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„Verbrecher“Jörg Kachelmann erhebt schwere Anschuldigungen gegen „Jeck en de City“

Lesezeit 4 Minuten
Festivalbesucher bei „Jeck en de City“ suchen Schutz vor Hagel und Gewitter.

Festivalbesucher bei „Jeck en de City“ suchen Schutz vor Hagel und Gewitter.

Die Veranstalter des Karnevalsfestivals haben auf die Vorwürfe des bekannten Meteorologen reagiert.

Meteorologe Jörg Kachelmann hat nach dem Unwetter im Rheinland schwere Anschuldigungen gegen die Veranstalter von „Jeck en de City“ erhoben. Man habe das „Überleben von Menschen“ dem Zufall überlassen, so der bekannte Wetterexperte. Der Veranstalter reagierte auf die Vorwürfe und verteidigten ihre Entscheidung, gestanden aber auch Fehler ein.

Das Unwetter mit Starkregen und Hagel hatte in der Nacht zum Sonntag (1. Juni) vielerorts in Nordrhein-Westfalen zu überfluteten Straßen und vollgelaufenen Kellern geführt. Ein Video aus Rhein-Erft-Kreis etwa zeigt ganze Stadtteile von Erftstadt, die unter Wasser standen.

Frühzeitige Warnung vor Gewitterfront – Elf Verletzte bei „Jeck en de City“

Meteorologen warnten frühzeitig vor der Gewitterfront. Auch der Deutsche Wetterdienst warnte vor schweren Unwettern. Demnach waren Niederschlagsmengen von rund 20 Litern pro Quadratmeter innerhalb kurzer Zeit möglich, zudem Windböen mit Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h sowie Hagel, so die Meteorologen im Vorfeld.

Alles zum Thema Bläck Fööss

Bei dem kölschen Karnevalsfestival im Kreis Heinsberg „Jeck en de City“ kam es dann zu chaotischen Szenen. Eine heftige Gewitterzelle zog ausgerechnet über dem Festivalgelände auf. Teilweise bis zu drei Zentimeter große Hagelkörner fielen vom Himmel, Starkregen setzte ein, Windböen kamen auf.

Viele Festivalgäste mussten notdürftig Schutz unter Planen oder Tischen suchen. Es herrschte Verunsicherung, viele Festivalbesucher nahmen es aber auch mit Humor.

Dennoch fiel die Bilanz der Feuerwehr und Polizei nicht rosig aus. Laut einem Bericht der Einsatzkräfte wurden bei der Veranstaltung auf dem ehemaligen Zechengelände in Hückelhoven elf Menschen der insgesamt 5500 Besucherinnen und Besucher durch Hagel verletzt.

„Jeck en de City“ gab sich kurz vor Unwetter noch optimistisch

Das Festival musste schließlich komplett geräumt werden. Auch für kölsche Bands hatte das Unwetter Folgen. Die Räuber, die Bläck Fööss und die Domstürmer hatten ihre Auftritte noch vor dem aufkommenden Unwetter absolviert, doch die Acts von Miljö, Höhner und Kasalla sind abgesagt worden.

Noch vor dem Start des Festivals hatten sich die Veranstalter von „Jeck en de City“ optimistisch gegeben und auf ihrer Webseite in einem Wetter-Update erklärt, dass man die Wetterlage im Auge behalten wolle. „Packt euch am besten Regenjacken oder Ponchos ein – kleine Taschen-Regenschirme ohne Spitze sind auch okay“, lautete da noch der Hinweis.

Meteorologe Jörg Kachelmann mit schweren Anschuldigungen

Der Wetterexperte Jörg Kachelmann ging mit den Veranstaltern nun scharf in die Kritik: „Im #Inshallah-Land überlässt man das Überleben von Menschen immer dem Zufall und wurde notfalls durch das Unwetter überrascht. Das ist Standardprozedur“, so Kachelmann in einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform X .

Und weiter: „Keine Behörden, die ein Warnkonzept einfordern. Veranstalter mit krimineller Energie, die einfach das Beste hoffen und dann das Blaue vom Himmel lügen, dass alles ‚so plötzlich‘ kam. VerbrecherInnen, die sich bereichern und Glück haben, dass (zufällig) alle leben.“

Jörg Kachelmann: „Für Kinder wäre es dann tödlich“

Laut dem Meteorologen sei es aufgrund der sich schnell entwickelnden Gewitterwolken bereits um 17.30 Uhr, spätestens aber um 17.55 Uhr klar gewesen, dass die Gewitterfront das Festivalgelände erwischen würde.

Gegenüber der „Aachener Zeitung“ bekräftigte Kachelmann am Dienstag (3. Juni) seine Kritik. „Das war kein tödliches Gewitter, aber die Hagelkörner hätten auch doppelt so groß sein können – für Kinder wäre es dann tödlich“, so der Meteorologe. „Vor allem aber die Gefahr eines Blitzeinschlags auf dem Gelände hätte die Veranstalter früher dazu bewegen müssen, die Menschen in Sicherheit zu bringen.“

Veranstalter von „Jeck en de City“ nach Unwetter

Die Veranstalter von der Electrisize GmbH, die hinter dem Festival „Jeck en de City“ stecken, verteidigten wiederholt ihre Entscheidung, das Festival nicht frühzeitig abgebrochen zu haben.

Man habe sich das ganze auch ein wenig anders vorgestellt, erklärte eine Mitarbeiterin im unmittelbaren Anschluss der Veranstaltung. „Das Wichtigste ist, alle sind sicher nach Hause gekommen, kleinere Blessuren wurden behandelt.“

In den Kommentaren meldete sich eine Person, die berichtete, dass eine Bekannte, die auf dem Festival war, noch im Krankenhaus behandelt werden müsse. Bestätigt wurde dies bislang nicht. Von Seiten der Polizei wurde nur von elf Leichtverletzten gesprochen.

„Jeck en de City“ nimmt Entscheidung erneut in Schutz – und gesteht Fehler ein

Am Mittwoch (4. Juni) meldeten sich die Veranstalter erneut mit einer öffentlichen Mitteilung. „Wir stehen zu unseren Entscheidungen, auch wenn sie unter großem Zeitdruck getroffen werden mussten. Dass ein Unwetter mit solchen Ausmaßen über einem Festival entsteht, ist ein absoluter Ausnahmefall und hat nicht nur euch, sondern auch uns und auch die erfahrenen Einsatzkräfte vor extreme Herausforderungen gestellt.“ Zudem habe man in engem Kontakt mit den Behörden gewesen.

Man gestand unterdessen auch ein, Fehler gemacht zu haben, aus denen man lernen wolle. Durch den kurzfristig einsetzenden Hagel sei der Lärmpegel so hoch gewesen, dass man sich selbst mit Megaphonen kaum Verhör verschaffen konnte. Auch die Bemerkung „Wir haben alles im Griff“ zehn Minuten zuvor, habe dadurch unglücklich platziert gewirkt.