Haushalt 2023Warum die Stadt Euskirchen tief in den roten Zahlen steckt

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Die Euskirchener Innenstadt aus der Luft.

Die Flutfolgen drücken der Stadt und dem Haushalt ihren Stempel auf, etwa in der Fußgängerzone, die jetzt saniert wird.

Haushalt mit 22 Millionen Euro Defizit verabschiedet – Stadt kann sich aber auf prall gefüllte Rücklage stützen.

Der Euskirchener Stadthaushalt für 2023 bietet keinen Anlass zur Freude: Kämmerer Klaus Schmitz kalkuliert bei Ausgaben von rund 206 Millionen Euro mit rund 22 Millionen Euro Defizit. Und der Blick auf die Zeit bis 2026 verheißt nur wenig Besserung: Schmitz rechnet mit einer durchschnittlichen Unterdeckung von etwa 20 Millionen Euro pro Jahr.

Andererseits waren zuletzt mehrere Jahresabschlüsse viel besser als erwartet ausgefallen, sodass die Ausgleichsrücklage, auf die sich die Stadt in den nächsten Jahren stützen könne, so Schmitz, mit etwa 95 Millionen Euro prall gefüllt ist.

Inflation, Ukraine-Krieg und Energekosten

Die Ursachen des derzeitigen Defizits sind vielfältig. Als im Rat jetzt die Verabschiedung des Etats auf der Tagesordnung stand, verwies der Kämmerer zum einen auf die Systematik der Gemeindefinanzierung: Weil Euskirchen in den zurückliegenden Jahren hohe Gewerbesteuereinnahmen verbucht hatte, fallen die Schlüsselzuweisungen, die das Land überweist, in diesem Jahr „extrem niedrig“ aus.

Darüber hinaus nannte Schmitz als Gründe des hohen Defizits die Inflation, den Ukraine-Krieg, der die Ausgaben für die Flüchtlingsunterbringung erhöht, gestiegene Personalaufwendungen und Energiekosten, die Anhebung der Kreisumlage und die Folgen der Hochwasserkatastrophe 2021.

„Unbürokratische Hilfe verliert an Tempo“

Apropos: Aktuelle Abrechnungen und Diskussionen mit den Fördergebern im Zuge der Schadensbehebung nach der Flut zeigten, so der Kämmerer, dass die zugesagte unbürokratische Hilfe schon viel vom angekündigten hohen Tempo verloren habe. Es müsse befürchtet werden, „dass sich dieser Trend fortsetzt“.

Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen, ebenso Einzelkämpfer Cuma Kaya (Volt), befassten sich in ihren Reden ebenfalls mit den Krisen in Deutschland und deren Folgen für die Stadt. Nur Ann-Christin Elpelt (Die Partei/Die Linke) fasste sich extrem kurz: „Das bisschen Haushalt macht sich doch alleine“, lautete ihr Beitrag.

Am Ende verweigerte nur Guido Bachem (Grüne) seine Zustimmung zur Haushaltssatzung. Er sagte, es sei an der Zeit, Zukunftsfragen wie Klima- und Hochwasserschutz, Energie- und Verkehrswende entschlossen anzupacken. „Für mich strahlt der Haushalt dieses Signal aber nicht aus.“

Klaus Voussem, CDU

Klaus Voussem sagte mit Hinweis auf die Finanzlage, die Union teile die von Kämmerer Schmitz und Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos) geäußerte „Sorge um die Handlungsfähigkeit der Stadt“. Der Chef der größten Ratsfraktion kritisierte gleichzeitig die Führungsriege im Rathaus.

„Wo ist das klare Leitbild der Verwaltungsspitze für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt für die Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft?“, fragte er. Er vermisse „Vision und Strategie bei den entscheidenden Transformationsthemen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung“.

Große Konzepte, etwa zu Mobilität und Klimaschutz, seien zwar verabschiedet, bestünden aber „mehr oder weniger nur auf dem Papier“. Auch schaffe es die Verwaltung nicht, alte Beschlüsse umzusetzen, etwa die von der CDU angestoßene Umgestaltung des Charleviller Platzes.

Michael Höllmann, SPD

Der Fraktionsvorsitzende Michael Höllmann wollte nicht in den Chor der Pessimisten einstimmen. „Es gibt viel zu viel Krisengerede. Wir sollten positiver in die Zukunft blicken.“ Die hohen Rücklagen solle die Stadt verwenden, um die wichtigen Projekte anzugehen: Klimaschutz, Mobilitäts- und Energiewende und den Wiederaufbau nach der Flut.

Als weitere zentrale Aufgaben zählte der SPD-Sprecher die Umsetzung des Radverkehrskonzepts und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auf, unter anderem durch die Stärkung der Baugesellschaft Eugebau: „Wir sollten darüber hinaus auch Modelle wie Wohnungsbaugenossenschaften und zusätzlich Erbbaupacht in Betracht ziehen.“

Dorothee Kroll, Bündnis 90/Die Grünen

Dorothee Kroll warnte davor, die Folgen des Klimawandels zu verharmlosen. Bei vielen klimarelevanten Anträgen habe „die Verwaltung es geschafft, fast alle ausgabenintensiven Projekte auszubremsen“ und zu verschieben. Als wichtiges Ziel neben dem Klimaschutz nannte auch sie mehr bezahlbaren Wohnraum, ebenso bessere Bildungschancen für Kinder aus einkommensschwachen Familien sowie stärkere Bemühungen, die Verhältnisse im Viehplätzchen-Viertel zu verbessern.

In ihrer letzten Rede als Grünen-Sprecherin rief Kroll, die ihr Amt an Dr. Simone Galliat verloren hat und jetzt einfaches Fraktionsmitglied ist, den Stadtrat dazu auf, die Verwaltung stets kritisch zu begleiten.

Manfred van Bahlen, FDP

Manfred van Bahlen konzentrierte sich unter anderem auf Verbesserungen für den Radverkehr, den Antrag seiner Fraktion zu Aufforstungsmaßnahmen (siehe „Zusätzlicher Wald“) und das Etatdefizit.

„Die Stadt Euskirchen lebt über ihre Verhältnisse“, sagte er und forderte „eine besonnene, wirtschaftlich weitblickende Finanzpolitik“. Er bekräftigte zudem die FDP-Forderung, Stadt und Bevölkerung an den Erträgen aus Windkraftanlagen und Solarparks teilhaben zu lassen.

Josef Burkart, AfD

Josef Burkart schloss sich dem Appell an, die Stadt müsse besser haushalten. Es gelte, sparsam mit den öffentlichen Mitteln umzugehen und die Belastung der Bürger zu reduzieren.

Den „maßlosen Ausbau der sogenannten Erneuerbaren Energien im Stadtgebiet“ sehe die AfD kritisch. Wertvolle Böden dürften nicht mit Photovoltaikanlagen zugepflastert werden.

Richard van Bonn, UWV

Richard van Bonn forderte den Rat auf, „die Tugend des Sparens in den Vordergrund zu rücken“. Die UWV verzichte auf kostenträchtige Anträge. Er lenkte den Blick auch auf den Fachkräftemangel in der Verwaltung. Eine besonders ärgerliche Folge sei, dass die Stadt noch immer nicht den 2021 beschlossenen Einbau von Raumluftfilteranlagen in den Schulen realisiert habe.

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