Die Stadtverkehrsgesellschaft SVE lässt nur noch Schulbusse zur Siedlung Euskirchener Heide fahren. Die Bewohnerinnen und Bewohner protestieren.
Auslastung zu geringVerkehrsgesellschaft kappt Busverbindung zu Euskirchener Siedlung

Ein Stadtbus auf dem Weg in die Siedlung Euskirchener Heide – das gibt es künftig nur noch im Rahmen des Schülerverkehrs.
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Die Stadtverkehrsgesellschaft SVE kappt die Busverbindung zwischen der Kernstadt Euskirchen und der Siedlung Euskirchener Heide. Als Grund gibt sie die schlechte Auslastung an. Die Neuerung, die mit der Einführung eines Ersatzangebots in Form von Anrufsammeltaxis (AST) einhergeht, tritt mit dem Fahrplanwechsel am Sonntag, 14. Dezember, in Kraft. Für Schülerinnen und Schüler wird es eine Extra-Regelung geben (siehe „Schulbusse“). In der Heide löst die Entscheidung scharfe Kritik aus.
Die SVE hatte die Siedlung vor vier Jahren in das Stadtbussystem integriert. Seit Dezember 2021 fuhren stündlich Busse zwischen dem Euskirchener Bahnhof und dem Wohngebiet am Billiger Wald, in dem rund 120 Menschen leben. Um die Anbindung zu ermöglichen, hatte die Verkehrsgesellschaft die Linie 872 erweitert. Die Busse fuhren seither eine Schleife über die Heide.
Nach Angaben des Unternehmens wird das Angebot kaum genutzt
Allerdings nutzten nach SVE-Angaben nur sehr wenige Bewohnerinnen und Bewohner dieses Angebot. Die Fahrgastzahlen seien weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben – trotz der langen Zeit von vier Jahren, die für eine Steigerung zur Verfügung gestanden habe, erklärte Prokurist Uwe Brinkmann auf Anfrage.
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Der Grünen-Stadtverordnete Hans-Werner Ignatowitz griff das Thema kürzlich im Ausschuss für Tiefbau und Verkehr auf. Auslöser war ein Protestschreiben an die Ratsfraktionen, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner für den Erhalt der Haltestelle „Euskirchener Heide“ plädieren und um Unterstützung bitten.
Irgendwann muss man die notwendigen Schlüsse ziehen, auch wenn es schwerfällt.
Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU), gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der SVE, sagte: „Die Busse werden leider viel zu wenig genutzt.“ Im Durchschnitt belaufe sich die Zahl der Fahrgäste aus der Siedlung auf zwei Personen pro Tag, erklärte Reichelt. Und weiter: „Es wäre billiger, ihnen ein Auto zur Verfügung zu stellen.“
Der SVE-Aufsichtsrat habe die Entscheidung „aus Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsgründen“ gefällt, sagte Reichelt dieser Zeitung. „Wir hätten die Linie gerne in der bisherigen Form weitergeführt, dafür müsste aber ein Interesse in der Heide erkennbar sein.“ Er finde die Entwicklung persönlich sehr schade, sagte er im Verkehrsausschuss. „Aber irgendwann muss man die notwendigen Schlüsse ziehen, auch wenn es schwerfällt.“

Die barrierefreie Haltestelle ist erst wenige Jahre alt.
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Die Euskirchener Heide ist eine Siedlung, in der rund 120 Menschen wohnen.
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Zur Höhe der Einsparungen, die sich die SVE von der Maßnahme verspricht, äußerten sich Reichelt und Brinkmann nicht. Der Prokurist nannte auch keine Fahrgastzahlen in Bezug auf die Heide-Haltestelle. Reichelts Angaben („zwei Personen pro Tag“) zweifelte eine Bewohnerin, die anonym bleiben will, im Gespräch mit dieser Zeitung an.
Die Bewohner schreiben, eine ÖPNV-Anbindung der Heide sei unverzichtbar. Insbesondere ältere Menschen, Jugendliche und Personen ohne Pkw seien auf die Haltestelle angewiesen. Sie sei erst vor wenigen Jahren barrierefrei neu gebaut worden. Die Bedienung nach so kurzer Zeit aufzugeben bedeute „eine Entwertung einer frischen öffentlichen Investition“.
Debatte über die Folgen für das Klima
Die Entscheidung der SVE führe zu „Einschränkungen für mobilitätseingeschränkte Menschen“ und zu zusätzlichem motorisierten Individualverkehr: „Dies widerspricht klar den Klimazielen der Stadt.“
Prokurist Uwe Brinkmann weist dieses Argument zurück: „Wir ersetzen einen großen Linienbus, der im Bereich der Haltestelle Euskirchener Heide alles andere als ausgelastet war, durch einen Pkw, der nur dann fährt, wenn es eine tatsächliche Nachfrage gibt.“ Damit meint Brinkmann die geplante Rückkehr zum AST-System, das in der Heide schon vor der Eingliederung in das Stadtbusnetz existiert hatte.
