Zülpicher ExperteWartezeit für ein neues Wohnmobil von bis zu zwei Jahren

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Campingurlaub liegt im Trend, weiß der Lövenicher Experte Joachim Berg.

Campingurlaub liegt im Trend, weiß der Lövenicher Experte Joachim Berg.

Zülpich-Lövenich – Wer ein neues Wohnmobil haben möchte, braucht Geduld. Wem ein Gebrauchtes reicht, zahlt drauf. „Derzeit wartet man auch schon mal zwei Jahre auf ein neues Fahrzeug. Auf dem Gebrauchtwagen-Sektor bezahlt man gerne schon mal 20 Prozent zu viel. Camping liegt einfach im Trend“, sagt Joachim Berg.

Der 33-Jährige muss es wissen. Berg ist Camping-Experte und leitet in Lövenich den gleichnamigen Familienbetrieb, der sich auf die Reparatur und Modernisierung von Wohnwagen und Reisemobilen spezialisiert hat.

Seit zehn Jahren steigen die Verkaufszahlen laut Berg kontinuierlich. Die Corona-Pandemie habe auf den Wohnmobil-Sektor wie ein Turbo gewirkt. „Es ist die Art von Urlaub, die grundsätzlich auch während der Krise möglich ist und war“, so Berg. Da zuletzt aber auch Campingplätze geschlossen waren, startet die Saison mit einigen Wochen Verspätung. „Eigentlich ist um die Ostertage viel los und alle wollen ihre TÜV-Plakette haben. In diesem Jahr knubbelt es sich jetzt“, stellt der Kfz-Meister fest.

Elf Millionen Camper

Elf Millionen Camper gebe es in Deutschland, berichtet Berg. Tendenz steigend. Noch. „Der Neuwagen-Markt wird sich in ein, zwei Jahren beruhigen, vielleicht sogar gesättigt sein“, sagt der Lövenicher, der damit rechnet, dass die zunehmende Anzahl von Elektro-Autos Auswirkungen auf die Branche haben wird. „Es werden sicherlich weniger Wohnwagen verkauft werden. Wer einen Wohnwagen hat, der wird sich einen festen Standort suchen“, sagt Berg. Überhaupt gebe es Unterschiede zwischen Wohnmobil und Wohnwagen. „Mit einem Wohnwagen ist man ein wenig flexibler, beispielsweise beim Einkaufen. Mit einem Wohnwagen bleibt man aber eher eine längere Zeit an einem Ort und nutzt ihn nur ein-, zweimal im Jahr“, so Berg: „Mit einem Wohnmobil reist man umher, macht immer wieder Kurztrips, auch am Wochenende.

Im Schnitt sei ein Camper im Jahr etwa 1050 Kilometer mit seinem Wohnmobil oder Wohnwagen unterwegs. Ein Trend sei das Mini-Campen. Das „Mini“ bezieht sich dabei nicht auf die Größe des Gefährts, sondern auf die Größe des Campingplatzes. Mittlerweile gebe es diverse Anbieter, die per App den kleinen, aber feinen, oftmals privaten, Campingplatz anbieten – das Airbnb für Camper und Abenteurer.

Und noch etwas liege im Trend: Deutschland. „Es gibt hier unheimlich tolle Flecken“, sagt Berg und blickt dabei in Richtung Zülpicher See. See, tolle kulturelle Angebote direkt in der Nähe.

„In Bayern würde man dort Halt machen, hier hat man sich längst daran gewöhnt und hat es deshalb als schönen Ort nicht mehr auf der geistigen Landkarte“, sagt der 33-Jährige.

Spezialisiertes Navi

Apropos Landkarte. Die liege bei vielen Wohnmobilen zwar noch im Handschuhfach, doch die Routenführung übernehme in vielen Fahrzeugen längst das Navi. Das sei teilweise so spezialisiert, dass es in Südfrankreich je nach Größe des Wohnmobils die kleinen Gassen erst gar nicht in die Route miteinfließen lasse, so Berg: „In die App trägt man Gewicht, Länge, Höhe und Breite des Fahrzeugs ein, und den Rest macht die moderne Technik.“

Überhaupt sei der Campingurlaub viel digitaler geworden. Ohne WLAN gehe es heute eigentlich kaum noch, so der Experte. Es gebe sogar eine App, die das Wohnmobil selbstständig einparkt.

Der Campingurlaub sei auch luxuriöser geworden. Ein Reisemobil für mehr als eine Million Euro? Das sei alles kein Problem mehr, so Berg. Darin finde dann ein Auto Platz, mit dem man im Urlaub selbst wesentlich flexibler sei. Die Camper selbst seien deutlich jünger geworden.

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Der Grund dafür seien auch Trends wie Van-Life – das Leben in einem Van, beispielsweise einem umgebauten VW Bus, mit dem Drang unabhängig zu sein. „Mittlerweile ist die Hälfte Ü40, die andere U40. Gerade junge Familien haben das Campen in kleinen Wohnmobilen für sich entdeckt“, berichtet Berg.

Der Trend gehe neben der Luxus-Variante auch zu kleineren Wohnmobilen, da diese mit dem Autoführerschein gefahren werden können. Das sei für die Hersteller gar nicht so einfach. „3,5 Tonnen hat man schnell erreicht mit vier Personen. Da wird auf jedes Gramm geachtet. Was bringt es, wenn vier Menschen reinpassen, aber ich keine Unterhosen mitnehmen kann?“, sagt der Experte, der einen Urlaub in Trier als seine schönste Campingtour bezeichnet.

Der Diesel-Skandal habe sich negativ auf die Branche ausgewirkt. Viele Fahrzeuge seien umgerüstet worden. Eine Umweltsünde seien Wohnmobile keinesfalls, so Berg. Schließlich fliege man für einen Urlaub nicht um die Welt, sondern mache vor der eigenen Haustüre Urlaub. Zudem geht der Experte davon aus, dass bei Reisemobilen der Antrieb bald durchaus mit Gas oder mit Wasserstoff möglich sein wird. „Langweilig wird uns ganz sicher nicht. Und noch boomt es ja so oder so weiter“, sagt Berg.

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