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Nach zwei Monaten PauseImpfstelle in Marmagen ist wieder in Betrieb

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Mit der Booster-Impfung, die Rudolf Kortenbruck Marliese Kluba verabreicht, startet die Impfstelle Marmagen.

Mit der Booster-Impfung, die Rudolf Kortenbruck Marliese Kluba verabreicht, startet die Impfstelle Marmagen.

Marmagen – Nettersheim-Marmagen. In der einstigen Eifelhöhen-Klinik wird wieder geimpft. Von Februar bis Ende September hat dort das Regionale Impfzentrum residiert, 146587 Impfdosen sind verabreicht worden. Nun, zwei Monate später, sind die Türen wieder geöffnet. Wer jedoch ein Impfzentrum 2.0 erwartet, sieht sich getäuscht. Die Impfstelle, das betont Landrat Markus Ramers, sei mit dem bisherigen Zentrum nicht vergleichbar.

Unterschiede zum Zentrum

Dabei sieht für diejenigen, die die Einrichtung durch ihre ersten Corona-Impfungen kennen, auf den ersten Blick alles aus wie gehabt: Die DRLG-Crew steht an der Einfahrt bereit und kümmert sich um einen geregelten Betrieb auf den Parkplätzen. Die Mitarbeiter einer Security-Firma nehmen die Impflinge vor der einstigen Klinik in Empfang.

Doch wer das Gebäude betritt, bemerkt sofort die Unterschiede. Der langen Tresen, an dem das Team der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Anmeldung und Formalitäten erledigt hat, ist nicht mehr da. Darum kümmern sich im angrenzenden Flur Mitarbeiter des DRK. Auch die Bundeswehr-Soldaten, die im Zentrum die Impflinge zu den Aufzügen und Impfstraßen in den oberen Etagen geleitet haben, sind nicht im Einsatz.

Stattdessen ist die komplette Impfstelle im Erdgeschoss eingerichtet. Es ist ein selbsterklärender Umlauf zu den vier Impfstraßen im Bereich der einstigen Küche/Kantine, zum Aufenthaltsbereich, wo die Menschen 15 Minuten nach der Impfung warten sollen, ob sie sie gut vertagen, und schließlich durch die ehemalige Eifelstube wieder hinaus. Gerade für ältere und gehbehinderte Menschen sei die ebenerdige Konzeption leicht zu bewerkstelligen, so Werner Crommen von der beim Kreis-Gesundheitsamt angesiedelten KoCI (Koordinierende Covid-Impfeinheit): „Wichtig ist uns ein zügiger Durchlauf, ohne zu viel Personal zu beanspruchen.“

Insgesamt stehen für die Impfstelle deutlich geringere Ressourcen zur Verfügung. Waren im Zentrum laut Ramers wesentliche Dinge – KV und Apotheker etwa – durch Verträge des Landes abgedeckt, liegt nun alles in der Hand des Kreises. Mit Ausnahme einer kleinen, sechs Stellen umfassenden Einheit, die das Land finanziert, muss der Kreis nun alles selbst stemmen – inklusive etwa dem Aufbau des Terminbuchungssystems. Glücklich sei man, dass die Crew des Impfzentrums, gerade die medizinischen und pharmazeutischen Fachangestellten, noch immer bestens vernetzt sei – so habe sich dieses Team nun fast von selbst rekrutiert.

Erste Impfung

Da verwundert es nicht, dass zum Start bei vielen die Wiedersehensfreude groß ist. Und der erste Impfling ist auch gleich eine gute Bekannte: Marliese Kluba aus Steinfelderheistert kennt das Gebäude wie ihre Westentasche. 24 Jahre hat sie in der Eifelhöhen-Klinik gearbeitet, nun ist sie die Tageskraft im Gebäude – eine Art „Mädchen für alles“, das weiß, wo alles ist oder wie etwas flott besorgt werden kann, was gerade fehlt. In den Monaten des Impfzentrums hat sie den Job gemacht, dann sind für sie zwei recht einsame Monate im leeren Gebäude gefolgt. Nun freut sie sich, dass wieder Leben einkehrt und sie ihre Booster-Impfung gleich zum Start erhält.

„Wie ein brennendes Haus mit einem Wasserschlauch löschen“

„Die Infektionssituation im Kreis, wie sie in zwei bis drei Wochen sein wird, können wir durch nichts mehr beeinflussen“, sagte Christian Ramolla, der Leiter des Gesundheitsamts, im Kreis-Ausschuss für Gesundheit. Die einzige Maßnahme, die in der Vergangenheit einen Effekt auf die Situation gehabt habe, sei der Lockdown gewesen.

