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„Schornstein raucht wieder“Gemünder Brauerei setzt ersten Sud nach der Flut an

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Wirtschaftsförderin Bianka Renn fällt die Aufgabe zu, den Hopfen in den Braukessel zu schütten, während Johannes Schweizer und Anton Schmitt zusehen.

Wirtschaftsförderin Bianka Renn fällt die Aufgabe zu, den Hopfen in den Braukessel zu schütten, während Johannes Schweizer und Anton Schmitt zusehen.

Schleiden-Gemünd – Eigentlich ist es das Normalste der Welt, wenn in einer Brauerei ein Sud angesetzt wird. Zweimal pro Tag, so erläutert Geschäftsführer Johannes Schweizer, sei dies in der Gemünder Brauerei der Fall, dass angeheizt werde und die markanten, rotglänzenden Kupferkessel zum Einsatz kommen. Wenn es allerdings der erste Sud nach der Flut ist, dann stellt dieser Vorgang mehr dar – dann wird er zu einem weiteren Schritt in Richtung Normalität.

So war es nicht der Braumeister Anton Schmitt, der aus einem Plastiksack den Hopfen in die siedende Flüssigkeit rieseln ließ, die einmal ein untergäriges Eifeler Landbier werden soll, sondern in Vertretung des Schleidener Bürgermeisters die für die Förderung der lokalen Wirtschaft zuständige Bianka Renn, die den Hopfen aus einem blinkenden Metalleimer in die Öffnung gab. Bei 100 Grad wurden dann die 5000 Liter an Flüssigkeit 70 Minuten lang gekocht, bevor sie in die Lagertanks gepumpt wurden.

Fässer der Brauerei lagen in Straßen, Büschen und Gärten

Dass die Gemünder Brauerei von dem Hochwasser am 14. Juli heimgesucht worden ist, war vor allem für die Anlieger stromabwärts unübersehbar, denn die Fässer der Brauerei lagen allerorten in den Straßen, Büschen und Gärten. Schlimmer jedoch waren die Verwüstungen im Gebäude selbst. Die Lagertanks waren umgeworfen, der Dampfkessel unbrauchbar, die Elektrik zerstört und somit auch die gesamte Abfüllanlage und der komplette Fuhrpark vernichtet worden.

In einer Benefizaktion wurden die unverkäuflich gewordenen Vorräte gegen eine Spende abgegeben, ein Angebot, das kurzzeitig den Verkehr auf der Kölner Straße zusammenbrechen ließ.

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Dass es in der Brauerei weitergehen würde, war von vorneherein unstrittig. Sofort nach der Flut setzte Inhaber Wolfgang Scheidtweiler Elektriker aus dem Mutterhaus in Pforzheim in Marsch, die die größten Schäden beseitigen sollten. Die Abfüllung der noch in den Tanks lagernden Biervorräte wurde über eine Partnerbrauerei organisiert, so dass die Belieferung der Kunden wieder in Gang kam. Am 18. August wurden ein neuer Dampfkessel hochwassersicher installiert und eine neue Verrohrung eingebaut, so dass nun der reguläre Betrieb wiederaufgenommen werden konnte.

„Die Vorräte sind bald aufgebraucht“, sagte Schweizer, während er Brauer Björn Joisten beobachtete, der über die Bierspindel kontrollierte, ob das angehende Bier die korrekte Stammwürze von 12,4 Prozent hatte. „Der Schornstein raucht wieder“, freute er sich. Die Fassabfüllung laufe bereits, die Flaschenabfüllung allerdings nicht, erklärte er.

Dass damit alle Probleme vom Tisch wären, würde Schweizer wohl nicht behaupten. Denn auch die Bierbrauer sind nicht von den allgemeinen Versorgungsengpässen und den steigenden Energiepreisen verschont geblieben. „Der Malzpreis ist um 30 Prozent explodiert“, sagte Braumeister Schmitt. Die Qualität sei auch schon einmal besser gewesen, fügte Geschäftsführer Schweizer an. Außerdem seien die gestiegenen Energiepreise gerade in einer Brauerei, die viel Energie benötige, ein großes Thema.

Bei Sonderaktion wird „Flutbier“ angeboten

Etwa in sechs Wochen wird das nun produzierte Bier in den Handel kommen. Die an diesem ersten Tag hergestellten 100 Hektoliter Bier werden in einer Sonderaktion als „Flutbier“ angeboten. „Wir werden einen Euro pro Kasten an die Spendenkonten der Stadt geben“, kündigte Schweizer an. Für die Fans des traditionellen „Eifelböckchens“ hatte er eine gute Nachricht: „Das Bockbier ist ab der zweiten Novemberhälfte verfügbar.“ Zwar sei das Bier auswärts gebraut worden, aber nach den Eifeler Rezepturen. „Wir wollten nicht darauf verzichten“, so Schweizer.

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