Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bundesweites ProjektWarum Forscher im Nationalpark Eifel jetzt die Lauscher aufspannen

4 min
Fotos von Wildtierfotofallen im Nationalpark Eifel, hier: eine Wildkatze, die ganz nah ans Objektiv herangekommen ist.

Was ihre Neugier angeht, unterscheiden sich Wildkatzen kaum von ihren domestizierten Verwandten. Zum großen Lauschangriff setzen im Nationalpark Eifel jetzt aber Wissenschaftler an.

Für ein bundesweites Forschungsprojekt werden in der Eifel Ton- und Bildaufnahmen gemacht. Die KI hilft den Forschern bei der Auswertung.

Ab sofort werden im Gebiet des Nationalparks Eifel im großen Stil Daten in Form von Bild- und Tonaufnahmen gesammelt, die den Forschenden neue Erkenntnisse zu Artenvielfalt, Tierpopulationen, Umweltfaktoren und menschlichen Einflüssen verschaffen sollen. Bei der Auswertung der riesigen Datenmengen, die dabei anfallen, werden die Wissenschaftler durch die Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt.

Es ist das erste, schutzgebietsübergreifende Monitoringprojekt, das Biodiversität, Klimafaktoren und menschliche Nutzung gemeinsam erfasst und auswertet. Das Projekt heißt „KI-Nationalpark“ und wird vom Verein Nationale Naturlandschaften, dem Dachverband der deutschen Großschutzgebiete, koordiniert und gemeinsam mit der Universität Freiburg sowie der biometrio.earth GmbH umgesetzt.

13 Nationalparks in Deutschland sind am Forschungsprojekt beteiligt

Das bundesweite Forschungsprojekt, das aktuell in 13 Nationalparks und zwei Wildnisgebieten in ganz Deutschland durchgeführt wird, läuft bis zum Jahr 2027. Im Nationalpark Eifel sind die Vorbereitungen nun abgeschlossen: Das Forschungsteam der Nationalparkverwaltung hat dafür mehr als 60 Standorte mit Fotofallen und Messgeräten eingerichtet. „Die Standorte liegen über die gesamte Fläche des Schutzgebietes verteilt“, berichtet Sönke Twietmeyer, der im Fachgebiet Forschung und Dokumentation tätig ist.

Sönke Twietmeyer kniet neben einem Baum auf dem Waldboden, um einen Audio-Logger für eine Messreihe aufzustellen.

An 60 zufällig ausgewählten Standorten im Nationalpark haben Sönke Twietmeyer und seine Kollegen aus der Forschungsabteilung der Nationalparkverwaltung Fotofallen und Audio-Logger installiert. Bei der Datenauswertung hilft die Künstliche Intelligenz.

Fotos von Wildtierfotofallen im Nationalpark Eifel, hier: ein Dachs.

Das Wildtiermonitoring mithilfe von Fotofallen betreibt der Nationalpark Eifel bereits seit einigen Jahren. Auch dieser überraschte Dachs wurde dabei abgelichtet.

Jeder der zufällig ausgewählten Standorte wurde mit einer Fotofallenkamera ausgestattet, 30 Standorte zudem mit zwei Ton-Aufzeichnungsgeräten, sogenannten Audiologgern, für Geräusche im hörbaren- sowie im Ultraschallbereich und einem zusätzlichen Klimamessgerät. „Die Geräte zeichnen Vogelstimmen, Fledermäuse, Säugetiere oder Geräuschquellen wie Forstmaschinen und Freizeitaktivitäten auf“, ergänzt Sebastian Flinkerbusch, der ebenfalls zum Forscher-Team des Nationalparks gehört und das Audio-Monitoring betreut.

Zur Datenauswertung setzen die Naturforscher auf KI

Die Künstliche Intelligenz (KI) wertet die Daten automatisch aus. Dazu werden Ton- und Bildaufnahmen in Datenbanken hochgeladen und von der KI mit bekannten Aufnahmen verglichen. So sollen Tierarten identifiziert, menschliche Störungen erfasst und Zusammenhänge zwischen Klima, Biodiversität und Nutzung sichtbar gemacht werden. „Im Mittelpunkt steht die Frage, ob man generelle Aussagen dazu treffen kann, welche Auswirkungen Störungen durch menschliche Einflüsse auf die Entwicklung der Biodiversität haben“, erklärt Twietmeyer den Zweck des Projekts: „Interessant ist dabei zum Beispiel auch, welche Tierarten besonders störempfindlich sind.“

