Bei der Informationsveranstaltung zum Wolf in der Eifel waren die Reihen im Euskirchener Kreishaus dicht gefüllt. Landwirte machten ihrem Unmut Luft.
StreitthemaNRW-Umweltministerium will beim Wolfs-Monitoring nachbessern

Der Wolf ist zurück in der Eifel. Die Zahl der Risse ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Dennoch sind, wie die Experten in der Infoveranstaltung berichteten, die Herausforderungen in der Region nicht so groß wie beispielsweise in Brandenburg.
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Der Wolf ist zurück in der Eifel. Nun hatte der Kreis Euskirchen zur Informations- und Diskussionsveranstaltung „Der Wolf – Umgang mit einem Rückkehrer“ eingeladen. Im Sitzungssaal des Kreishauses saßen rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer, die sich zuvor beim Kreis angemeldet hatten. Die Veranstaltung war damit ausgebucht, es wurde auch eine Warteliste geführt.
Im Saal waren viele Landwirte, Schafzüchter, Jäger und Politiker. Als Redner eingeladen waren Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, Celin Klimek vom Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (Lanuk), Dr. Josef Tumbrinck vom NRW-Umweltministerium sowie Jens Goldfuß von der Landwirtschaftskammer. Moderiert wurde die mehr als zweistündige Veranstaltung von Bernhard Rüb, langjähriger Pressesprecher der Landwirtschaftskammer.
Diese Zahlen rund um den Wolf im Kreis Euskirchen liegen vor
Nach Angaben von Celin Klimek sind seitens des Lanuk in Deutschland 219 Rudel, 43 Paare und 14 Einzeltiere registriert. In diesem Jahr gab es Klimek zufolge drei bestätigte Hinweise auf einen Wolf im Kreis Euskirchen. Zudem gingen bei dem Landesamt aus dem Kreis 22 unbestätigte Hinweise auf einen Wolf ein. In fünf Fällen sei keine Bewertung möglich gewesen.

Berichtete über den Wolfsbestand im Kreis Euskirchen: Celin Klimek vom Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (Lanuk).
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Die Zahl der Nutztierübergriffe sei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, berichtete Klimek. Waren es 2018 beim Lanuk acht registrierte Übergriffe mit zwei betroffenen Tieren, sind es in diesem Jahr bisher 164 – mit 60 gerissenen oder geschädigten Tieren. Teilweise bestand ein Grundschutz zur Abwehr des Wolfs. „Dennoch sind hier die Herausforderungen nicht so groß wie beispielsweise in Brandenburg. Im Moment stagniert die Population sogar“, sagte Tumbrinck.
Das plant die Bundesregierung
Die Bundesregierung plant, den strengen Schutz des Wolfes zu lockern und die Jagd unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben. Die Änderung des Bundesjagdgesetzes soll noch in diesem Jahr vorgenommen werden. Voraussetzung dafür ist laut Tumbrinck, dass die Europäische Union den Wolf von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabstuft. Das bedeute, dass einzelne Wölfe zum Abschuss freigegeben werden können.
Sollte der Gesetzentwurf durchgehen – davon ist Tumbrinck überzeugt –, wird die Zuständigkeit vom Umwelt- zum Landwirtschaftsministerium wechseln. „Der Bund hat aus unserer Sicht eine sehr schlampige und schlechte Gesetzesvorlage gemacht“, so Tumbrinck: „Er kippt uns das Thema vor die Füße und macht sich selbst einen schlanken Fuß. Die geforderten Wolfsmanagementpläne können wir gar nicht umsetzen, weil wir als Land dann das Jagdgesetz ändern müssen.“
Das sagt die Kreisbauernschaft
Die Kritik am Wolfs-Monitoring des Landesamtes nimmt weiter zu. Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, äußerte scharfe Kritik am Monitoring des Lanuk. Zwischen den offiziellen Zahlen und der Realität vor Ort klaffe eine immer größere Lücke. „Wir haben fast täglich Wolfsichtungen im Kreis“, so Dahmen. Diese seien von Landwirten und Jägern mit Fotos, Wildkameras oder Tierfunden dokumentiert. „Doch viele dieser Meldungen erscheinen gar nicht oder erst stark verzögert in der Statistik. Die Bearbeitung dauert oft Wochen oder gar Monate, Rückfragen bleiben unbeantwortet“, sagte Dahmen.

Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, hält die Situation für nicht mehr hinnehmbar. i
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Ein Hauptproblem sieht er in der personellen Ausstattung der Behörden. Im Kreis gebe es zu wenige Wolfsberater – und die seien auch noch häufig ehrenamtlich tätig oder mit anderen Aufgaben betraut. „Das führt zu langen Wartezeiten und einer mangelnden Präsenz vor Ort“, so Dahmen. Für einen Kreis mit intensiver Weidetierhaltung und großen Waldflächen sei diese Situation nicht mehr hinnehmbar. Die Landwirte fordern daher, hauptamtliche Wolfsberater einzusetzen, die regional verankert sind und Risse zeitnah prüfen können. „Ohne verlässliche, praxisnahe Daten gibt es kein glaubwürdiges Monitoring – und damit keine Akzeptanz“, betonte Dahmen.
Ein weiteres Anwachsen des Wolfsbestands wäre für die Weidetierhaltung in unserer Region verheerend.
Entscheidend sei, dass Abschüsse künftig schneller genehmigt werden können. „Ein weiteres Anwachsen des Wolfsbestands wäre für die Weidetierhaltung in unserer Region verheerend. Langwierige Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren sind den Tierhaltern nicht mehr zuzumuten“, so Dahmen. Kritik äußerte er auch an der Förderung von Herdenschutzmaßnahmen. Während Tierhaltern in Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen neben den Investitionskosten auch der Mehraufwand erstattet werde, blieben Betriebe in Nordrhein-Westfalen auf diesen Kosten sitzen.
„Das ist ein Unding. Hier muss das Land dringend nachbessern“, forderte Dahmen. Er betonte zugleich, dass die bäuerlichen Familienbetriebe im Kreis den Naturschutz überhaupt nicht zur Disposition stellen. „Das zeigen unsere jahrelangen Kooperationen mit dem Nationalpark Eifel und unsere Arbeit im Vertragsnaturschutz.“ Doch diese Bereitschaft habe Grenzen: „Unsere Existenz und unsere Tiere dürfen nicht auf dem Altar symbolischer Politik geopfert werden.“
Aus dem Plenum kamen kritische Stimmen
Der 62-jährige Ralf Meurer ist Weidetierhalter im und am Nationalpark Eifel – mitten im Wolfsgebiet. „Ich stehe ohne Abstriche zu einer Koexistenz mit Wolf und Weidetieren“, sagte er. Er sehe den Wolf als Teil der heimischen Natur und plädierte für einen sachlichen, ausgewogenen Umgang mit dem Raubtier. „Ich verstehe die Sorgen der Weidetierhalter, besonders jener, die um ihre Existenz bangen. Aber wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben“, so Meurer, der für die Förderprogramme des NRW-Umweltministeriums, die Landwirten und Tierhaltern finanzielle Unterstützung für Herdenschutzmaßnahmen bieten, lobende Worte fand.

Das Wolf-Monitoring des Landes kritisierte der Schweinheimer Landwirt Stephan Brock scharf.
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Diese seien „großzügig gestaltet“. Allerdings müssten die auch in Anspruch genommen werden: „Ich kann Ihnen jeden Tag eine Schafweide zeigen, die nicht geschützt ist.“ Er plädierte dafür, vorhandene Regelungen konsequent anzuwenden: „Wir brauchen klare Zuständigkeiten, schnelle Reaktionen und ein ehrliches Bekenntnis zur Koexistenz – nicht politische Symbolik.“
Der Schweinheimer Landwirt und Pferdehalter Stephan Brock kritisierte das Wolf-Monitoring scharf. Spuren oder Nachweise des Wolfes, der Anfang Juni an der Steinbachtalsperre acht Schafe und Lämmer gerissen haben soll, fehlen auf der Internetseite des Lanuk vollends. Zudem sei das Verhalten des ehrenamtlichen Wolfsberaters damals „unterirdisch“ gewesen, berichtete Brock.
Jeder Wolf ist ein Wolf zu viel.
Er sei schon mehrfach von der Polizei zur Hilfe gerufen worden, um beim Einfangen wildgewordener Pferde zu helfen, die laut Brock möglicherweise vom Wolf aufgescheucht worden waren. „Wir brauchen ein vernünftiges System. Wir können hier rund um die Steinbachtalsperre nicht alles zu einem Hochsicherheitstrakt machen. Hier sind Spielplätze, hier wird das Waldfreibad wieder aufgebaut, hier wird Rad gefahren und gewandert. So geht es nicht weiter“, sagte Brock.
Markus Hack, Nutztierhalter, spielte auf die Grünen an und fragte, warum „eine acht Prozent-Partei“ den Landwirten den Wolf aufbürde. „Jeder Wolf ist ein Wolf zu viel. Vielleicht noch im Nationalpark, aber nicht in dicht besiedelter Landschaft“, so Hack: „Ich warte seit eineinhalb Jahren auf das Ergebnis eines Rehrisses. Wahrscheinlich hat das Ergebnis der Analyse dem Lanuk nicht gepasst.“
Peter Schallenberg aus Bad Münstereifel beschäftigt sich schon lange mit Naturschutz. Der Grünen-Politiker sagte, dass es in Ländern, die eine durchgängige Tradition im Umgang mit dem Wolf haben, „oft viel weniger Probleme gibt“. Schallenberg sieht den Wolf auch als „großen Segen für den heimischen Wald, weil er den Überbestand an Rot- und Schwarzwild reduziert“.
So soll es weitergehen
„Es wird gesetzlich und gesellschaftlich nicht funktionieren, den Wolf wieder auszurotten. Es wird durch die Entnahme von Problemtieren einfacher, aber nicht jeder Wolf in Deutschland reißt Nutztiere“, sagte Tumbrinck. Und: „Wir müssen beim Monitoring im Kreis Euskirchen nachbessern. Es gab Gründe für die Defizite. Wir sind da dran.“ Er versprach, beispielsweise der Kreisjägerschaft bis Mitte Januar 2026 ein Gespräch anzubieten und alle Fälle durchzugehen, die liegengeblieben seien.

