Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Pläne liegen offenIm Kreis Euskirchen sind 4111 Hektar für die Windkraft vorgesehen

8 min
Das Bild zeigt ein Windrad, dahinter steht ein Baukran.

Der Entscheidungsprozess über die Standorte für Windräder läuft nicht rund.

Im Dezember soll über die Windkraft im Kreis Euskirchen entschieden werden. Von vielen Seiten prasselt Kritik auf die NRW-Regierung nieder.

Am 19. Dezember soll im Regionalrat in Köln eine wichtige Entscheidung auch für den Kreis Euskirchen fallen. Wo sollen künftig Windräder aufgestellt werden? Ein Thema, das die Gemüter seit Jahren erhitzt. Das Verfahren, so Kritiker, ist nicht dazu angetan, diese abzukühlen.

4111 Hektar sind im Kreis Euskirchen als Windkraftflächen vorgesehen

4111 Hektar oder 3,29 Prozent der Fläche des Kreises Euskirchen sind im Entwurf des Regionalplans für die Windkraft vorgesehen. Darin enthalten sind auch die Flächen, die die Kommunen als Windkraftkonzentrationszonen vorgesehen haben und auf denen sich auch schon viele Rotorblätter drehen.

Damit würde der Kreis rund ein Viertel der Windkraftflächen im Regierungsbezirk Köln (2,13 Prozent der Fläche) anbieten. Denn rechtsrheinisch geht wenig: Der Flughafen Köln/Bonn, Bundeswehrstandorte und Radareinrichtungen lassen dort kaum Windkraftanlagen (WKA) zu.

EU, Bund und Land NRW wollen die Verfahren einfacher machen

Europäische Union, Bund und Land wollen den Ausbau der Windkraft beschleunigen. Die Verfahren sollen strukturierter und beschleunigt werden. Schon dadurch, dass die künftig ausgewiesenen Flächen auf ihre Tauglichkeit bereits (vor)geprüft worden sind: etwa auf Abstände zur Wohnbebauung sowie auf die Belange von Natur- und Tierschutz.

Ein Auswahlverfahren, das Windräder im Wald zulässt, kann kein gutes sein – so lässt sich ein wichtiger Kritikpunkt der Initiative „Gegenwind Bad Münstereifel“ zusammenfassen. Die Stadt hat im Plan mit 0,78 Prozent zwar einen geringen WKA-Flächenanteil, doch es geht nicht nur um das „Wie viel“, sondern auch um das „Wo“.

Dass ausgerechnet der Nöthener Wald betroffen sein soll, stößt der Initiative besonders bitter auf: „Der Bau von Windenergieanlagen in den Eifelwäldern ist weder aus ökologischen noch aus ökonomischen noch aus politischen Gründen gerechtfertigt“, heißt es in einem Schreiben. Ohnehin sieht die Initiative Deutschland energiepolitisch auf dem Holzweg.

Wolfgang Heller (SPD) aus Schleiden kritisiert NRW-Ministerium

Die Genehmigungsverfahren für den Bau von Windrädern sollen beschleunigt werden. Beschleunigt wurde laut Kritikern aber vor allem das politische Verfahren. Der Schleidener Sozialdemokrat Wolfgang Heller ist eines von 42 Mitgliedern im Regionalrat – und ziemlich auf der Zinne, wird er auf die Entscheidungsvoraussetzungen angesprochen.

Die Landesregierung wolle das Verfahren noch in diesem Jahr beenden – auch auf Kosten eines ordnungsgemäßen Verfahrens, kritisiert Heller: „Das kommt eindeutig aus dem grünen Wirtschaftsministerium in Düsseldorf, das unbedingt seine Windziele erreichen will.“ Eine angemessene Würdigung der Einwände aus der Bevölkerung sei kaum möglich. Heller ist keineswegs sicher, dass es im Dezember zu einer Entscheidung kommt.

Beteiligung der Bürger findet zu großen Teilen in den Ferien statt

Anfang des Jahres sind die Pläne in die Offenlage gegangen. Rund 2500 Einwände und Anregungen gingen ein, wurden ausgewertet, ein neuer Entwurf entstand. So wurde etwa eine Fläche nahe der Bruder-Klaus-Kapelle (Wachendorf) etwas reduziert. Andererseits: Trotz Ablehnung im Schleidener Stadtrat, so Heller, sollen 150 Hektar auf dem Wackerberg Windrädern zur Verfügung stehen.

