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Abschied aus der Politik
Horst blickt auf ihre Amtszeit als Weilerswister Bürgermeisterin

5 min
Anna-Katharina Horst steht vor dem Weilerswister Rathaus.

Der Abschied aus der Politik bringt für Anna-Katharina Horst auch Erleichterung.

Es waren zehn herausfordernde Jahre für Anna-Katharina Horst. Die 63-Jährige hatte ein angespanntes Verhältnis zum Gemeinderat. 

„Es kamen busweise Flüchtlinge“, erinnert sich Anna-Katharina Horst an den Beginn ihrer Tätigkeit als Bürgermeisterin 2015. Kaum hatte sie das Amt angetreten, begannen die Herausforderungen. Auch ihre weitere Arbeit an der Spitze der Weilerswister Verwaltung war davon geprägt: die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe in der Region, der enge finanzielle Handlungsspielraum der Gemeinde.

Horst: „Mir wurden häufiger Steine in den Weg gelegt“

Nicht zuletzt auch die andauernden Spannungen zwischen ihr und einigen Akteuren des Gemeinderates – ein kräfte- und nervenzehrendes Unterfangen, das zudem schlechte Rahmenbedingungen für ein effizientes politisches Miteinander schaffte.

Ob es auch daran gelegen habe, dass sie als Frau das Rennen um den Bürgermeisterposten gemacht habe? „Auf jeden Fall“, sagt sie, ohne zu zögern. In den zehn Jahren habe man ihr häufiger Steine in den Weg gelegt. „Aber man muss sich immer überlegen, woran man sich aufreibt“, schaut die dreifache Mutter auf ihre Amtszeit zurück.

Haushalt der Gemeinde konnte konsolidiert werden

„Aufgrund meines Studiums war häufig die Rede von der ‚Diplom-Hausfrau‘“, erinnert sich Horst. Sie hatte Ökotrophologie in Bonn studiert. Ein interdisziplinärer Studiengang, der medizinische, soziologische, naturwissenschaftliche aber auch wirtschaftliche Forschungsgebiete verbindet. „Ich habe alles davon gebraucht“, sagt sie mit Blick auf das vielfältige Bürgermeisteramt. Vor dem Amtsantritt hatte Horst für die Landwirtschaftskammer NRW gearbeitet. Auch ist sie einige Jahre als Unternehmensberaterin tätig gewesen.

Anne Horst hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Weilerswist kinderfreundliche Kommune wurde. Sie setzte das Projekt „Essbare Gemeinde“ in die Tat um, ebenso den Bau des Metternicher Fahrradwegs. 2025 konnte zudem der Haushalt der Gemeinde konsolidiert werden. Doch es gab auch Zeiten in ihrer politischen Karriere, die für die Ex-Verwaltungschefin schwer waren – allen voran das Abwahlverfahren.

Belastendes Abwahlverfahren und Austritt aus der CDU

In Gang gebracht wurde es von einer Facebook-Gruppe. CDU, SPD und FDP sprangen auf die Forderungen auf. Einer der Vorwürfe aus den Reihen der Abwahl-Koalition gegen die Bürgermeisterin lautete, sie informiere unrichtig, zu spät oder gar nicht. Die Rede war von „Handlungsunfähigkeit im Rathaus“. Wegen des mangelnden Rückhalts in ihrer eigenen Partei trat Anne Horst schließlich aus der CDU aus und stellte sich dem Verfahren parteilos.

„Das Abwahlverfahren schwebte drohend über mir“, schildert Horst die damalige Situation. Doch die Weilerswister Wählerinnen und Wähler gaben ein klares Votum ab: Mit 70,7 Prozent der Stimmen blieb Anne Horst im Amt. Genauso wie diejenigen, die ihre Abwahl erreichen wollten. Die Gräben zwischen Horst und einigen Politikern blieben tief.

Von 10.000 Euro hatte die Verwaltung nur 1000 Euro zur freien Verfügung

Die zerrütteten Verhältnisse wurden besonders deutlich, als der Gemeinderat Ende 2016 beschloss, den Betrag, den die Verwaltung im eigenen Ermessen ausgeben durfte, von 10.000 auf 1000 Euro zu reduzieren. Für Horst ein Schlag ins Gesicht. Und ein klarer Fall von „Verhinderungspolitik“.

