Hitze, Borkenkäfer und der Wolf2018 war im Nationalpark ein Jahr der Extreme

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Die Fichtenbestände haben vielerorts im Nationalpark unter dem ungewöhnlichen Klima gelitten. Jedoch werden nicht alle Bäume entfernt.

Die Fichtenbestände haben vielerorts im Nationalpark unter dem ungewöhnlichen Klima gelitten. Jedoch werden nicht alle Bäume entfernt.

  • Lang anhaltende Hitze und wenig Regen prägten die Witterung im vergangenen Jahr. Das macht sich im Nationalpark bemerkbar.
  • Zudem gab es eine Massenvermehrung der Borkenkäfer, der vor allem den Fichten zu schaffen macht.
  • Doch es gibt auch positive Entwicklungen.

Schleiden-Vogelsang – 2018 war ein Jahr der Extreme. Die lang anhaltende Hitze in Kombination mit wenig Regen hinterließ auch im Nationalpark Eifel ihre Spuren. Diese Phänomene fanden Eingang in den Jahresbericht der Nationalpark-Verwaltung, der am Dienstag vorgestellt wurde. Darin werden auf 114 Seiten die klimatischen Besonderheiten, deren Auswirkung auf die Wald-Entwicklung sowie die Entwicklung der Besucherzahlen zusammengefasst.

Nach der Ausweisung des Wolfsgebiets „Eifel – Hohes Venn“, dem dritten in NRW, zu Beginn des Monats widmet sich ein Teil des Berichts auch dem viel diskutierten Thema der Rückkehr des Wolfs in die Region. Zudem warfen die Vertreter der Nationalparkverwaltung einen Blick auf die Entwicklungen und Erwartungen in diesem Jahr.

Besucherrekord

Ein Besucherhoch ergab die Erfassung der permanenten Zählgeräte für 2018. Demnach besuchten 911787 Menschen die Nationalparkfläche, die etwa 10800 Hektar beträgt. Bei der ersten Vollerhebung, die im Jahr 2007 in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg durchgeführt wurde, waren es mit rund 450000 etwa die Hälfte gewesen. Im Zeitraum 2014/15 hatte man bereits einen deutlichen Anstieg erfassen können. 868334 Gäste hatten in dem einjährigen Zeitraum den Nationalpark besucht. 2018 war jedoch bisher das Rekordjahr.

An den Nationalparktoren wurden seit der Eröffnung insgesamt mehr als drei Millionen Besucher gezählt. An dem beliebtesten der fünf Nationalparktore, dem in Rurberg, wurde kürzlich der millionste Gast begrüßt.

Am Naturerkundungspfad „Wilder Weg“ im Kermeter wurden im vergangenen Jahr rund 62000 Besucher erfasst. 30660 waren es im Eröffnungsjahr 2014 gewesen. Das hohe Besucheraufkommen hat teilweise zur Behinderung anfahrender Reisebusse geführt, schilderte Michael Lammertz. Ein neues Parkplatz-Konzept soll dort Abhilfe schaffen.

Ein weiterer Lösungsansatz, sei es, den Anteil der Gäste, die per Bus oder Bahn anreisen, zu erhöhen. „Das Nadelöhr sind die Parkplätze“, erläuterte Lammertz. Daher begrüße man etwa die Gäste-Card für die Erlebnisregion Eifel, die neben einigen Vergünstigungen eine kostenfreie Nutzung des ÖNPV beinhalte. So könne einem „Overtourism“ vorgebeugt werden. (hab)

Im vergangenen Jahr habe es die wärmste und auch längste Vegetationsperiode seit Aufzeichnung der Klimadaten gegeben, schilderte Dr. Michael Röös, Leiter der Nationalparkverwaltung: „Der April war im Durchschnitt fünf Grad wärmer als das 30-jährige Mittel.“ Das Übertreffen der Mittelwerte um ein bis fünf Grad habe sich bis zum Dezember durchgezogen.

Die gleichzeitig extrem niedrigen oder ganz ausbleibenden Niederschläge führten zu einer unterdurchschnittlichen Wasserversorgung ab Juni. Dies führte auch im Nationalpark zu einer lang anhaltenden Sommerdürre, erläuterte er: „Das ist für Bäume nicht einfach.“

Massenvermehrung der Borkenkäfer im Nationalpark Eifel

Ein Fichtenwald etwa benötige pro Quadratmeter und Tag drei Millimeter Wasser, so Röös. Vorrätig seien etwa 100 Millimeter im Boden gespeichert: „Kommt nichts dazu, ist nach 30 Tagen Schicht. Dann müssen die Bäume ihren Stoffwechsel einstellen.“ Wo ein ökologischer Nachteil für die einen entstehe, gebe es auch immer Profiteure, berichtete er weiter. Wegen der Trockenheit sowie nach den heftigen Stürmen im Januar 2018 mit Spitzen von bis zu 140 km/h sei es zu sogenannten Fichtenholz-Anfällen gekommen.