Die Bewohner können sich künftig ein Anruf-Sammel-Taxi bestellen
Das AST fährt ausschließlich auf Bestellung. Die Fahrgäste steigen an der Bushaltestelle Euskirchener Heide ein und werden zu ihrem Ziel gebracht – „bis vor die Haustür“, wie die SVE es formuliert. Das Ziel muss allerdings im AST-Bedienungsgebiet liegen. In der Gegenrichtung gilt das gleiche Prinzip.
Der AST-Verkehr ist nach Angaben des Prokuristen zuschlagspflichtig. Von Januar an koste eine Fahrt für Kinder 4,10 Euro, für Erwachsene 5,30 Euro. Inhaber von Zeitfahrkarten wie dem Deutschlandticket zahlen lediglich einen Zuschlag in Höhe von 4,10 Euro je Fahrt, wie Brinkmann ergänzt.
Die Bewohner schlagen eine andere Lösung vor
Die Heide-Bewohner halten das AST für „keine tragfähige Lösung, da die Kosten für die Nutzer zu hoch sind und es daher keine vollwertige Alternative ist“, wie es in dem Schreiben an die Fraktionen heißt.
Sie fordern, die Haltestelle in ihrer Siedlung stattdessen in die Linie 877 (Euskirchen – Billig – Rheder – Kreuzweingarten) einzubinden. Dies wiederum lehnt die SVE ab: Zum einen müssten die Fahrgäste aus den anderen Orten dann längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Und zum anderen würde das Problem der geringen Nachfrage nicht gelöst.
Die Menschen in der Heide werfen der SVE nicht zuletzt eine schlechte Informationspolitik vor: Sie hätten erst rund drei Wochen vor Inkrafttreten des neuen Busfahrplans von der Änderung erfahren, „ohne vorherige Beteiligung oder transparente Kommunikation“.
Schulbusse
Für den regulären Schülerverkehr gibt es nach Angaben der Heide-Bevölkerung die RVK-Schulbuslinie 809. Mittags biete die RVK allerdings nur eine Rückfahrt an. Dies sei völlig unzureichend. Die Linie 872 sei deshalb eine notwendige Ergänzung.
Dazu erklärt die SVE, dass die 872 künftig montags bis freitags zweimal am Tag doch noch die Heide ansteuert, eben für Schülerinnen und Schüler. Die Busse fahren um 7.03 Uhr in der Siedlung los und um 13.05 Uhr am Bahnhof Euskirchen. Im AST-Verkehr, so das Unternehmen weiter, werde für die Wege von und zur Schule kein Zuschlag erhoben, sofern die Schülerinnen und Schüler mehr als 3,5 Kilometer entfernt von der nächstgelegenen Schule wohnen.
Änderungen im Stadtbussystem
Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember treten nach Angaben der SVE weitere Neuerungen in Kraft.
Die Linie 860 wird aufgeteilt in die Linien 863 und 864. Die 863 fährt vom Bahnhof aus durch die Nordstadt, unter anderem über die Haltestellen „Kreishaus/DRK“ und „Trierer Str.“ kreisförmig zum Bahnhof zurück. Die Linie 864 fährt ebenfalls kreisförmig ab Bahnhof durch die Südstadt zurück zum Ausgangspunkt, unter anderem über die Haltestellen „Berufskolleg“ und „Marienhospital“.
Die Anzahl der Fahrten und die Abfahrtzeiten bleiben jeweils gegenüber der Linie 860 unverändert, es ändern sich lediglich zur besseren Unterscheidbarkeit die Liniennummern. Dies erleichtere die Orientierung, so die SVE, denn bisher hätten die Fahrten in Richtung Nordstadt und Südstadt dieselbe Liniennummer gehabt. Zukünftig bediene die 863 freitagabends, samstagabends und sonntags die Nordstadt, die Linie 864 zu den gleichen Zeiten die Südstadt.
Die Linie 876 fährt im Vorgriff auf die Eröffnung des neuen Rathauses an der Roitzheimer Straße bereits vom Jahreswechsel an nicht mehr die alte Haltestelle „Rathaus“ und nicht mehr die Haltestelle „Emil-Fischer-Str.“ an. Ihr Fahrweg verläuft vom Bahnhof aus über Alleestraße, Roitzheimer Straße und Eifelring zur Alfred-Nobel-Straße.
An der Roitzheimer Straße wird eine neue Haltestelle mit der Bezeichnung „Rathaus“ eingerichtet. Die neue Haltestelle „Gottlieb-Daimler-Str.“ finden Kunden und Kundinnen auf dem Eifelring.
Die alte Haltestelle „Rathaus“ heißt zukünftig „Amtsgericht“ und wird unverändert von allen bisher dort haltenden Linien angefahren – mit Ausnahme der Linie 876.
Die Linie 878 wird, wie die Verkehrsgesellschaft weiter mitteilt, von Wißkirchen und Euenheim kommend künftig ab der Haltestelle „Berufskolleg“ wie die Linien 808 und 810 über die Kommerner Straße geführt. Damit entfallen bei der Linie 878 die Haltestellen „Marienschule“, „Augenbroicher Str.“, „Finanzamt“ und „Ruhrpark“. Stattdessen hält die Linie 878 zusätzlich an den Haltestellen „Kommerner Str.“, „Gerberstr.“ und „Veybach-Center“.