Die Fotofallen und Audio-Logger sind mit Speicherkarten ausgestattet, die regelmäßig ausgetauscht werden müssen. „Speziell bei der Tonaufzeichnung fallen riesige Datenmengen an“, erklärt Flinkerbusch: „Vogelstimmen kann die KI bereits recht zuverlässig bestimmen. Im Ultraschallbereich gibt es aber noch keine fertigen Programme für die Auswertung. Das Projekt dient in diesem Bereich also auch zum Training der KI.“

Indem Großschutzgebiete wie der Nationalpark Eifel weitgehend ungestörte Naturprozesse ermöglichten, wirkten sie auch als bedeutende CO₂-Senker und Hotspots der Biodiversität, teilt die Nationalparkverwaltung anlässlich des Projektstarts mit. Das Forschungsprojekt stärke daher die deutschen Nationalparks und Wildnisgebiete in dieser Funktion und schaffe die Grundlage für ein standardisiertes Vorgehen im Bereich Management und Monitoring, heißt es weiter von der Nationalparkverwaltung in Gemünd.

Projekt leistet wichtigen Beitrag zum Erhalt des deutschen Naturerbes

Das bundesweit einzigartige Vorhaben wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUKN) im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK), Förderlinie „KI-Leuchttürme“, gefördert.

Neben der technischen Entwicklung werden durch die Teilnahme an dem Projekt auch die Fachverwaltungen vor Ort geschult und in den Aufbau des Monitorings eingebunden. Am Ende sollen daraus konkrete Handlungsempfehlungen für das Schutzgebietsmanagement abgeleitet werden. „Dabei werden nicht nur standardisierte Verfahren zur Erfassung von Biodiversität und Störungen vorliegen, sondern auch ergänzende Bestandsaufnahmen der Artenvielfalt in den beteiligten Gebieten“, so die Nationalparkverwaltung. Damit leiste das Projekt einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des deutschen Naturerbes und zur Weiterentwicklung naturbasierter Lösungen im Klimaschutz.

Interessanter Zufallsfund: Das Reich des Wachtelkönigs in der Nordeifel

„Die Erprobung der Methodik inklusive der Datenauswertung mit KI-Unterstützung: das steht bei dem Forschungsprojekt im Mittelpunkt“, sagt Twietmeyer: „Trotzdem ist es natürlich sehr gut möglich, dass uns auch wieder ein paar schöne Zufallsfunde vor die Linsen der Fotofallenkameras laufen.“

Neben Wölfen, Wildkatzen und Waschbären geraten auch immer wieder einige unscheinbarere Arten in den Fokus. „Im vergangenen Jahr haben wir bei unserem bereits seit einigen Jahren laufenden Wildtiermonitoring zum Beispiel erstmals einen Wachtelkönig im Nationalparkgebiet nachgewiesen“, freut sich Twietmeyer. Der auch Wiesenralle oder Wiesenknarrer genannte Vogel gilt als vom Aussterben bedroht.


Forscher im Nationalpark Eifel legen Wert auf Datenschutz

Besucher des Nationalparks sowie der übrigen beteiligten Schutzgebiete in ganz Deutschland müssten sich hinsichtlich des Schutzes ihrer Daten keine Sorgen machen, so Sönke Twietmeyer vom Forscher-Team: „Wer sich an das bestehende Wegegebot im Nationalparkgebiet hält, läuft nicht Gefahr, von einer der Fotofallen abgelichtet zu werden.“

Sollten dennoch Menschen von den an zufällig ausgewählten Standorten platzierten Kameras fotografiert werden, werden die Aufnahmen automatisiert verpixelt, so der Forscher weiter. Zur Auswertung durch die KI werden die Fotos in eine Datenbank der beteiligten Projektpartner hochgeladen.

„Auch die Audio-Logger zur Tonaufzeichnung haben ihre Standorte nicht in direkter Nähe der Wanderwege“, ergänzt Forscher-Kollege Sebastian Flinkerbusch. Es sei also ausgeschlossen, in normaler Lautstärke geführte Gespräche von Wanderern oder Radfahrern aufzuzeichnen. „Außerdem werden pro Stunde nur sechs Tonaufnahmen von jeweils einer Minute Länge gemacht“, sagt Flinkerbusch.

Um über das Monitoring-Projekt sowie die Bild- und Tonaufzeichnungen, die in diesem Zusammenhang gemacht werden, zu informieren, will die Nationalparkverwaltung in Kürze noch entsprechende Hinweisschilder für Besucher an einigen besonders stark frequentierten Nationalpark-Zugängen installieren, sagte Twietmeyer.