Schoss gegen den Bund: Josef Tumbrinck aus dem NRW-Umweltministerium.
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„Wohlwissend, dass die Zuständigkeit bald zu einem anderen Ministerium wechselt. Aber wir werden das aufarbeiten“, so Tumbrinck. Er verweist auch darauf, dass Risse in der Natur nicht relevant für die Statistik seien. „Unser Fokus liegt auf Nutztierrissen, weil da am Ende auch die Frage dranhängt: Abschießen oder nicht? Wenn der Wolf ein Reh reißt, ist das kein Abschießgrund“, so Tumbrinck.
Tierhalter werden kostenlos beraten
Nach Angaben von Jens Goldfuß bietet die Landwirtschaftskammer persönliche und kostenfreie Beratung für Weidetierhalter an. Zudem unterstütze man bei der Antragsstellung. Materialkosten werden laut Goldfuß für Zäune zu 100 Prozent gefördert. Keine Förderung gebe es jedoch für Arbeitskosten, Unterhaltungskosten und Werkzeuge. Auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden werde gefördert, so Goldfuß. Das gelte für Schafe, Ziegen und Gehegewild.
FDP scheitert mit erstem Antrag zum Thema Wolf
Die Kreis-FDP würde den Kreis Euskirchen beim Wolf gerne mehr in die Verantwortung nehmen. Entsprechend haben die Liberalen einen Antrag „Einstieg in das Wolfsmanagement – Überbrückende Maßnahmen“ gestellt. Mit dem Antrag ist die FDP im Umweltausschuss gescheitert. Lediglich sie selbst und die AfD stimmten dafür, alle anderen stimmten dagegen. Dennoch steht der Antrag auch auf der Tagesordnung für den Kreisausschuss, der am Mittwoch, 10. Dezember, ab 17 Uhr im Kreishaus tagt.
Die Liberalen fordern, dass die Kreisverwaltung darlegt, wie bisher Zusammenarbeit und Anknüpfungspunkte mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (Lanuk) im Umgang mit Wolfsrissen und Verdachtsfällen gestaltet sind. Darüber hinaus soll die Verwaltung prüfen, über welche Möglichkeiten sie derzeit verfügt, DNA-Spuren an tatsächlichen oder vermeintlichen Wolfsrissen eigenständig zu sichern, aufzubewahren und zeitnah auszuwerten.
Falls dies bisher nicht möglich sei, sollen, so die Forderung der FDP, „die personellen und technischen Voraussetzungen einschließlich einer Kostenkalkulation benannt werden.“ Zudem schlägt die FDP vor, gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept für eine systematische Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln, das greift, sobald ein Wolfsriss bestätigt ist, um die Bevölkerung transparent und schnell zu informieren.
In der Begründung verweist die FDP auf die teils langen Reaktionszeiten des Lanuk. Zwischen der Entdeckung eines Risses und der Entnahme von DNA-Proben durch das Landesamt vergingen häufig mehrere Tage, so dass die Spuren an den Tierkadavern oftmals unbrauchbar seien und eine eindeutige Zuordnung zu einem Wolf nicht mehr möglich sei.
Auch die anschließende Auswertung dauere in der Regel mehrere Wochen. In dieser Zeit entstünden in der Bevölkerung Unsicherheit und Spekulationen. Nach Auffassung der FDP sollte der Kreis daher übergangsweise eigene Strukturen schaffen, um schneller und effizienter auf Wolfsrisse reagieren zu können. Ziel des Antrags sei es, die Grundlagen für ein praktikables und bürgernahes Wolfsmanagement im Kreis Euskirchen zu schaffen, so die Liberalen.


