Im Wohnraum der Alten Tuchfabrik in Euskirchen trafen sich am Wochenende bei der Tattoo-Convention Fans der Tätowier-Kunst.
Tattoo-ConventionIn Euskirchen entstand Kunst, die unter die Haut geht

Ausführliche Beratungsgespräche gehören für Sarah Kroll und Tätowierer Zlatan Jungbluth vor jedem Tattoo dazu.
Copyright: Cedric Arndt
Unter Seefahrern gehörten Tätowierungen schon immer zum guten Ton. Ob als Symbol der Zugehörigkeit oder auch als Glücksbringer für gefährliche Überfahrten, erfreuten sich die unter die Haut gestochenen Kunstwerke großer Beliebtheit. Diese Faszination ist mittlerweile jedoch weit über die Schifffahrt hinaus etabliert und im alltäglichen Leben angekommen.
Das wird nicht nur bei einem Blick auf zahlreiche Profisportligen, bei denen immer mehr Athleten mit den farbenfrohen Bildern auf der Haut zu sehen sind, oder auch der Musikbranche deutlich, deren Stars sich ebenfalls mit fantasievollen Motiven schmücken. „Ich hatte auch schon viele Kunden, die als Anwälte tätig sind oder bei der Bank arbeiten“, berichtet Jürgen „Jojo“ Kastenholz, Veranstalter der Euskirchener Tattoo-Convention. „Die sind dann zwar meist unter der Arbeitskleidung versteckt, aber auf einen bestimmten Personenkreis lassen sich Tattoos schon lange nicht mehr eingrenzen.“
Beratungsgespräche gehören auch auf der Convention in Euskirchen dazu
Die Vielfalt der Motive ist dabei so abwechslungsreich, wie es die Menschen selbst sind. Und immer moderneres Equipment eröffnet zunehmend neue Möglichkeiten für detailreiche Kunstwerke. „Jeder sollte sich vorher Gedanken machen, was für ein Typ Mensch man ist, welche Hobbys und Interessen man hat und welche Motive dazu passen könnten“, sagt Kastenholz. „Denn so ein von Profis gestochenes Tattoo bleibt für die Ewigkeit. Das sollte nicht mal so nebenbei entschieden werden.“

Eric Breker nutzt Techniken, wie sie schon die Wikinger vor Tausenden Jahren anwendeten; rechts im Bild: Stammkunde Guido Bedbur.
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Inspirationen dazu bot die Tattoo-Convention im Wohnraum der Alten Tuchfabrik in Euskirchen eine Menge. Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler präsentierten den interessierten Besuchern ihre bereits in der Vergangenheit gestochenen Werke, erstellten nach Kundenwunsch individuelle Motive oder gaben Tipps, die eine Entscheidung für ein Tattoo erleichtern sollten. „Ein Tattoo ist aus meiner Sicht niemals etwas Spontanes, schließlich läuft man dann wahrscheinlich für den Rest seines Lebens damit rum“, betonte Sarah Kroll: „Ein ausführliches Beratungsgespräch gehört für mich einfach dazu. Da beginnt aus meiner Sicht schon die Qualität eines guten Tätowierers.“
Der Künstler ihres Vertrauens, Zlatan Jungbluth, zählte am Wochenende ebenfalls zu den Ausstellern der Messe und stimmte dieser Einstellung zu: „Die Haut ist das größte Organ des menschlichen Körpers. Trotzdem kann man einen einmal gemachten Fehler nicht einfach wieder löschen. Vertrauen ist daher ein ganz wichtiger Faktor zwischen Artist und Kunde.“
Nicht vergessen: Tattoos halten länger als so manche Partnerschaft
Für sein allererstes Tattoo hatte Guido Bedbur hingegen auf ein solches Beratungsgespräch verzichtet und war einer spontanen Eingebung gefolgt. „Ich ging damals noch zur Schule und wollte meine Freundin beeindrucken. Darum habe ich mir ein Herz mit einem ‚i‘ darin stechen lassen.“ Während diese Beziehung kurz darauf bereits in die Brüche ging, hielt das Tattoo deutlich länger. Dennoch habe er die Entscheidung niemals bereut.
„Das Leben ist zu kurz, und manchmal sollte man einfach machen. Glücklicherweise gibt es inzwischen Möglichkeiten, alte Motive zu überstechen und etwas Neues daraus zu machen.“ Aus dem Herzen sei im Laufe der Jahre dank der sogenannten Cover-up-Technik, bei der alte Motive in größere Kunstwerke integriert und dabei verändert werden, zunächst ein Pantherkopf und aktuell ein Abbild eines Harley-Davidson-Motorrads entstanden.
Alte Tätowier-Techniken der Wikinger neu entdeckt
Doch nicht nur die Motive, sondern auch die Techniken haben sich im Laufe der Zeit immer weiter verfeinert. Dabei reiche die Geschichte des Tätowierens wahrscheinlich sogar über viele Jahrtausende zurück, wie Tattookünstler Eric Breker erklärte: „Schon in der Bibel steht, die Menschen sollen sich nicht ritzen und zeichnen lassen. Das können schon Anspielungen auf Tattoos gewesen sein.“
Auch die alten Wikinger, deren Geschichte die zweite Leidenschaft Eric Brekers bildet, seien bereits in dem Bereich der gestochenen Kunst bewandert gewesen. „Da ich auch viel auf Mittelaltermärkten unterwegs bin, habe ich angefangen mich für die Werkzeuge zu interessieren, die damals verwendet wurden. Und ich habe einige davon nachgebaut.“
Diese ersten Nachbauten kommen auf Kundenwunsch sogar heute noch zum Einsatz. „Fischgräten als Nadeln benutze ich dabei natürlich heute nicht mehr, aber ich setze jeden Stich einzeln und ohne eine Maschine.“ Moderne Hygienemaßnahmen treffen so auf Nachbildungen historischer Werkzeuge und vereinen sich immer wieder zu beeindruckenden Kunstwerken.
Werke, die von Hunderten Besuchern der Tattoo-Convention bewundert wurden, ganz zur Freude von Organisator Jojo Kastenholz: „Tattoos sind längst über die einfachen Zeichnungen von Schiffsankern hinausgewachsen. Sie sind eine eigene Kunstform. Darum freue ich mich über jeden, der heute hier mit einem Lächeln rausgeht, weil er genau wie ich diese Kunstform kennen und schätzen gelernt hat. Und hoffentlich im nächsten Jahr wieder zu dieser Tattoo-Convention kommen wird.“