Krieg in IsraelReisegruppe aus Mechernich und Euskirchen ist wieder in der Heimat

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Pastor Oliver Dannenberg steht an der Erlöserkirche in Jerusalem und blickt durch ein Gitter auf die Stadt.

Hier war es noch eine entspannte Reise: Pastor Oliver Dannenberg an der Erlöserkirche in Jerusalem. Wenige Tage später befand sich das Land im Kriegszustand.

Sieben Tage bewegten sich vier Euskirchener und drei Mechernicher entspannt auf den Spuren Jesu. Plötzlich wurden sie Zeugen eines Krieges.

Bis zum Wochenende war es für die sieben Mitglieder und Freunde der Freien evangelischen Gemeinde Mechernich (FeG) das, was es sein sollte: eine entspannte Reise auf den Spuren Jesu. Doch seit dem Wochenende befinden sich die vier Euskirchener und drei Mechernicher, darunter zwei Jugendliche, in einem Land im Kriegszustand. An diesem Freitag um 15 Uhr soll die Gruppe endlich mit der Lufthansa von Israel aus nach Frankfurt am Main fliegen. Geplante Ankunft: 19 Uhr deutscher Zeit.

Angespannt, unruhig, verängstigt waren wir aber irgendwie alle.
Oliver Dannenberg, Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Mechernich

Wäre alles nach Plan gegangen, wären die Teilnehmer längst zuhause. Ihre Rückreise hätte am Mittwoch stattfinden sollen. Doch der Flug wurde gecancelt. Denn in Israel läuft derzeit kaum mehr etwas nach Plan, nachdem die Hamas mehrere Tausend Raketen von Gaza aus auf Israel gefeuert hat, Hunderte Menschen getötet wurden und der Kriegszustand ausgerufen wurde.

Als diese Zeitung Oliver Dannenberg, den Pastor der FeG, am Donnerstagnachmittag erreicht, befinden sich die Reiseteilnehmer in der nordisraelischen Küstenstadt Akkon. Sie sind in einem kleinen Hotel. „Wir waren am See Genezareth, als wir von den Angriffen erfuhren. Ein Mitarbeiter des Nationalparks erwähnte das“, berichtet Pastor Dannenberg am Telefon.

Zunächst habe er gedacht, „das wäre eine etwas heftige Version von dem, was man leider immer wieder in den Medien mitbekommt. Also ein weiterer Zusammenstoß zwischen Palästinensern und Israelis.“ Nach und nach erst wurde die Gruppe jedoch gewahr, dass es diesmal anders ist – und wie sehr die Situation eskaliert ist.

Zweimal mussten die Mechernicher und Euskirchener in den Schutzraum

Vom See Genezareth aus ging es planmäßig etwa 50 Kilometer nach Akkon, von wo aus die Gruppe ursprünglich Richtung Süden nach Tel Aviv weiterreisen wollte. „Wir sind froh, dass wir hier verlängern konnten“, sagt Pastor Dannenberg. In Akkon befänden sich die Teilnehmer weit genug im Süden, um vor den Geschossen der Hisbollah aus dem Libanon geschützt zu sein. Und weit genug nördlich vom Gazastreifen entfernt, von wo aus die Angriffe der Hamas am Samstagmorgen starteten.

Doch auch in Akkon mussten die Euskirchener und Mechernicher erfahren, was Kriegszustand bedeutet: Am Mittwochabend gegen 18 Uhr gab es Sirenenalarm. Die Gruppe musste in den Schutzraum des Hotels. „Wir hockten dort zwischen Lebensmitteln und Möbeln, die repariert werden, zusammen mit einer Mitarbeiterin des Hotels“, berichtet Dannenberg.

Die App meldete immer wieder Fluggeräte über Israel

Eine Stunde befanden sich die sieben Kreis Euskirchener in dem kleinen Raum, bis das israelische Militär meldete, dass es sich um einen Fehlalarm gehandelt habe. Wie einigen Medien zu entnehmen war, war offenbar eine Drohne fälschlichweise den feindlichen Kräften zugeordnet worden.