Durchzustehen waren die teils schwierigen Amtsjahre vor allem durch die Rückendeckung ihrer Familie, sagt sie. Auch die verwaltungsinterne Zusammenarbeit hebt Horst als gelungen hervor: „Ich hatte den Eindruck, dass die Mannschaft hinter mir stand.“

Flutkatastrophe: Horst informierte die Weilerswister mit dem Megafon

Das Thema Zusammenhalt wurde in der Gemeinde während der Pandemie und der Flutkatastrophe gleich doppelt auf die Probe gestellt. Nach der Flutnacht informierte Horst die Weilerswister über die Neuigkeiten aus dem Krisenstab auf dem Schulhof der Gesamtschule – mit dem Megafon in der Hand.

Eine 2016 von der Gemeindeverwaltung bereits angekündigte Rathaus-App kam erst 2025 in den Einsatz. Die App hätte zumindest in der akuten Phase der damaligen Flut ohne Internet ohnehin nicht geholfen. „Es gab ja keine Blaupause für so eine Flut“, blickt Horst zurück: „Das hat mich verunsichert und die Menschen umso mehr.“

Unbürokratische Maßnahmen im Wiederaufbau

Damals sie sei in einen Krisenmodus gekommen. Horst: „Ein paar Stunden die Nacht schläft man aufgrund der Erschöpfung.“ Tagsüber galt es, die drängendsten Probleme abzuarbeiten: Die ärztliche Versorgung in der Notunterkunft in der Gesamtschule musste organisiert werden. Wohin mit den Bergen von Sperrmüll auf den Straßen?„Es ist warm, es ist nass – Seuchengefahr“, schildert sie Gedanken, die ihr damals durch den Kopf gegangen seien.

Im Gespräch mit dieser Zeitung zeigte sich die Weilerswisterin dankbar über die unbürokratische Zusammenarbeit in der schweren Zeit des Wiederaufbaus, etwa mit dem Bundesgrenzschutz, der Wehrleitung der Feuerwehr oder dem Bauhof.

„Am Swist der Zeit“ ruft bei Horst mittlerweile ein Schmunzeln hervor

In Hinblick auf die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat blieben die Unstimmigkeiten bestehen. Immerhin: Der finanzielle Rahmen, über den die Verwaltung ohne Zustimmung des Rates verfügen konnte, wurde von 1000 auf 7500 Euro erhöht. Unter diesen Umständen entstand 2023 der Gemeindeslogan „Am Swist der Zeit“.

Aus Kostengründen entschloss sich Horst, Studierende der Hochschule Rhein/Main in Wiesbaden einen Slogan entwerfen zu lassen. Diese kreierten neben dem Spruch auch ein neues Logo für Weilerswist. Mittlerweile schaut Horst mit einem Schmunzeln auf den Slogan, der nicht selten belächelt wurde. „Man muss ständig priorisieren, was die Finanzen und das Personal angeht“, so Horst.

Ein bittersüßer Abschied mit Perspektive

Nach Einschätzung der 63-Jährigen lassen sich einige der offenen Projekte in Weilerswist auf diese Einschränkungen zurückführen. Auch die Langwierigkeit bürokratischer Prozesse spielten eine Rolle. Hinzu kämen individuelle Schwierigkeiten für Vorhaben wie die Feuerwache, eine Umsetzung der Ost- und Südtangenten zur Verkehrsberuhigung oder der Bau eines Fahrradparkhauses in Bahnhofsnähe. Die Dauer einiger Vorgänge sorgen immer wieder für Kritik an Verwaltung und Rat.

Trotz allem resümiert Horst: „Ich finde, Bürgermeisterin ist wirklich ein toller Beruf – die Gestaltungsmöglichkeiten, die Kontakte mit den Menschen.“ Für Horst ein Gegengewicht zu den politischen Anfeindungen. „Nah an den Menschen zu sein, ist mir wichtig“, sagt Horst. Das vermisse sie bereits.

Trotz des bittersüßen Abschieds vom Bürgermeisteramt läuft Horst nicht Gefahr, sich zu langweilen. Sie freue sich auf mehr Zeit mit der Familie. Mit ihrem Mann habe sie Segeln als Hobby entdeckt. Generell zeigt sich die Weilerswisterin vielseitig interessiert. Aufgrund ihrer Erfahrungen in der Kommunalpolitik kann sie sich gut vorstellen, sich künftig frauenpolitisch zu engagieren.


Die Serie Abschiede aus der Politik

Sie haben teils Jahrzehnte die Geschicke des Kreises Euskirchen und die ihrer jeweiligen Stadt und Gemeinde mitbestimmt. Eine Reihe von langgedienten Volksvertretern zieht sich nun aus der Lokalpolitik zurück. Sie werden dem künftigen Kreistag beziehungsweise Rat nicht mehr angehören.

In Gesprächen mit der Redaktion ziehen sie Bilanz und plaudern ein bisschen aus dem „Maschinenraum“ der Kommunalpolitik.