Die Frau im WaldSo arbeitet die einzige Rangerin im Nationalpark Eifel

Vor 15 Jahren machte Nina Braun eine Ausbildung zur Forstwirtin. Heute ist sie Rangerin im Nationalpark Eifel.
Copyright: Grönert
- Früher arbeitete Nina Braun als Hotelfachfrau. Doch es zog sie in die Natur.
- Sie machte eine Ausbildung zur Forstwirtin und später eine Fortbildung zur Rangerin.
- Nun arbeitet sie als einzige Frau unter 44 Rangern im Nationalpark Eifel. Wir haben sie besucht.
Heimbach – Nina Braun trägt Funktionshose, Wanderschuhe und das Wappen von Nordrhein-Westfalen und dem Nationalpark Eifel auf ihrer Fleecejacke. Ein breiter Hut hängt um ihren Hals. Die Ausrüstung eines Rangers, einheitlich in ganz Deutschland. So steht die 39-Jährige am Forsthaus in Düttling, Kreis Düren, gerüstet für jede Wetterlage, aber auch für jede Frage, die die Natur betrifft.
44 Ranger arbeiten insgesamt hier, im Nationalpark Eifel, sie sind geprüfte Natur- und Landschaftspfleger, Ansprechpartner für Besucher, geben Führungen und sorgen dafür, dass sich alle an die Regeln halten. Sie kartieren Pflanzen- und Tierarten, halten Wege, Schilder und Bänke in Stand. Nina Braun ist die einzige Frau unter ihnen. Und nicht nur das: In ganz NRW gibt es keine andere weibliche Rangerin in einem Schutzgebiet.

Nina Braun führt Schulkassen in die Natur. Auf ihren Touren sollen sie den Wald mit allen Sinnen erfahren.
Copyright: Grönert
Warum dominieren Männer den Beruf? „Es ist nun einmal körperlich schwere Arbeit“, sagt Braun. „Die Arbeit mit der Motorsäge gehört dazu.“
Ihr falle das im Alltag aber gar nicht so auf, dass sie die einzige Frau unter vielen Männern ist. Mit ihren Kollegen sei sie gut befreundet und im Büro sitze ja auch noch ihre Chefin. „Da bin ich als Frau gar nicht ganz alleine“, sagt Braun.
„Froh um die Ruhe im Wald“
Sie geht jetzt einen Waldweg entlang. Der Boden ist trocken. Die Luft sauber. Vögel zwitschern. Braun hat sich bewusst für den Beruf in der Natur entschieden. Doch das erst auf dem zweiten Weg. Ihre erste Ausbildung hat sie als Hotelfachfrau absolviert und als solche noch zwei Jahre gearbeitet. Die Arbeitszeiten zur späten Stunde und am Wochenende aber gefielen ihr nicht. Und jetzt, wenn Braun zwischen Nadel- und Laubbäumen steht, die am Wegesrand in die Luft ragen, fällt es durchaus schwer, sich vorzustellen, dass diese Frau einst täglich weiße Bluse, kurzen Rock und Feinstrumpfhose trug. „Stattdessen habe ich überlegt, was ich gerne mache. Ich war schon immer gerne handwerklich tätig und draußen in der Natur unterwegs“, sagt Braun. Sie begann eine dreijährige Ausbildung im Forstamt in Zweifall. „Ich war froh um die Ruhe im Wald.“
Mittlerweile arbeitet sie seit 12 Jahren in der Wildniswerkstatt Düttling. Auf dem etwa 60 Hektar großen Gelände gibt es keine öffentlichen Wanderwege. Hier findet Umweltbildung statt. Ein pädagogischer Ansatz, der Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen vermitteln soll.