„Damit gab es überall im Wald Holz, an dem Borkenkäfer einen Brutversuch starten konnten“, so Röös. Ergebnis sei die Massenvermehrung der Borkenkäfer gewesen: „Das war ein Jahr der Superlative und auch ein außergewöhnliches Käferjahr.“ Das habe dazu geführt, dass sich bis zu drei Generationen der Tiere entwickeln konnten.

Für dieses Jahr könne man zumindest für die Hochlagen der Eifel vorerst Entwarnung geben, sagte der Nationalparkleiter. An den zum Monitoring aufgestellten Lockstoff-Fallen habe man bei der jüngsten Leerung am 11. Juli festgestellt, dass die Entwicklung der Käfer-Population weit unterhalb der 2018er Spitze von 7000 fliegenden Käfern pro Woche liege. In der gleichen Falle bei Wahlerscheid sei nun nur einmal die Zahl von 1000 Käfern erreicht worden.

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Auswirkungen haben die Käfer auch auf den geplanten Einschlag gehabt. Röös: „Von den geplanten Kubikmetern, die wir bei der Fichte schlagen wollten, haben wir Abstand genommen und nur 20 Prozent bearbeitet.“ An angrenzenden Wirtschaftswäldern habe man in einer Pufferzone rund 9000 Kubikmeter borkenkäferhaltiges Holz entfernt. Wo es möglich sei, bleiben die abgestorbenen Fichten in den Wäldern. Mit Infotafeln sollen Besucher in diesen Bereichen auf die Besonderheiten und die eigene Verantwortung beim Betreten hingewiesen werden.

Fichten im Nationalpark Eifel hatten zu leiden

Während die Fichten unter dem Klima des vergangenen Jahres zu leiden hatten, gab es allerdings Arten, die sich genau deswegen nun im Nationalpark verstärkt angesiedelt haben. Positiv hätten sich Trockenheit und Borkenkäfer-Befall beispielsweise auf die Ausbreitung des Laubwalds ausgewirkt.

Auch habe man im Rahmen des Monitorings mehr wärmeliebende Insektenarten beobachtet, erläuterte Biologe Dr. Andreas Pardey vom Fachgebiet Forschung und Dokumentation der Schutzgebietsverwaltung. „Die Artenzusammensetzung ändert sich mit der Veränderung des Klimas“, so Pardey. Er geht davon aus, dass die Temperaturen auch weiterhin zunehmen werden.

Drei wärmeliebende Falterarten im Nationalpark entdeckt

Bei den Schmetterlingen seien mit dem Brombeer-Perlmuttfalter, dem Malven-Dickkopffalter sowie dem Kurzschwänzigem Bläuling gleich drei wärmeliebende Falterarten erfasst worden. Der Bläuling habe in Nordrhein-Westfalen eigentlich als ausgestorben gegolten. 2014 habe man bereits ein Exemplar im Nationalpark gefunden. „Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Exemplar eines Falter keinen Klimawandel-Nachweis.“

Jedoch habe sich diese Art im vergangenen Jahr regelrecht explosionsartig ausgebreitet. Das sei in den Eifeler Höhenlagen etwas Besonderes. Die Feldgrille – ebenso eine wärmeliebende Art – verbreite seit dem vergangenen Jahr „mediterranes Flair“ im Norden des Nationalparks, dem Hetzinger Wald südlich von Nideggen.

Wolf ist noch nicht im Nationalpark angekommen

Über Verlierer durch das veränderte Klimas könne man derzeit noch nichts sagen, so der Biologe. Zwar werde für die Eifel prognostiziert, dass die Niederschläge gleichblieben, sich die Verteilung über das Jahr hinweg aber ändere. Immer trockenere Sommer und feuchtere Winter hätten Nachteile für wassergebundene Tierarten, die etwa auf Tümpel als Lebensräume angewiesen seien.

Im Nationalpark scheint der Wolf noch nicht angekommen zu sein. „Wir haben noch keinen belastbaren Nachweis“, so Röös. Das Thema spielte nach der Ausweisung des Wolfgebiets trotzdem eine Rolle im Jahresbericht. „Das, was wir haben tun können, haben wir getan“, erklärte Michael Lammertz, stellvertretender Leiter des Nationalparkforstamts. 2018 habe man eine Möglichkeit zur Diskussion geschaffen, da das Thema auch und in erster Linie ein Kommunikationsthema sei.

Jahresbericht vom Nationalpark Eifel ist online abrufbar

Die Sonderausstellung des Naturschutzbunds (Nabu) „Rückkehr des Wolfs nach NRW“ sei gezeigt worden und die Ranger hätten schwerpunktmäßig informiert. Im März dieses Jahres gab es Info-Veranstaltungen in Vogelsang und an mehreren Schulen, so Lammertz. Röös gab einen Überblick zu den Förderungen, die Nutztierhalter erhalten können.

Der komplette Jahresbericht ist online abrufbar unter www.nationalpark-eifel.de.

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