Professor Hering erklärt Todeszahlen„Covid ist nicht mit einer Grippe zu vergleichen“

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Covid-Behandlung

Die Behandlungsmöglichkeiten bei Covid sind im Vergleich zur Grippe deutlich eingeschränkt.

Kreis Euskirchen – Wer täglich das Leiden von Covid-Patienten hautnah erlebt, sieht die Verharmlosung der Pandemie noch mal mit ganz anderen Augen. „Covid ist nicht mit einer Grippe zu vergleichen“, stellt Professor Rudolf Hering klar.

Die Behandlungsmöglichkeiten bei Covid seien im Vergleich zur Grippe deutlich eingeschränkt. Covid sei eben nicht nur eine einfache Lungenerkrankung, „sondern eine, die auch die Blutgefäße und somit auch viele andere Organe betrifft.“ Covid-Patienten hätten eine ausgeprägte Thrombose-Neigung. Es könnten also Blutgerinnsel und Durchblutungsstörungen lebenswichtiger Organe entstehen, sodass manchmal nicht die Lungenerkrankung, sondern ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt im Vordergrund stehe, der durch Covid 19 ausgelöst werde. „Diese Menschen sind dann eben auch an Corona gestorben, nicht mit Corona. Die Corona-Infektion ist hier tatsächlich die Ursache“, so der Leiter der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin sowie Schmerztherapie. Er verweist auf eine bundesweite Statistik. Im November starben demnach mehr Menschen, als im gleichen Monat in den Vorjahren. Hering: „Es ist anzunehmen, dass dies an der Corona-Pandemie liegt.“

Dass die Todeszahlen im Kreis in den vergangenen Wochen so dramatisch schnell gestiegen sind, sei „eine Frage der Statistik“, sagt der Mediziner. Und bezieht sich auf die steigenden Zahlen der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner: „Wenn wir mehr Erkrankte haben und die Krankheit eine gewisse Sterblichkeit hat, werden am Ende auch mehr Menschen daran gestorben sein.“

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Im Sommer habe der Inzidenzwert deutlich unter zehn gelegen. „Zwischenzeitlich hatten wir Werte von mehr als 200. Dann können Sie sich ausrechnen, dass die Zahl der Todesfälle auch 20-mal höher sein wird.“

Patienten-Autonomie

Da ältere Menschen mit Vorerkrankungen ein weitaus höheres Sterberisiko haben als jüngere, sterben bei einer steigenden Zahl von Ausbrüchen in Altenheimen zwangsläufig auch mehr Menschen, so Hering: „Unabhängig von der Corona-Pandemie sollten sich hochbetagte Menschen, insbesondere wenn noch lebensbedrohende Begleiterkrankungen vorliegen, immer in einem autonomen Entscheidungsprozess fragen, welche medizinischen Maßnahmen im Falle einer weiteren lebensbedrohenden Erkrankung überhaupt durchgeführt werden sollen. Ob zum Beispiel die stationäre Aufnahme ins Krankenhaus oder gar auf eine Intensivstation erwünscht ist.“

Bestenfalls solle diese Entscheidung mit den nächsten Angehörigen und dem Hausarzt getroffen und schriftlich niedergelegt werden. Eine notarielle Bestätigung sei nicht zwingend erforderlich. „Insbesondere den Hausärzten kommt hier nicht nur in der jetzigen Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle zu, denn sie kennen ihre Patienten und deren Begleiterkrankungen am besten. Sie können auch im Falle einer Entscheidung des Patienten, nicht im Krankenhaus behandelt werden zu wollen, eine weitere ambulante medizinische Therapie, etwa zur Linderung von Atemnot oder Angst, durchführen.“

Dies sei sowohl im Seniorenheim als auch zu Hause möglich und gehöre zu den grundlegenden Aufgaben jedes Hausarztes. „Die Patienten-Autonomie ist also ganz wesentlich – auch unabhängig von Corona“, sagt Professor Hering.

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