„Einer aus unserer Gruppe hat eine israelische SIM-Karte und sich eine Warn-App installiert“, erzählt Pastor Dannenberg: „Da gab es immer wieder Meldungen, dass Fluggeräte über Israel fliegen würden, hauptsächlich im Bereich Gaza, aber auch mal vereinzelt hier oben.“

Reisegruppe aus dem Kreis Euskirchen erlebt Krieg aus der Nähe

Irgendwann, nach etwa einer Stunde, habe dann der Hotelportier die Entwarnung vernommen und gesagt, dass die Gruppe den Schutzraum wieder verlassen könne. Wenig später habe es einen weiteren Fehlalarm gegeben, ein weiteres mal ging es für kurze Zeit in den Schutzraum: „In dem Moment hat man ein komisches Gefühl, weil wir das ja alles nicht einordnen konnten.“

Für die Menschen in Israel hingegen seien die Alarme und die Bedrohungen schon fast so etwas wie Alltag: „Wie ich hier in Berichten gehört habe, suchen sie, wenn sie Sirenen hören, ihre persönlichen Schutzräume auf oder legen sich, wenn die unterwegs sind, unter das Auto.“ Auch die Betreiberfamilie des Hotels und ihre Mitarbeiter seien vergleichsweise entspannt gewesen: „Man merkt schon, dass sie mit solchen Situationen schon seit langem leben.“

Das Erleben einer solchen Gefahr verbinde, so Dannenberg: „Wir kamen intensiver ins Gespräch.“ Dabei erfuhr die Reisegruppe, dass die Mitglieder der Hotelbetreiberfamilie arabische Christen seien und einzelne Mitarbeiter muslimischen Glaubens seien.

Bis zum Abflug am Freitag werde die Gruppe nun aber wohl im Hotel bleiben, sagt Pastor Oliver Dannenberg: „Nach einer Besichtigung der Stadt steht uns nicht der Sinn.“ Jeder einzelne in der Gruppe habe die Situation anders erlebt. „Angespannt, unruhig, verängstigt waren wir aber irgendwie alle“, erinnert er sich etwa an die Zeit im Schutzraum. Und noch etwas verbinde sie derzeit alle: die Sehnsucht, bald wieder zu Hause zu sein. 

Diese Sehnsucht ist seit Freitagabend gestillt. Dannenberg schrieb in einer Whatsapp an diese Zeitung: „Wir sind gut und sicher angekommen.“


Mechernicher Gruppe verärgert über Lufthansa und Auswärtiges Amt

Verärgert zeigt sich die Reisegruppe aus Euskirchen und Mechernich über die Lufthansa. Just zu dem Zeitpunkt am Mittwoch um 18 Uhr, als die vier Euskirchener und drei Mechernicher in den Schutzraum mussten, sollte die Hotline der Lufthansa an den Start gehen. Fortan, so berichtet Pastor Oliver Dannenberg, hatten Gruppenteilnehmer versucht, einen Flug zu buchen: „Am Abend sind wir gar nicht durchgekommen.“ Erst tief in der Nacht sei er telefonisch in einem Callcenter gelandet, „nach etwa zweieinhalb Stunden in der Warteschleife“.

Die Frau am anderen Ende habe kein Deutsch gesprochen: „Dann brach das Telefonat ab.“ Erst am Donnerstagmorgen sei ein Gruppenteilnehmer durchgekommen und habe den Rückflug der Gruppe für Freitagnachmittag klarmachen können. „Da können Sie sich sicher vorstellen, wie gut unsere Nacht war“, so Dannenberg im Gespräch mit dieser Zeitung.

Auch die Erfahrungen mit dem Auswärtigem Amt und der deutschen Botschaft in Israel seien nicht besser: „Sinngemäß wurde uns in den Antwortmails mitgeteilt, dass wir uns auf den Weg nach Tel Aviv machen könnten, dann mit dem Bus an die Grenze nach Jordanien fahren sollten und dann könnten wir gucken, wie wir weiterkommen. So ähnlich stand es da“, berichtet Oliver Dannenberg: „Und das in einer Krisensituation in einem Land, in dem man sich nicht auskennt. Man kam sich manchmal abgewimmelt vor.“ Das sei bedauerlich für ein gut entwickeltes Land, wie es Deutschland eigentlich sei.

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