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Schiffsoffizier auf der AidasolIn der ganzen Welt zuhause, doch in Euskirchen daheim

5 min
Federico Sass aus Euskirchen ist Chief Purser der Aida-Kreuzfahrtflotte. Hier steht er in seiner weißen Dienstkleidung vor einem Schiff.

Rundum glücklich und der Blick geht über den Horizont hinaus: Federico Sass aus Euskirchen ist Chief Purser der Aida-Kreuzfahrtflotte.

Der Euskirchener Federico Sass hat seinen Traumberuf gefunden: Er arbeitet als „Chief Purser“ auf dem Kreuzfahrtschiff Aidasol.

Von Brigitte Geiselhart

Beim Blick auf die Arbeitsumgebung dieses Mannes kann man wirklich leicht ins Schwärmen geraten. Man hat eine atemberaubende Aussicht aufs offene Meer. Wenn man Glück hat, sieht man sogar einen Schwarm Delfine vorüberziehen. „Ja, ich habe wirklich den schönsten Arbeitsplatz der Welt“, sagt Federico Sass mit ansteckendem Lachen. Als „Chief Purser“ auf der Aidasol ist er auf den Meeren der Welt zuhause – und pflegt doch seine Wurzeln zur Heimat.

September 2025. Die Aidasol ist mit knapp 2000 Passagieren und etwa 650 Besatzungsmitgliedern aus über 30 Nationen unterwegs, um durch die norwegischen Fjorde, England, Schottland, Shetland, Irland oder Island zu touren. Mit an Bord ist Federico Sass. Er ist immer gut drauf – und das nicht nur, weil die klimatischen Bedingungen dazu einladen, mit der Sonne um die Wette zu strahlen. Immerwährender Urlaub? Nein, dafür eine anstrengende Sieben-Tage-Woche.

Wie der Zahlmeister eines schwimmenden Hotels

Als Chief Purser der Aida-Kreuzfahrtflotte und hat der 36-Jährige einen der verantwortungsvollsten Offiziersposten an Bord inne. Er leitet die Administration, kümmert sich um Finanzen, Gästebetreuung und Behördenkontakte und ist damit so etwas wie der Zahlmeister eines schwimmenden Hotels. Für ihn ist es ein Traumjob, auch wenn er bedeutet, dass er vieles in der Heimat verpasst – Geburtstage, Hochzeiten, Karneval oder die Kirmes, die für einen Rheinländer eigentlich zum festen Jahreslauf gehören.

Das weiß-blau lackierte Kreuzfahrtschiff mit Auge und rotem Mund ist vor Anker gegangen.

Die Aidasol im Hafen von Lerwick (Shetland).

Aufgewachsen ist Federico Sass in Euskirchen, wo er die Willi-Graf-Realschule besuchte, Akkordeon spielte, bei der Malteser-Jugend aktiv war und einen Freundeskreis fand, mit dem er bis heute verbunden ist. Nach der Schule wechselte er ans Thomas-Eßer-Berufskolleg, begann zunächst sein Fachabitur, orientierte sich dann aber in Richtung Hotelfach.

Berufsausbildung im Phantasialand in Brühl absolviert

Die Ausbildung absolvierte er im Phantasialand in Brühl – für ihn ein besonderer Ort, wie er erzählt. „Das war viel abwechslungsreicher als ein normales Stadthotel, dort habe ich eine unglaublich gute Zeit gehabt.“

Bereits 2004 verbrachte er mit seinem Vater einen Urlaub auf der Aidaaura. Diese erste Erfahrung mit der Kreuzfahrtflotte blieb hängen. Später, auf einer Hotelfachmesse, traf er erneut auf das Aida-Team und fasste spontan den Entschluss, sich zu bewerben. „Das war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, ohne dass meine Familie etwas davon wusste. Meine Großeltern waren begeistert, sie schauten regelmäßig das Traumschiff und waren stolz, dass ihr Enkel selbst zur See fährt.“ Im Juli 2012 begann sein erster Einsatz als Rezeptionist auf der Aidadiva.

Federico Sass arbeitet in weißer Uniform am Schreibtisch an einem PC.

Das Büro von Chief Purser Federico Sass ist klein, aber effizient eingerichtet – und er ist ohnehin für viele Gespräche auf dem großen Schiff unterwegs.