Zwar wurde zwischen erster und zweiter Offenlage überlegt, die Fläche zu streichen, sagt Heller: „Dann kam aber die Windguard-Studie und stellte fest, dass auf die 150 Hektar nicht verzichtet werden könne, um das Flächenziel zu erreichen.“ Er befürchtet, dass der Beschluss des Stadtrates bei diesem Tempo unter die Räder gerät.

Der Bau von Windenergieanlagen in den Eifelwäldern ist weder aus ökologischen noch aus ökonomischen noch aus politischen Gründen gerechtfertigt.
Initiative „Gegenwind Bad Münstereifel“

Die nach der ersten Offenlage geänderten Pläne liegen derzeit aus, Bürger, Initiativen und Kommunen können bis zum 7. August wieder Einwände und Anregungen abgegeben – aber ausschließlich zu den Änderungen seit der ersten Offenlage. Wie diese Einwände bis Mitte Dezember noch angemessen gewürdigt werden sollen, ist Heller schleierhaft.

Dass drei der vier Wochen in der Offenlage in den Sommerferien liegen, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung der Kritiker bei.

Die Bezirksregierung Köln bemängelt das „enge Zeitfenster“

„Bei dem ambitionierten Zeitplan bleibt leider keine andere Möglichkeit, als einen Teil der öffentlichen Auslegung in die Sommerferien zu legen“, teilt die Bezirksregierung dazu auf Anfrage der Redaktion mit. Auch dort scheint die Freude am Verlauf des Verfahrens getrübt zu sein.

Die Windenergieplanung stehe im Regierungsbezirk Köln unter besonderen Vorzeichen. So seien sehr viele Restriktionen zu berücksichtigen, insbesondere die militärischen Radaranlagen erschwerten die Planung, so die Pressestelle: „Gleichzeitig wurde durch das Land NRW eine sehr große Mengenvorgabe für den Regierungsbezirk gemacht und ein sehr enges Zeitfenster für die Planung erstellt: Abschluss bis Ende 2025. Das Bundesgesetz sieht einen Zeitplan bis 2032 vor.“

Im nordrhein-westfälischen Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie von Ministerin Mona Neubaur (Grüne) sieht man das Problem mit den Ferien nicht ganz so dramatisch.

Letztlich liegt also nur ein Teil der Frist zur formellen Abgabe der Stellungnahmen in den Sommerferien.
NRW-Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie

Für die zweite Offenlage seien die Planentwürfe bereits am 7. Juli bekannt gemacht worden, sodass die Beteiligten ihre Stellungnahme hätten vorbereiten können, heißt es aus Düsseldorf: „Letztlich liegt also nur ein Teil der Frist zur formellen Abgabe der Stellungnahmen in den Sommerferien.“

Da das Verfahren bis Ende 2025 abgeschlossen werden solle, ist das aus Sicht der Landesplanung im Wirtschaftsministerium ein guter Kompromiss. „Der konsequente Ausbau Erneuerbarer Energien ist die richtige Antwort auf zurückliegende Abhängigkeiten bei der Energieversorgung in den vergangenen Jahren“, heißt es aus dem Ministerium.

Das Land Nordrhein-Westfalen arbeite deshalb ambitioniert am Erfolg der Energiewende und sei bundesweit Vorreiter beim Ausbau der Windenergie.

Kreisverwaltung Euskirchen bittet um Verlängerung des Moratoriums

Ob es künftig klarer und schneller geht mit den Genehmigungsverfahren, werde sich zeigen, heißt es aus dem Kreishaus Euskirchen. Die Verwaltung tritt immer dann als Genehmigungsbehörde auf den Plan, wenn ein Investor Windräder im Kreis aufstellen will. Eine Rolle, die nicht immer vergnügungssteuerpflichtig ist.

Oft gerät der Kreis zwischen die Fronten von potenziellen Betreibern auf der einen und Anwohnern auf der anderen Seite. Das liegt womöglich daran, dass dem Kreis eine Entscheidungsmacht zugeordnet wird, die er nach Auskunft von Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats, gar nicht hat. Wenn nämlich ein Investor alle gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, habe die Untere Immissionsschutzbehörde des Kreises keinen Ermessensspielraum, den Bau zu verhindern. Im Gegenteil: Es drohten dann Schadenersatzklagen.

