Kommentar zum Schock in GüterslohLaschet zieht mit erneutem Lockdown die Notbremse

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Armin Laschet mit Maske: Diese muss in NRW weiterhin getragen werden. Schülerinnen und Schüler nach den Sommerferien testen lassen will der Ministerpräsident aber nicht. 

  • Nun also doch. Nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies verhängt Armin Laschet in Gütersloh den Lockdown.
  • Dabei hatte der Ministerpräsident zunächst gezögert. Er gilt schließlich auch als Kopf der Lockerungsbefürworter.
  • Nun zieht er die Notbremse – und verhindert damit Schlimmeres. Ein Kommentar

Für die Menschen im Kreis Gütersloh ist die Nachricht ein Schock. Kaum haben sie sich an die Normalität des Alltags in Corona-Zeiten gewöhnt, schickt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sie in den Lockdown zurück.

Nach den Schulen und Kitas müssen nun auch Kinos, Museen, Fitnessstudios und Saunen wieder dicht machen. Auch das Kontaktverbot aus dem März, das nur Treffen von zwei Personen erlaubt, die nicht zur gleichen Familie gehören, muss wieder eingehalten werden. Die Maßnahmen gelten zunächst für eine Woche.

Der Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh geht auf den Schlachtbetrieb Tönnies zurück. Dort hatte sich das Virus zunächst im Zerlegebetrieb, wo die Arbeiter unter unwürdigen Bedingungen hart arbeiten müssen, verbreitet und dann mehr als 1500 Mitarbeiter und deren Angehörige infiziert. Außerhalb dieses Kerns sind bislang nur 24 Menschen infiziert. Das ist eine vergleichsweise geringe Zahl. Ist der Lockdown für die rund 365.000 Menschen dennoch gerechtfertigt?

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Ist der Lockdown gerechtfertigt?

Ja, denn jeder weitere Tag, der ohne Maßnahmen ins Land geht, birgt das Risiko, dass sich das Virus rasend schnell in andere Landesteile ausbreitet. Mit der Nachlässigkeit, die sich auch im Rheinland im Umgang mit dem Virus eingeschliffen hat, könnte es dann schnell wieder vorbei sein. Das Tempo des Ausbruchs bei Tönnies sollte uns eine Warnung sein. Erst vor wenigen Wochen hatten umfangreiche Tests in dem Fleischbetrieb keine Covid-Gefahr lokalisieren können.

Den Menschen im Kreis Gütersloh wird jetzt viel abverlangt. Ministerpräsident Armin Laschet hatte zunächst gezögert, den Lockdown zu verhängen. Als er am Wochenende den Hotspot besuchte, hatten Beobachter schon mit der Verhängung harter Maßnahmen gerechnet. Doch der Durchgriff blieb aus. Laschet gilt als Kopf der Lockerungsbefürworter in der Corona-Politik. Eine Rückkehr von Zwangsmaßnahmen könnte als Scheitern dieses Kurses gewertet werden. Den Lockdown in Gütersloh werden ihm seine Gegner genüsslich aufs Brot schmieren.

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Noch schlimmer wäre es allerdings gekommen, wenn der Bewerber für den CDU-Bundesvorsitz nicht doch noch eingeschritten wäre. Dann hätte man ihm vorwerfen können, seine persönlichen Ambitionen über den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu stellen. Ein Punch, der wohl das Aus seiner bundespolitischen Pläne bedeutet hätte. Laschet hat mit dem Lockdown jetzt eine Notbremse gezogen, die nicht nur das Virus, sondern auch den politischen Schaden für sich selbst eindämmen soll.

Die Wut all derer, die im Kreise Gütersloh jetzt ihren Sommerurlaub in Gefahr sehen, dürfte sich gegen den Unternehmer Clemens Tönnies richten. Sein Geschäftsmodell beruht darauf, mit billigen Subunternehmern zu arbeiten, die ihre Mitarbeiter ausbeuten und in Sammelunterkünften einpferchen. Hygienemängel sind programmiert und werden billigend in Kauf genommen. Für die gravierenden Folgen müssen nun alle Menschen in der Region die Zeche zahlen. Den Menschen im Kreis Gütersloh, die am Wochenende bei gutem Wetter eigentlich mit Freunden grillen wollten, dürfte die Lust auf die günstige Bratwurst vergangen sein.

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