Feuer machen nur mit Eisen und Stein, das zeigt Braun den Kindern.
Copyright: Grönert
„Viele Kinder kennen es nicht, einfach rauszugehen und im Wald zu spielen“, sagt Braun. Oft seien sie zu Beginn unsicher. Diese Barrieren sollen abgebaut werden. „Es ist schön, wenn Kindern bewusst wird, dass sie zum Vergnügen nicht in den Freizeitpark fahren müssen“, sagt die Rangerin und lächelt. Vier Klassen, also rund 100 Kinder, besuchen die Wildniswerkstatt normalerweise pro Tag. Erfüllt es kein Klischee, wenn sie sich, als einzige Rangerin, um die Führungen mit Kindern kümmert? „Finde ich nicht. Ich habe doch fünf männliche Kollegen, die denselben Job machen.“
Wenn sie sich mit den Kindern in den Wald begibt, dann ohne Plan. „Ich passe mich der Gruppe an. Da entstehen immer ganz eigene Dynamiken.“ Ein paar Klassiker gibt es aber. Zum Beispiel das Lagerfeuer am Mittag selbst zu entzünden. Braun holt einen Feuerstein hervor, schlägt ihn auf ein Feuer-Eisen, nicht angestrengt, eher lässig. Funken sprühen. „Wenn die Kinder das schaffen, sind sie total stolz. Oft nehme ich auch ein eher schüchternes Kind. Das wird danach von ihren Klassenkameraden ganz anders gesehen“, sagt Braun.
Besucher verstoßen oft gegen Regeln
Sie fasst nun tief in ihren Rucksack, kramt verschiedene Hilfsmittel heraus und legt sie neben sich auf eine Bank: ein Fernglas, um Tiere zu entdecken oder eine Becherlupe, um Käfer im Detail zu betrachten. Findet ein Kind eine Eierschale, hat Braun Bestimmungskarten dabei, um die dazugehörige Vogelart herauszufinden. In Brauns Wildniswerkstatt gibt es auch die Ausnahmeregel, dass Blätter abgepflückt und Beeren probiert werden dürfen – eigentlich, wie auch das Feuer machen, im Nationalpark verboten. Doch die Natur soll während der Tour mit allen Sinnen erfahrbar werden.
Braun zeigt unterwegs immer wieder spannende Entdeckungen. Dort ist im Waldboden ein Bombenloch aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen, hier liegt ein Gewöll, Knochenreste von einer Maus, die wahrscheinlich ein Uhu ausgewürgt hat. Und da fliegt ein Buntspecht. Die Rangerin bückt sich, geht in die Knie. Mitten auf dem Waldweg fällt ihr etwas Orangenes auf. Ein Klebriger Hörnling, ein Pilz in Signalfarbe. „Der Wald erholt sich hier richtig. Man merkt, dass schon länger keine Führungen mehr stattgefunden haben“, sagt Braun. Auch sie, die an einem der entlegensten Flecken in NRW arbeitet, musste in den vergangenen Monaten eine Corona-Zwangspause in ihrer Arbeit mit den Kindern einlegen.

Die Hütten im Gelände sind von den Rangern selbst gebaut.
Copyright: Grönert Grönert
Dabei hat die Pandemie im gesamten Nationalpark eher dafür gesorgt, dass noch mehr Besucher als sonst kommen. Ein Ausflug in die Natur schien für viele die ideale Erholungsmöglichkeit – in Zeiten in den Abstand zu anderen geboten war. Von März bis Ende Mai waren es 59 Prozent mehr Menschen als im Vorjahreszeitraum. Und der lag mit rund 900.000 Besuchern bereits auf einem hohen Niveau. Das Problem dabei: Viele Besucher verstoßen gegen die Regeln. Menschen bleiben nicht auf den Wegen, Zelten und machen Lagerfeuer. Aufgrund von überfüllten Parkplätzen, stellen viele Besucher ihr Auto gar im Nationalpark ab. Das schadet der Natur.
Während viele Ranger derzeit vor allem an Besucherschwerpunkten arbeiten, um dort für Ordnung zu sorgen, ist Braun während der Corona-Zeit zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Borkenkäfers in den Randbereichen des Nationalparks eingesetzt. „Hier versuchen wir zu verhindern, dass der Borkenkäfer auf andere Fichten außerhalb des Gebiets überspringt.“ Die Bäume werden gefällt und das Holz abtransportiert. Die einzige Möglichkeit, um den Borkenkäfer zu beseitigen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Zurück an der Forsthütte beginnt es zu regnen, dicke Tropfen fallen. Braun lächelt. Das Wetter macht ihr nichts aus. Das gehöre zur Arbeit in der Natur dazu.
So ganz konnte sie aber auch ihren ersten Beruf im Tourismus nicht hinter sich lassen. In Monschau führt sie gemeinsam mit ihrem Mann eine Galerie und vermietet eine Ferienwohnung. Demnächst kommen noch zwei neue hinzu. Ob sie ihre Gäste mit weißer Bluse empfängt? Sicher nicht, dafür gibt es Eier von den eigenen Hühnern als Gastgeschenk.