. „Besondere Zeiten erfordern halt besondere Maßnahmen“, sagt Ahmad Adamek.

Fastenmonat

Ramadan, der Fastenmonat, ist der zehnte Monat im islamischen Kalender. Der Beginn richtet sich nach den Mondphasen. Da das islamische Festjahr nur 354 Tage hat, wandert der Termin zur Zeit weiter ins Frühjahr.

Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang sollen Gläubige im Ramadan nichts essen und trinken. Die Fastenpflicht wird durch besondere Umstände wie Krankheit erlassen. Die Fastenzeit kann dann nachgeholt werden. Traditionell wird das Ende des Ramadan mit dem Zuckerfest, dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens gefeiert. (sev)

Er ist Mitglied im Vorstand des Trägervereins der Herberge und unterstützt den Scheikh. Er betont die geistliche Bedeutung des Ramadan. „Eine Verschiebung geht am Kern vorbei“, erklärt er. Es gehe um Verzicht und nicht nur darum, nichts zu essen und zu trinken. Deshalb sei das Fastenbrechen auch ein spiritueller Akt, bei dem die Sufis erst einmal nur etwas Tee und eine Dattel zu sich nehmen. „Das Essen kommt später“, so Adamek.

Möglichkeit für einen spirituellen Neubeginn

Die veränderten Lebensumstände in Zeiten der Pandemie sieht er grundsätzlich positiv. „Ich sehe es als Chance, dass wir unser Leben um uns herum ändern“, sagt Adamek. Auch Sarikaya sieht die Möglichkeit für einen Neubeginn: „Wir sollten uns Gedanken machen, wie wichtig der Glauben ist, die Familie und wir selbst mit unseren guten und schlechten Taten.“

Denkbar ist, dass sich noch während des Ramadan die Einschränkungen ändern, die aktuell bis zum 4. Mai erlassen wurden. „Wenn bei uns die Rahmenbedingungen erfüllt sind, werden wir wieder öffnen“, sagt Ögüt in Euskirchen. Auch in Sötenich würden sich dann sofort die Türen wieder öffnen. Denn, so betont Adamek: „Die Gemeinde ist im Islam das Wichtigste.“

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