Josef Heinrichs sitzt seit 33 Jahren für die SPD im Stadtrat, nun hat die Partei einen anderen Kandidaten aufgestellt. Die Linke will zurück.
KommunalwahlSinzenicher Ortsvorsteher will noch nicht abtreten und gründet Wählergruppe

Wollen für Sinzenich ein Ratsmandat holen: Tamara Porschen und Josef Heinrichs.
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Positiv formuliert: Sinzenich liegt Josef Heinrichs sehr am Herzen und er will noch viel für den kleinen Ortsteil erreichen. Negativ formuliert: Der 81-Jährige hängt an seinem Stadtrats- und Ortsvorsteheramt und ist unzufrieden, weil ihn die SPD nach 33 Jahren nicht mehr für den Wahlbezirk 14 (Sinzenich) aufgestellt hat. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.
Fakt ist: Josef Heinrichs wird bei der Kommunalwahl im September wieder in Sinzenich antreten, allerdings nicht für die SPD. Zusammen mit Tamara Porschen und einigen anderen Sinzenichern hat er die Wählergruppe „Zukunft für Sinzenich“ gegründet.
Josef Heinrichs ist vom Vorgehen der SPD enttäuscht
Deren Ziel laut einer Mitteilung: Das Direktmandat für den Wahlbezirk 14 holen und damit indirekt auch den Ortsvorsteher bestimmen. „Wir brauchen das Ratsmandat, um einen Vorschlag bringen zu können“, erklärt Porschen. Der Wunschkandidat der Wählergruppe: Josef Heinrichs.
Der ist eigentlich ein SPD-Urgestein, nun ist er ausgetreten. An der Aufstellungsversammlung im November vergangenen Jahres habe er nicht teilnehmen können, da er zu diesem Zeitpunkt in Mexiko gewesen sei, berichtet er. Dort habe er dann auch erfahren, dass nicht er für den Wahlbezirk 14 aufgestellt wurde, sondern Daniel Jagnow. Da sei er schon ein bisschen bedient gewesen, formuliert er es. Als er dann bei seiner Rückkehr festgestellt habe, dass Jagnow nur auf Platz elf der Reserveliste steht, habe er sich noch mehr geärgert.
Schließlich hat die SPD im Stadtrat aktuell nur acht Sitze. Und das Direktmandat für Sinzenich zu holen, traut Heinrichs dem jungen Jagnow nicht zu. Der sei einfach zu wenig bekannt, auch wenn er aus Sinzenich stamme. Die CDU habe dann einen Kandidaten aus Schwerfen aufgestellt. Und in Heinrichs wuchs die Entschlossenheit, doch selbst anzutreten. Für Sinzenich, nicht für sich selbst, sagt er.
Josef Heinrichs will noch mehr für Sinzenich voranbringen
Als Ortsvorsteher habe er noch um die 50 Projekte auf dem Schreibtisch liegen. Es gebe noch viel zu tun und voranzutreiben. „Wie soll das einer machen, der den Ort nicht kennt oder sich nicht drum kümmert?“, macht er seine Zweifel an den Kandidaten deutlich.
Zunächst habe er überlegt, als Einzelbewerber anzutreten, wie Ratsmitglied Dieter Bus, der auch bei dieser Kommunalwahl im Wahlbezirk 4 auf dem Zettel steht. Doch das hätte bedeutet: keine Reserveliste. Sollte Heinrichs gewählt werden und dann aus irgendwelchen Gründen ausscheiden, wäre das Mandat weg. Das wollte Heinrichs nicht, vor allem mit Blick auf sein Alter.
Deshalb suchte er sich Mitstreiter für eine Wählergruppe und fand sie in Martina Porschen, Andrea Demant und Tamara Porschen und rund 20 weiteren Sinzenichern. Tamara Porschen soll in den kommenden Jahren als Heinrichs Nachfolgerin aufgebaut werden. Sie selbst sei politisch eigentlich gar nicht aktiv, berichtet sie. Ihr und der Wählergruppe gehe es darum, das Gemeinsame in Sinzenich in den Vordergrund zu stellen, jenseits von Parteipolitik. Man wolle den Ort voranbringen und ein aktives Miteinander fördern. „Dass Sinzenich zukunftsfähig bleibt, aber auch die älteren Generationen nicht vergessen werden“, sagt sie.
Linke wollen mehr als zwei Sitze im Zülpicher Stadtrat
Die Arbeit des Ortsvorstehers wolle man bei einem Wahlerfolg auf ein Team verteilen, berichtet Porschen weiter. „Der Ortsvorsteher hat mehr zu tun als das Ratsmitglied“, sagt Heinrichs. Er geht zuversichtlich in die Wahl: „Ach, das ist gar kein Thema, sag’ ich jetzt mal so großmäulig.“ Bei der jüngsten Kommunalwahl konnte er 66 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und mit deutlichem Abstand das Direktmandat gewinnen. Allerdings: Damals traten fünf Bewerber in Sinzenich an – bei dieser Wahl sind es sieben. Neben den Kandidaten von CDU, SPD, Grüne, FDP und UWV muss sich Heinrichs auch gegen Alexander Falkenberg durchsetzen, der für die Linke ins Rennen geht.

Mehr soziale Politik wollen Franz Josef Mörsch, Alexander Falkenberg und Kilian Schuba von der Linkspartei.
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Nachdem die Partei in Zülpich eine fünfjährige Pause eingelegt hat, kommt sie nun mit viel Schwung zurück. In 14 von 16 Wahlbezirken hat sie Kandidaten aufgestellt. „Der Grund, der mich überhaupt in die Politik gebracht hat, ist der Rechtsruck. Gerade vor der letzten Bundestagswahl“, sagt der 26-jährige Falkenberg, der die Reserveliste der Linken anführt. Er wolle vor allem eine soziale Politik, die sich für einkommensschwache Haushalte einsetze. Kostenfreie Eintritte in Zülpicher Museen für Zülpicher Familien, Gebühren für OGS und Kita senken, mehr bezahlbarer Wohnraum, günstigerer ÖPNV – das sind die Themen, die die Linke in Zülpich vorantreiben wolle.
Dabei setzt die Partei vor allem auf jungen politischen Nachwuchs wie Falkenberg. Da finde aktuell ein Generationenwechsel statt, sagt Falkenberg. Ganz ohne jede Erfahrung geht die Zülpicher Linke aber nicht in die Wahl. Mit von der Partie ist auch Franz Josef Mörsch, der bereits elf Jahre lang für die Linke im Stadtrat saß, 2020 aber nicht erneut antrat. Er habe immer gesagt, mit 60 sei Schluss und sich auch daran gehalten, berichtet Mörsch. Nun aber wolle er der nachfolgenden Generation mit Rat und Tat zur Seite stehen. Schließlich ist Falkenberg sein Patenkind.
Das ambitionierte Ziel: mehr als zwei Sitze im Stadtrat. Mörsch hält das für erreichbar. Der aktuelle Trend sowie die Politik der Bundesregierung könne den Linken auch in Zülpich Stimmen verschaffen.