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HandwerkEuskirchener Friseurin führt ihren Salon seit 50 Jahren

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Martha Bungart bedient eine Kundin, die vor einem Spiegel sitzt. Im Hintergrund sind zwei ihrer Mitarbeiterinnen zu sehen.

Martha Bungart arbeitet auch mit 73 noch täglich in dem Salon, den sie seit 50 Jahren führt.

Martha Bungart machte sich 1975 in Euskirchen selbstständig. Schon als 21-Jährige hatte sie die Meisterprüfung bestanden. Sie arbeitet immer noch.

Mit ihrem Geschäft am Annaturmplatz hatte Martha Bungart offenbar genau den Geschmack der Kundschaft getroffen. „Wir hatten ein Konzept, das es in der Stadt bis dahin nicht gab“, erzählt die Euskirchenerin. Wer zu ihr kam, betrat nicht nur einen Friseur- und Kosmetiksalon, sondern gleichzeitig eine Boutique mit Bekleidung und Accessoires für die Dame. „Ich erinnere mich an bestimmte Pullover und Lederjacken, die hat man uns regelrecht aus der Hand gerissen, obwohl sie alles andere als billig waren, derart gut kamen sie an.“

Aus der Textilbranche hat Martha Bungart sich längst zurückgezogen, ihren Salon „Bungart Friseure“ betreibt sie immer noch. Seit 50 Jahren ist sie selbstständig – eine Zahl mit Seltenheitswert.

Ich wollte immer nach vorne. Auf der Stelle tanzen macht mir keinen Spaß.
Martha Bungart

Ihr Ehemann Matthias Bungart, mit dem sie zwei Töchter hat, nennt sie eine „Pionierin mit Herz und Schere“. Sie selbst beschreibt sich so: „Ich wollte immer nach vorne, immer Neues ausprobieren, mich weiterentwickeln. Auf der Stelle tanzen macht mir keinen Spaß.“

Martha Bungart wuchs in Liblar auf. Nach dem Abschluss an der   Volksschule ging sie in Köln in die Lehre, in einem Salon an der Hohe Straße. Da war sie 14 Jahre alt. „Die Großstadt hat mich fasziniert, und die Arbeit machte mir von Anfang an Spaß.“ Die Ausbildung dauerte drei Jahre. Als Gesellin blieb sie in Köln, sie wechselte zunächst nach Klettenberg, dann in einen Herrensalon am Rudolfplatz.

Zu jung – Kölner Handwerkskammer ließ sie nicht zur Meisterschule zu

Mit ihrem frühen Versuch, sich bei der Handwerkskammer Köln zur Meisterschule anzumelden, scheiterte sie. Man musste fünf Gesellenjahre nachweisen – so weit war sie noch lange nicht. „Komm' in drei Jahren noch mal wieder“, habe man ihr gesagt.

In Düsseldorf aber, wo sie den zweiten Anlauf unternahm, sah man die Dinge nicht so streng. Obwohl ihr die vorgeschriebene Berufserfahrung immer noch fehlte, wurde sie auf der Meisterschule angenommen. Nur vier Monate später hielt sie 1973 voller Stolz den Meisterbrief in der Hand, mit gerade einmal 21 Jahren. „Zum Stoff der Meisterprüfung gehörten noch Anatomie und Stilkunde. Das waren Relikte aus alter Zeit.“

In Euskirchen hatte Martha Bungart mit 23 Jahren drei Angestellte

Ein Jahr später heiratete sie Matthias Bungart. Das Paar zog nach Euskirchen, wo Martha Bungart zuerst als Angestellte arbeitete. 1975, vor mittlerweile fünf Jahrzehnten, wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit: Sie übernahm den Salon Strang an der Frauenberger Straße. Als 23-Jährige war sie nun Chefin von drei Angestellten.

„Die drei wollen alle zu unserer Jubiläumsfeier kommen. Das freut mich sehr“, sagt Martha Bungart mit Blick auf das Goldjubiläum, das sie am 30. August mit Kundinnen, Kunden und langjährigen Wegbegleitern begehen will.

Die Sonnenbank im Friseursalon war der Hit

Seit 1980 befindet sich ihr Domizil am Annaturmplatz. Dort hatten die Eheleute in einer Baulücke ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet. „Diese Kombination ermöglichte es meiner Frau, Familie und Beruf unter einem Dach vereinen“, sagt Matthias Bungart. Im Erdgeschoss war die junge Friseurmeisterin nicht nur in ihrem Hauptmetier aktiv: Sie verkaufte, wie erwähnt, darüber hinaus Bekleidung und Kosmetikartikel („Das lohnte sich allerdings nur so lange, bis Douglas eine Filiale in Euskirchen eröffnete“) und lockte zudem mit einer Sonnenbank und einem Gesichtsbräuner Kundschaft an: „Die waren beide zehn Stunden am Tag ausgebucht.“

Matthias Bungart, der lange in höherer Position im   Straßenbau tätig war und noch heute in der Immobilienbranche zu Hause ist, arbeitet im Betrieb seiner Frau im Hintergrund mit   und ist stets involviert, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Dreimal seit der Eröffnung am Annaturmplatz erneuerte „Bungart Friseure“ die komplette Einrichtung, zuletzt, als die Inhaberin immerhin schon 67 war: „Ich will einen modernen Salon haben, keinen altbackenen“, sagt sie.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt Martha Bungart, der eine andere Frau einen Schlüssel übergibt.

Mit der Übernahme des Salonschlüssels begann für Martha Bungart 1975 die Selbstständigkeit.

Die „Boss Lady“, wie ihr Mann sie auch bezeichnet, hatte in den Spitzenzeiten zwölf Beschäftigte, darunter bis zu fünf Auszubildende. Bungart schwärmt von ihrem heute siebenköpfigen Team, gleichzeitig sagt sie: „Es ist schwer, gutes Personal zu finden.“ Ihr Beruf sei nicht mehr so attraktiv wie in vergangenen Zeiten: „Am Thomas-Eßer-Berufskolleg gibt es keine Friseurklasse mehr, früher waren es drei.“

Sie ist immer darauf bedacht, auch junge Leute zu beschäftigen, um mit ihnen eine junge Kundschaft zu binden. „Weiterbildungen und Schulungen gehören bei uns zum Alltag. So bleibt mein Team am Puls der Zeit“, sagt Martha Bungart und nennt Haarverlängerungen und bestimmte Färbetechniken als Beispiele. Gleichzeitig setzt sie auf Kontinuität, was sich ebenfalls auszahlt: „Sonst hätte ich nicht eine ganze Reihe von Kundinnen, die schon seit 1980 zu mir kommen.“

Die Jubilarin steht auch mit 73 Jahren täglich im Salon. Und der Ruhestand? „Natürlich mache ich mir darüber Gedanken. Ich weiß aber nicht, wann ich aufhöre. Klar ist auf jeden Fall, dass mir das sehr, sehr schwerfallen würde, weil die Arbeit mir so viel Spaß macht.“