Die einzige Möglichkeit wäre dies seiner Meinung nach auch jetzt, etwas zu verbessern. Er fühle sich wie beim Vollbrand eines Hauses, den man mit einem Gartenschlauch löschen müsse. „Was mir Sorgen macht, weil es im Jahresverlauf schon komplett anders war, ist die Gruppe 80-plus. Da gehen die Inzidenzen richtig hoch“, so Ramolla: „Das werden die Patienten sein, die in ein klinisches Erkrankungsstadium hineingehen werden.“

In Quarantäne seien seit Beginn der Pandemie mehr als 35 000 Menschen aus dem Kreis gewesen, sagt Ramolla. Ein großes Problem ist derzeit die Kontaktaufnahme, die Crew des Gesundheitsamts komme schlicht nicht mehr hinterher. 400 Kreisbürger seien noch nicht kontaktiert worden. Dabei handele es sich um sogenannte Indexfälle – also Menschen, die infiziert sind. „Wir wissen also nicht, ob sie in sensiblen Bereichen arbeiten“, so Ramolla. Das Team aus dem Gesundheitsamt sei ausgepowert, arbeite am Limit, sagt der Arzt.

Abhilfe schaffen soll schnellstmöglich der Einsatz eines spezialisierten Call-Centers mit sogenannten Containment Scouts. Gerade Infektionen in besonders sensiblen Gruppen und Einrichtungen müssten schneller entdeckt werden, sagt Landrat Markus Ramers. Nach dem positiven Beschluss im Ausschuss für Gesundheit muss der Vorschlag noch den Kreistag passieren. Wann genau das Call-Center starten kann, steht noch nicht fest – auf jeden Fall aber noch in diesem Jahr, sagt Ramers. (tom/rha)

Dafür waren auch zwei alte Bekannte zuständig. Der pensionierte Arzt Rudolf Kortenbruck aus Sinzenich und die ebenfalls pensionierte Krankenschwester Helga Weckmann verfügen über reichlich Impfzentrum-Erfahrung. Wie für viele ihrer Kollegen war es für beide keine Frage, sich wieder zum Dienst zu melden, als nun die Impfstelle eingerichtet worden ist.

Termine und Rest-Börse

Am Samstag wird in Marmagen wieder geimpft, ab der kommenden Woche dann täglich von montags bis samstags. Impfungen sind nur mit Termin möglich. Abends wird es wieder eine Restdosen-Börse geben: Der Kreis veröffentlicht auf seiner Internetseite, wenn Termine nicht wahrgenommen wurden und dadurch Vakzine übrig geblieben sind.

450 Dosen sind täglich vorgesehen – mit Luft nach oben, wie Crommen betont. Im Impfzentrum waren es im Schnitt täglich 700 bis 800 Impfdosen, in der Spitze rund 1400.

Rund 25000 Termine sind für diese sowie die Impfstellen in Euskirchen, im Kreishaus und am Schwalbenberg, bis Ende Februar bereits vergeben. Ob weitere, möglicherweise mobile Angebote hinzukommen, wird laut Ramers derzeit beraten.

Wie geht es weiter?

Wie es im März weitergeht, weiß noch niemand. Vor allem die Einführung der Impfpflicht könnte die große Unbekannte sein. Ramers hält sie für unerlässlich: „Für einige wird es ohne Pflicht nicht gehen. Da hilft auch keine Bratwurst zur Impfung.“ Ausreden, sich nicht impfen zu lassen, sieht er ohnehin längst nicht mehr. Jedoch befürchtet Ramers, dass bei einer Impfpflicht „alles an uns hängen bleibt“. Doch dies, sagt er, sei nicht zu stemmen, wenn der Kreis nicht mehr Ressourcen erhalte.

Dass genau das derzeit ohnehin nicht einfach ist, hat die KoCI bereits erfahren – und neue Begriffe gelernt, wie Crommen dann doch ein wenig schmunzelnd berichtet. Als man ein Hilfeersuchen an die Bundeswehr zur Unterstützung gestellt habe, habe er erfahren, dass es einen „Ordnungshalt“ gibt: Bis ein neuer Verteidigungsminister vereidigt ist, werde über derartige Anträge nicht entschieden.

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Ein leicht triumphierendes „Hab’ ich doch gesagt“ schwingt dennoch nicht in Ramers’ Stimme mit, wenn er sagt, dass die Schließung der Impfzentren ein Fehler war. Sie offen zu lassen, möglicherweise auf recht kleinem Niveau, so Ramers, haber er bereits im Sommer gefordert, als sich die Notwendigkeit der Booster-Impfungen abzeichnete.

Über vergossene Milch will keiner klagen, das bringt ja auch nichts. Stattdessen sind Ramers und Crommen froh, dass der Betrieb in Marmagen wieder läuft und im Kreis mit den drei Impfstellen auch eine gute räumliche Abdeckung herrscht.

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