Für die TiereBis zum letzten Atemzug im Einsatz

Bei Diana Farwerk spazieren die Hühner auch durch das Wohnzimmer.
Copyright: Stephan Everling
Schleiden-Bronsfeld – Manchmal erlangen Allgemeinplätze eine tiefe Bedeutung. „Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich für die Tiere kämpfen“, sagt Diana Farwerk mit entschlossenem Blick. Starke Worte für eine Frau, die seit ihrer Geburt lungenkrank ist, seit 17 Jahren Sauerstoff braucht und mittlerweile noch eine weitere Lungenkrankheit bekommen hat. Doch wer die 46-Jährige kennenlernt, merkt, dass diese Worte nicht einfach so dahergesagt sind.
Denn Farwerk hat ihr Leben den Tieren gewidmet. Ihre besondere Liebe gilt den Vögeln, bei denen sie ihr großes Talent einbringen kann. Sie vermag es, verwaiste Vogelbabys aufzupäppeln und großzuziehen. Wenn im Sommer Brutzeit ist, dann sind in ihrem Wohnzimmer manchmal 50 bis 60 kleine Vögelchen, die regelmäßig Versorgung benötigen.
Im Winter ist es ruhiger
Jetzt im Winter ist es ruhiger. Nur ein behinderter Kanarienvogel ist als Logiergast im großen Wohnzimmer, um wieder auf die Beine gebracht zu werden. Ansonsten gehört der Raum den Menschen, den vier Hunden – und den Hühnern. Denn im Hause Farwerk ist das Revier der 15 Hennen und zwei Hähne nicht auf den Garten beschränkt. Wenn die Tür aufgeht, spazieren die Hühner ganz selbstverständlich hinein, inspizieren das Futterangebot, werfen einen Blick auf das Fernsehprogramm. „Am liebsten mögen sie Fußball, da ist das Gras so grün“, verrät Farwerk schmunzelnd.

Die Hecke ein Paradies für Singvögel, der Garten für Hühner und alles eines für Diana Farwerk.
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Tiere kommen aus dem Tierschutz
Die Tiere in ihrem Haushalt stammen alle aus dem Tierschutz. Die Hunde kommen aus Rumänien über den Verein Pro Animals Deutschland, der sich dort mit Kastrationsaktionen für Straßenhunde engagiert. Die Hühner sind von der Organisation „Rettet das Huhn“ vermittelt worden. Gerade sind zwei Neuankömmlinge eingetroffen, die aus Massentierhaltung gerettet wurden. Der Tierschutz ist Farwerk in die Wiege gelegt worden. „Ich bin durch meinen Vater dazu gekommen“, sagt sie. Eigentlich sei er gelernter Metzger gewesen, doch bei ihm sei jedes Tier versorgt worden: „Er konnte es dann nicht mehr übers Herz bringen, Tiere zu schlachten.“ Wenn Menschen ihm Tiere zum Schlachten gebracht hätten, dann habe er oft Fleisch gekauft, es den Leuten gegeben – und die Tiere behalten.
Im Sommer seien sie in den Wald gegangen, um Frösche mit Wasser zu versorgen. „Als Kind war ich immer im Wald, um dort mit Tieren zu sein, denn die Menschen fand ich gemein.“ Als sie acht Jahre alt geworden sei, habe sie von ihren Eltern ihr größtes Geschenk bekommen, ein Bullenkalb. Das Tier sei riesig geworden, doch eines Tages mussten die Eltern den Bullen aus Geldnot verkaufen. „Seitdem esse ich kein Fleisch mehr.“

Gepäppelt wird zur Zeit dieser Kanarienvogel, der flugunfähig ist.
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Gerade heutzutage könne sie nicht verstehen, dass Menschen bedenkenlos Fleisch essen. Wenn jemand Fleisch essen wolle, sei es möglich, regional einzukaufen, zum Beispiel direkt beim Bauern. Sie versuche, möglichst viele Menschen zum Umdenken zu motivieren.
Ihr Faible für Nestlinge begann vor rund 22 Jahren, als sie einen kleinen, hilflosen Vogel fand. Seitdem pflegt Farwerk Babyvögel, Nestlinge oder verletzte Tiere. In ihrer Obhut waren schon Sperber, Mäusebussarde, Tauben, Dohlen, Rabenvögel und jede Menge Singvögel. Doch auch ein Reh, Igel oder zwei Füchse hat sie erfolgreich großgezogen. Mittlerweile ist sie auch für den Nabu tätig. Rund 200 Tiere hat sie 2021 aufgezogen und ausgewildert. „Im Sommer steht das ganze Wohnzimmer voll mit Softboxen“, sagt sie schmunzelnd.

Diana Farwerk päppelt aus dem Nest gefallene Jungvögel auf.
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Wenn die Vögel nach der erfolgreichen Aufzucht freigelassen werden, ist das ein emotionaler Moment. „Wenn die wegfliegen, dann knatsche ich“, gibt sie zu. So viele Gefahren würden auf ihre kleinen Schützlinge warten, wenn sie sich auf den Weg nach Süden machen oder versuchen, hier zu überleben: „Ich würde mir wünschen, sie blieben bei Mama, da baut man eine Verbindung auf.“
Doch sie sei sehr stolz darauf, der Natur etwas zurückzugeben. „Die Menschen engen die Natur zu sehr ein und nehmen den Lebensraum weg“, moniert sie. Deshalb gebe es immer mehr zu päppeln. Das sei die Art, wie die Menschen heute lebten. „Sie wollen immer mehr, keiner ist mehr zufrieden“, so Farwerk.
Garten gleicht einem Tierparadies
In ihrem Garten hat sie ein Tierparadies geschaffen. Die Hecke scheint lebendig zu sein, so viele Spatzen tummeln sich an diesem Januartag darin. Die Hühnerställe sind mit automatischen Türen versehen, damit die Tiere in Sicherheit vor dem Fuchs sind. Im Sommer bleiben Unkräuter und Brennnesseln stehen, damit auch die Insekten Lebensraum haben.
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Mittlerweile ist die viele Arbeit für Farwerk kaum noch zu bewältigen: „Alleine schaffe ich es nicht mehr, seit vor einem Jahr eine weitere Lungenkrankheit dazugekommen ist.“ Doch sie habe Unterstützung durch ihren Lebensgefährten Stefan Klaßen, ihre Tochter Michelle Rupp und ihre Freundin Sylvia Mittag. Aber aufgeben will sie nicht: „Ich will dem lieben Gott zeigen, es gibt auch andere Menschen.“ Bis zum letzten Atemzug.