Der „Jünglingsverein Frohsinn“ organisiert die Kleinkirmes im Frühjahr, die Maifeier und Kirmes sowie die Nikolausfeier in Blens.
130 Mitglieder im 320-Einwohner-OrtJünglingsverein in Blens feiert 125-jähriges Bestehen

Über Sachkunde in Sachen Jünglingsverein verfügen Bürgermeister Jochen Weiler als Mitglied und Vorsitzender Roman Adams.
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Ist der Rheinländer außerhalb seiner angestammten Gefilde unterwegs, verrät er sich nicht nur durch den unverkennbaren Zungenschlag. Auch die Wortwahl gibt gern unmissverständlich Auskunft über die Herkunft. Wer beispielsweise in Berlin ein Deckbett als „Plümo“ oder eine Brieftasche als Portemonnaie bezeichnet, erntet zuweilen ganz schön irritierte Blicke. Auch die Anrede „Junger Mann“, die im Westen der Republik ungeachtet des Alters für praktisch alle männlichen Wesen verwendet wird, kann andernorts zwischenmenschliche Verstimmungen nach sich ziehen.
Ganz anders in Blens. Denn da macht der „Jünglingsverein Frohsinn“ deutlich, dass die Frage von Alter und Jugend nun wirklich nichts mit dem Geburtsdatum zu tun hat. Anders als bei Junggesellenvereinen spielt auch der Ehestand keine Rolle. So ist es völlig normal, dass beim 125-jährigen Bestehen dieses Vereins, das nun auf dem Kirmesplatz gefeiert wurde, auch langjährige Mitglieder geehrt wurden: Für 50 Jahre, manche für 60 und andere sogar für 70 Jahre, die sie im Verein sind. Praktisch jeder kann also mitmachen, einzige Voraussetzung: Männlich.
Blens: Bürgermeister Jochen Weiler ist Mitglied im Jünglingsverein
Auch Bürgermeister Jochen Weiler war erstaunt, als er nach seinem Umzug nach Blens vor 23 Jahren gefragt wurde, ob er nicht Mitglied im Jünglingsverein werden wolle. Zuerst habe er überlegt, ob das Sinn habe, berichtete er. Doch dann sei er nicht nur in den Verein gegangen, sondern auch in die Löschgruppe Blens eingetreten, als er erlebt habe, wie sein Nachbar bei den Löscharbeiten an einem brennenden Haus geholfen habe. „Ich habe da begriffen: Hier musst du dich in Eigenregie organisieren“, so Weiler. Ihn selbst hat die Erkenntnis am Ende an die Spitze der Stadt geführt.

Vereine haben in den Dörfern einen besonderen Stellenwert.
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Nikolaus und Hans Muff werden seit 1978 vom Verein gestellt.
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Der Jünglingsverein ist der älteste im Ort und der größte: 130 Mitglieder zählt er – bei rund 320 Einwohnern. „Es sind auch auswärtige Mitglieder im Verein dabei, zum Beispiel aus Rath oder Abenden“, erklärte Roman Adams, seit zehn Jahren Vorsitzender des Vereins. „Der Jünglingsverein ist übergreifend, viele der Mitglieder sind auch in anderen Vereinen, zum Beispiel der Feuerwehr“, so Weiler.
Doch mit den Jünglingen sei das im Verein so eine Sache gewesen, berichtete Hans-Georg Valder, der 1983 zum Vorsitzenden gewählt wurde und dieses Amt 21 Jahre bekleidete: „Das war damals der erste Vorstand mit jungen Leuten.“ Der jetzige Vorstand um den 28 Jahre alten Roman Adams sei vor zehn Jahren aus der eigenen Jugendabteilung gekommen.
Ohne den Verein läuft im Ort wenig. Die Kleinkirmes im Frühjahr, die Maifeier und die Kirmes werden von den Mitgliedern organisiert. Auch die Nikolausfeier wäre ohne die Jünglinge nicht denkbar. Seit 1978 sind Hans-Georg Valder und Andreas Horsch als Nikolaus und Hans Muff unterwegs und beschenken den Blenser Nachwuchs. Auch das Adventssingen wird organisiert. Doch ein eingetragener Verein ist der Jünglingsverein nicht, obwohl bei der Kirmes viel Umsatz gemacht werde, betont Valder. Doch auch so sei es mühsam geworden. „Wir stöhnen über immer mehr Regulierungen und Kosten“, sagt Valder.
Jünglingsverein gründete sich 1900
Gegründet wurde der Jünglingsverein Frohsinn 1900, zu Zeiten von Kaiser Wilhelm II. Keine einfachen Zeiten waren es, die damals in der nur schwach entwickelten Eifel herrschten. Verbesserungen brachte beispielsweise die Steinbrücke über die Rur, die 1881 gebaut wurde und die Holzbrücke ablöste, die bis dahin die Flussüberquerung möglich machte.
1886 lösten sich Blens und Hausen von der Stadt Heimbach und gründeten ihre eigene Gemeinde. Bis in die 1960er-Jahre dauerte die Eigenständigkeit, bis sich der Gemeinderat 1968 der finanziellen Notlage beugte: Die Probleme waren so groß, dass man sich wieder der Stadt anschloss. Aufschwung brachten auch die Eisenbahn und der Bahnhof, der 1903 eröffnet wurde.
Im selben Jahr veranstaltete der Jünglingsverein die erste Kirmes im Ort. In der Zeit des Nationalsozialismus ruhte das Vereinsleben. 1939 wurde die Vereinsfahne von der SA beschlagnahmt, ist in der Chronik nachzulesen. Darüber hinaus fehlen aus den Anfängen viele Informationen. Auch die Unterlagen über die ersten 45 Jahre des Vereins wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Ablöse der Kirmesgesellschaft
Nach Kriegsende gründete sich in Blens zuerst eine Kirmesgesellschaft neu, die 1946 im zerstörten Saal im Dorf eine Kirmes veranstaltete. Leider habe es in der Nacht vorher heftig geregnet, dass vor dem Tanz zuerst der Boden trockengewischt werden musste. Die Musiker wurden damals in Naturalien bezahlt, sie erhielten Weizen und Kartoffeln für ihren Auftritt.
1951 wurde der Jünglingsverein wiedergegründet und löste damit die Kirmesgesellschaft ab. Auf der Kirmes 1956, die der Verein erstmals nach dem Krieg veranstaltete, spielte die Band „Melano“, die damals über die Sensation eines Mikrofons und zwei Lautsprecher verfügt. Auch beim Jubiläum stand „Melano“ wieder auf der Bühne.
Viele Widrigkeiten überstand der Verein, etwa das Rurhochwasser 1980, das während der Kirmes den Tanzboden anhob. Auch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie wurden von dem Blenser Verein kreativ gestaltet: Da die Kirmes aufgrund der Bestimmungen nicht stattfinden konnte, wurde stattdessen ein Umzug mit einem Kirmeswagen organisiert, von dem kühles Bier ausgeschenkt wurde.