Und noch eine Frage steht im Raum: Was geschieht eigentlich bis zum endgültigen Beschluss im Regionalrat?

„Investorenrallye“ und „Wildwuchs“: Schaffen Betreiber Tatsachen?

Mit Bangen blicken die zuständigen Beschäftigten beim Kreis auf den 15. August. Dann läuft ein Moratorium des Landes aus, das „Wildwuchs“ verhindern soll, wie Achim Blindert erläutert. Der Euskirchener Landtagsabgeordnete Klaus Voussem (CDU) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Investorenrallye“.

Nicht wenige Betreiber hätten es auf Gebiete abgesehen, die nicht zu den möglichen künftigen WKA-Flächen im Regionalplan gehören – bevor es zu spät ist. Denn der Regionalplan, so Voussem, lege ja nicht nur fest, wo Windkraftanlagen stehen sollen, sondern im Umkehrschluss auch, wo nicht.

Wenn das Moratorium nun Mitte August ausläuft, aber der Teilplan Erneuerbare Energien erst Mitte Dezember im Regionalplan beschlossen wird, könnten Investoren in die viermonatige Lücke springen – und der Kreis müsste mangels Ermessensspielraum genehmigen.

Kreis Euskirchen und Kommunen befinden sich im Rechtsstreit

Derzeit liegen dem Kreis elf Anträge für den Bau von insgesamt 45 Windrädern vor, die dann über den Regionalplan hinaus entstünden. „Wir hätten gerne eine Verlängerung des Moratoriums“, sagt Blindert. Darum habe der Kreis das Ministerium   im April gebeten, bislang aber keine Antwort erhalten.

Der Regionalrat hat dies am 4. Juli ebenfalls gefordert. Am vergangenen Freitag hat der Kreis erneut auf die Notwendigkeit einer Verlängerung des Moratoriums hingewiesen. Dieser Zeitung teilte das Ministerium nun mit: „Die Möglichkeiten zur Verlängerung der Übergangssteuerung werden aktuell durch die Landesregierung geprüft.“ Voussem zeigt sich optimistisch, dass eine Lösung gefunden wird.

Mit Euskirchen (Vorhaben im Flamersheimer Wald) und Nettersheim steht der Kreis indessen in rechtlichen Auseinandersetzungen. Die Kommunen hatten das Einvernehmen in Vorbescheidsverfahren verweigert, der Kreis musste aber nach eigenem Bekunden als übergeordnete Behörde das Einvernehmen ersetzen, weil seiner Ansicht nach die vorgelegte Begründung der Kommunen nicht stichhaltig war.


Windkraft: So groß sind die geplanten Flächen in den Kommunen

Insgesamt 4111 Hektar an Flächen für Windräder sieht der Entwurf, über den der Regionalrat im Dezember entscheiden soll, im Kreis Euskirchen laut Bezirksregierung Köln vor. Das seien 3,29 Prozent der Gesamtfläche. Für die elf Städte und Gemeinde bedeutet das:

Bad Münstereifel: 117 ha (0,78 Prozent).

Blankenheim: 504 ha (3,39 Prozent).

Dahlem: 367 ha (3,85 Prozent).

Euskirchen: 156 ha (1,12 Prozent).

Hellenthal: 467 ha (3,39 Prozent).

Kall: 166 ha (2,52 Prozent).

Mechernich: 419 ha (3,07 Prozent).

Nettersheim: 518 ha (5,49 Prozent).

Schleiden: 239 ha (1,96 Prozent).

Weilerswist: 328 ha (5,74 Prozent).

Zülpich: 830 ha (8,22 Prozent).

Auf der Karte des Kreises Düren sind Flächen von insgesamt 3886 Hektar als Windkraftzonen im Entwurf eingezeichnet, das sind 4,24 Prozent der Gesamtfläche. Im Stadtgebiet Heimbach sind 237 Hektar (3,65 Prozent) vorgesehen.


Bis zum 7. August können die Bürger Stellung beziehen

Nach dem ersten Beteiligungsverfahren im Januar waren Änderungen am Planentwurf notwendig geworden. Diese wurden laut Bezirksregierung Köln nun durch die Regionalplanungsbehörde umgesetzt.

Es bestehe jetzt die Möglichkeit, zu den Änderungen am Planentwurf bis 7. August 2025 Stellung zu nehmen. Dies ist auch online möglich.