Fachleute äußern sichGutachten zur Bleibelastung in Mechernich vorgestellt

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Rund 120 Bürger wollten sich über die Messergebnisse informieren – mehr waren coronabedingt nicht möglich.

Rund 120 Bürger wollten sich über die Messergebnisse informieren – mehr waren coronabedingt nicht möglich.

  • In der Aula des Mechernicher Turmhof-Gymnasiums wurde das Gutachten zur Bleibelastung im Boden von Fachleuten vorgestellt.
  • Die Ergebnisse waren lange erwartet und trafen bei den rund 120 anwesenden Bürgern auf gemischte Resonanz.

Mechernich – Akute Gefahr besteht nicht, aber es gibt Handlungsbedarf. So lassen sich die Gutachten zusammenfassen, die am Mittwochabend in der Aula des Mechernicher Turmhof-Gymnasiums zum Thema Bleibelastung im Boden vorgestellt wurden (weitere Ergebnisse sind den Artikeln auf dieser Seite zu entnehmen).

Rund 120 Besucher ließen sich von den Fachleuten über die Ergebnisse des Instituts für Umwelt-Analyse informieren, mehr waren coronabedingt nicht zugelassen. Die Resonanz reichte von Erleichterung bis zu scharfer Kritik. Blei habe Mechernich in der Vergangenheit Wohlstand und Arbeitsplätze gebracht, die Lasten aus dieser Zeit würden allerdings gerade von Neubürgern mit Besorgnis gesehen, so Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Diese Sorgen gelte es ernst zu nehmen.

Keine Gefahr durch Staub

Eine wichtige Aussage traf die Diplom-Ökotrophologin Monika Machtolf gleich zu Beginn: Von dem Staub in den belasteten Gebieten geht keine nennenswerte gesundheitliche Gefahr aus. Das haben Untersuchungen im Gebiet „Auf der Wäsche“ ergeben, so die Gutachterin. Lediglich bei einer geprüften Parzelle gerate der Staub in einen heiklen Bereich – aber auch nur dann, wenn Wind und Wetter sehr ungünstig auftreten.

Doch was ist mit den Kleinkindern, die gerne schon mal Erde in den Mund stecken? Um sie gehe es vorrangig, stellte Schick klar. Darum seien auch die Spielplätze untersucht worden. Welche Werte auf welchen Spielplätzen gemessen wurden, wurde allerdings in der Versammlung nicht mitgeteilt. Sie seien, sofern vorhanden, ab diesem Donnerstag auf den Homepages von Stadt und Kreis zu lesen. „Wie sollen wir hier aber diskutieren, wenn Sie die Werte hier nicht nennen?“, hakte ein Bürger nach und erhielt Applaus von einem Teil der Besucher. Ein anderer wollte nicht glauben, dass in der Bleibelastungszone die Kinderspielplätze nicht schon längst vorher untersucht worden seien. „Das ist bemerkenswert“, befand der Teilnehmer.

Schick sagte zu, dass die Sanierung der am stärksten betroffenen Flächen auf den Spielplätzen unverzüglich beginnen werde, ja zum Teil schon begonnen habe. Nirgendwo sei die Gefahr so groß, dass Schließungen von Spielplätzen notwendig seien, versicherten Gutachter sowie Vertreter von Stadt, Kreis und Land. Denn Blei sei kein Gift, das akut Schaden anrichte, sondern erst bei dauerhafter Aufnahme negativ wirke, dann aber möglicherweise mit schweren Folgen – etwa auf die Intelligenzentwicklung bei Kindern.

Es muss weiter geprüft werden

In weiten Teilen der untersuchten Bebauungsgebiete liegen die Messergebnisse oberhalb der Prüfwerte der Bodenschutzverordnung. Das, so der Diplom-Chemiker Dr. Dietmar Barkowski in der Versammlung, sei noch kein Anlass zum sofortigen Bodenaustausch, jedoch zur Prüfung der speziellen Situation und zur Ermittlung des Handlungsbedarfs. Auch in einigen Baugebieten werden Maßnahmen vorgenommen werden müssen, um eine möglichst gefahrenfreie Nutzung für Familien möglich zu machen.

Am heutigen Donnerstag, so Professor Jens Utermann vom NRW-Umweltministerium, veröffentliche der Kreis auf seiner Homepage zudem einen neuen Handlungsleitfaden für die Menschen, die in den Bleibelastungszonen leben – „eine Art Verhaltensbibel“, wie es Utermann formulierte.

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Unterdessen starten in Kürze die Bodenuntersuchungen von 154 Grundstücken in den bereits bebauten Gebieten „Vierwege“ und „An der Feyermühle“. „Warum gerade dort?“, wollte ein Anwohner wissen. Schließlich sei in diesen Bereichen im Rahmen der Bebauung bereits viel Erde bewegt worden. Auch die anderen Gebiete würden geprüft, erklärte Utermann. Es gelte zu prüfen, ob genug Boden ausgetauscht worden ist und wie es um die Qualität des neuen Bodens bestellt sei. Die Kosten für die Untersuchung tragen die Steuerzahler.

Ob die Eigentümer bei eventuell notwendigen Maßnahmen zur Kasse gebeten werden, blieb jedoch offen. Doch Utermann versuchte auch Hoffnung zu machen: Sollte sich bei den Prüfungen herausstellen, dass alles in Ordnung ist, sei das gut für die Gesundheit und für den Wert der Immobilie.

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