Leben und Arbeit an Bord waren wie ein Sprung ins kalte Wasser. „Im Hotel an Land ist man hauptsächlich mit Check-in und Check-out beschäftigt, mit Reservierungen und Reklamationen. An Bord ist die Rezeption viel mehr – Informationspunkt, Reklamationsstelle, Schnittstelle für alles, was Gäste beschäftigt. Und das bei Schiffen mit mindestens 2200 Passagieren.“

Euskirchen ist mein Heimathafen. Dort sind meine Freunde, meine Familie, dort ist die Eifel, die Therme. Und natürlich die rheinische Lebensart.
Federico Sass, Chief Purser der Aidasol

Die Karriere des jungen Seefahrers entwickelte sich rasant. Schon 2013 wurde er Crew Purser und arbeitete an der Einführung eines neuen digitalen Zeiterfassungssystems für die Mannschaft mit. „Wir waren das Pilotschiff, haben mit Entwicklern direkt an Bord gearbeitet und Crewmitglieder trainiert. Das war spannend und hat mich geprägt.“

Zwei Jahre später wechselte er zurück in die klassische Administration, wurde First Purser und übernahm Verantwortung für die Kommunikation mit internationalen Behörden. Ob Treibstofflisten, Zollformalitäten oder Passagierzahlen – alles musste korrekt dokumentiert sein. 2017 folgte dann der Schritt zum Chief Purser. Mit gerade einmal 27 Jahren war er einer der jüngsten Offiziere der Flotte.

Euskirchener leitet auf dem Schiff ein Team von zehn Mitarbeitern

Heute leitet er ein Team von zehn Mitarbeitenden, das sich um Rezeption, Abrechnungen, Finanzplanung, Währungswechsel, An- und Abfahrtsformalitäten in den Häfen und vieles mehr kümmert. „Manchmal ist man auch ein wenig Politiker“, sagt er, „denn nicht überall auf der Welt laufen die Dinge nach demselben Schema. Also braucht es oft Fingerspitzengefühl und Geduld.“

Besonders herausfordernd seien Häfen in Asien, während vieles in Europa inzwischen standardisiert sei. Trotz der enormen Verantwortung empfindet er seine Position nicht als Belastung, sondern als Chance. „Unser Lächeln kommt von Herzen. Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft. Und das funktioniert nur, wenn alle Zahnräder ineinandergreifen – vom Klempner über die Housekeeping-Crew bis zum Nautiker. Ohne Team funktioniert kein Schiff.“

Die Genannten besprechen sich an einem Tisch an der Rezeption des Schiffs.

Auf dem Schiff funktioniert die Crew wie die Zahnräder einer Uhr, es kommt auf jeden an. Damit alles reibungslos funktioniert, müssen viele Absprachen getroffen werden. Federico Sass (l.) mit einigen Kollegen.

Das Leben an Bord hat seine eigenen Gesetze. Sieben Tage die Woche, klare Schichtpläne, ein enges Miteinander in einer internationalen Mannschaft. „Es ist wie eine große Familie. Man kennt sich oft über Jahre, trifft Kollegen auf verschiedenen Schiffen wieder und baut sich ein Netzwerk auf.“

Wenn er nach Monaten nach Hause zurückkehrt, genießt er die kleinen Dinge: ein Kölsch mit den Freunden, der erste Einkauf im Supermarkt, bei dem er sich vor lauter Auswahl kaum entscheiden kann. Federico Sass war auf fast allen Schiffen der Aida-Flotte im Einsatz, nur die Perla fehlt ihm noch. Europa, Kanada, Südafrika, Asien – seine Liste an Reisezielen ist lang. „Brasilien und Japan fehlen mir noch. Aber schon jetzt kann ich sagen: Wer kann etwa behaupten, abends auf Haiti ein Bier getrunken zu haben?“

Es gibt noch weiße Flecken auf meiner Weltkarte. Und solange die Neugier da ist, packe ich meine Koffer und fahre wieder los.
Federico Sass

Trotz der weiten Welt „ist Euskirchen mein Heimathafen. Dort sind meine Freunde, meine Familie, dort ist die Eifel, die Therme. Und natürlich die rheinische Lebensart. Ich kenne keinen, der jemals in Köln war und gesagt hat, es hätte ihm nicht gefallen.“

Für ihn ist klar: Der Schritt aufs Schiff war die richtige Entscheidung. „Für mich ist es ein Traumjob. Man muss der Typ dafür sein. Aber Aida bietet Sicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten und Chancen. Selbst in der Pandemie konnten wir uns auf das Unternehmen verlassen.“

Seine Zukunft sieht er weiterhin auf See. „Es gibt noch weiße Flecken auf meiner Weltkarte. Und solange die Neugier da ist, packe ich meine Koffer und fahre wieder los.“


200 verschiedene Berufe an Bord

An Bord der Aida-Schiffe sind rund 200 verschiedene Berufsbilder vertreten, sowohl in den klassischen Bereichen wie Nautik, Technik oder Hotellerie- und Gastronomie, aber auch in Bereichen wie Wellness, Sport, Tourismus, Betriebswirtschaft oder Entertainment. Hierzu gehören zum Beispiel Spa-Therapeuten, Tauchlehrer, Licht- und Tontechniker, Mediengestalter, Musiker, Schauspieler, aber auch Personalmanager.

Auf dem Internetportal des Unternehmens finden Interessierte alle aktuellen Job- und Ausbildungsangebote mit den ausführlichen Anforderungsprofilen und die Möglichkeit, sich online auf Stellen zu bewerben.