Auch für Helfer gefährlichTausende Amphibien bei Nabu-Aktion über Straße getragen

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Die Helfer der Amphibienrettung, die vom Kreisverband des Nabu organisiert worden war, vor dem Kirchberghaus in Kommern.

Die Helfer der Amphibienrettung, die vom Kreisverband des Nabu organisiert worden war, vor dem Kirchberghaus in Kommern.

Mechernich-Kommern – Manche Dinge sind in diesem Jahr nicht von Corona beeinträchtigt gewesen. Die Natur zum Beispiel kümmerte sich um keinen Lockdown. So stand beim Nabu-Kreisverband im Frühjahr wie in den Vorjahren die Rettung der Amphibien, die sich auf die Wanderschaft zu ihren Laichplätzen begaben, auf der Liste der zu erledigenden Dinge. Nun wurde bei einem geselligen Zusammensein Bilanz gezogen.

Frösche, Kröten und Molche haben keine Landkarte in der Jackentasche, die sie darauf aufmerksam macht, dass auf ihrem Wanderweg mittlerweile eine viel befahrene Straße liegt. Da so eine Erdkröte bei der Überquerung des Hindernisses auch keine Sprinterqualitäten an den Tag legt, ist der Kontakt mit einem Auto quasi programmiert – mit in der Regel letalem Ausgang für das Amphibium.

Jedes Jahr ein neuer Tunnel

Die kurzfristige Lösung ist der Shuttle-Service im Eimer über die Straße, im internen Jargon der Tierretter „Krötenschleppen“ genannt. 75 Helfer hatten sich in diesem Jahr gemeldet, um den Tieren einen sicheren Transfer zu bieten. Die langfristige Lösung, das machte Ulli Pohl vom Nabu deutlich, sei aber eine festinstallierte Schutzeinrichtung, die die Tiere sicher durch einen Tunnel zu den Laichgewässern leitet. Schließlich sei die Handarbeit nicht über Jahre zu leisten.

Kröten, Frösche und Co. erhalten im Frühjahr auf ihrem Weg zu den Laichplätzen Hilfe beim Überqueren der Straßen im Kreis.

Kröten, Frösche und Co. erhalten im Frühjahr auf ihrem Weg zu den Laichplätzen Hilfe beim Überqueren der Straßen im Kreis.

„Es gibt eine Zusage von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Kreises, in jedem Jahr an einem Punkt eine derartige Anlage zu bauen“, sagte er. Damit die Behörde die Hotspots der Amphibienwanderung ermitteln kann, übermittelt der Nabu die Zahlen der geretteten Amphibien regelmäßig an die UNB. Und die können sich in diesem Jahr sehen lassen.

Kreisweiter Zuwachs an Amphibien

Kreisweit, ohne Bad Münstereifel, konnte ein Zuwachs verzeichnet werden. Nach 11.200 Amphibien im vergangenen Jahr wurden jetzt 12.000 gerettet. Noch mehr waren es in Bad Münstereifel. An nur zwei Stellen, im Schleidtal und bei Eicherscheid, wurden seit März 9000 Tiere über die Straße getragen. „In einer Nacht waren es allein 1400“, so Pohl.

Es war ein befriedigender Stress für die Helfer, von denen sich nun 35 persönlich kennenlernten. Denn normalerweise kommunizieren sie in Chatgruppen und sprechen die Wochenpläne ab. Doch nun trafen sie sich bei Froschkuchen und Molchtorte und ließen die Saison Revue passieren.

Förderung

Die Arbeit der Amphibienretter wird unterstützt über einen Förderantrag, den die Untere Naturschutzbehörde beim Umweltministerium stellt. Die 2100 Euro aus der Förderrichtlinie Naturschutz werden laut Nabu-Vorstandsmitglied Marion Zöller für die Anschaffung neuer Zäune und Ausrüstung wie Eimer, Handschuhe, Warnwesten oder auch Blinklichter eingesetzt. Restbeträge werden in die Ertüchtigung von Laichgewässer investiert.

Im Gegenzug werden die Daten an die Kreisbehörde übermittelt, die daraus einen Überblick über die Artenvielfalt im Kreis gewinnt. (sev)

„Kalte Finger sind programmiert“, sagte Birgit Pesch lachend. Denn die Tiere wandern gern bei Regen, wobei ihnen die Temperatur eher egal ist. Aber das Erfolgserlebnis, den Amphibien geholfen zu haben, mache alles wett. „Die Gemeinschaft war toll, trotz Abstand und Corona“, sagte sie.

Gefahr für Helfer an vielbefahrenen Straßen

Auch Silke und Marco Mora waren mit dabei. „Wir haben unglaublich viel gelernt“, so Silke Mora. Auch zu Hause haben die beiden Amphibienfreunde Terrarien, in denen sie verschiedene Tiere halten. Über Fotos wurden die Arten bestimmt, und so konnte etwa die Existenz von Springfröschen in Eicks nachgewiesen werden, obwohl die Art dort 2020 nicht gesehen worden war. Auch andere seltene Arten konnten gerettet werden, in Satzvey etwa zwei Geburtshelferkröten und ein Kammmolch. „Da waren alle neidisch“, sagte Marion Zöller vom Kreisvorstand schmunzelnd.

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„Krötenschleppen macht Spaß, ist aber mühsam“, meinte sie. Das Ziel seien feste Einrichtungen wie der Zaun in Kronenburg, der perfekt sei. Misslungen sei dagegen der Zaun an der Wildenburg: „Der hat Löcher, in denen die Molche steckenbleiben.“ Deshalb sei es wichtig, dort morgens hinzugehen, um die Tiere aus der Falle zu befreien: „Sonst kommen die Vögel und holen sie sich.“

Doch auch die Helfer sind immer wieder in Gefahr. „An einigen Stellen muss man auf die Autos aufpassen“, so Marco Mora. Da werde die ganze Bandbreite menschlichen Verhaltens geboten: „Manche fragen, ob sie helfen können, andere wieder geben extra Gas oder rufen einem aus dem Fenster Sprüche zu.“ „Am schlimmsten ist es am Krematorium in Mechernich“, bestätigte Pesch. Da sei eine Rennstrecke. Dennoch freuen sich die Helfer, wenn es wieder losgeht. „Es ist toll, wenn man was für den Schutz der Tiere tun kann“, so Mora.

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