Kommunalwahl 2020 in HeimbachDie Corona-Pandemie schwächt die knappen Kassen

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Malerisch zwischen grünen Hügeln liegt die kleinste Stadt Nordrhein-Westfalens mit ihrer Burg Hengebach.

Heimbach – Mit 4367 Einwohnern ist sie die kleinste Stadt Nordrhein-Westfalens, dafür aber sicherlich eine der schöneren: Heimbach. Malerisch zwischen den grünen Hügel der Eifel gelegen, nahe des Nationalparks und des Rursees, mit Cafés und kleinen Läden, dazu noch eine ausgeprägte Kunst- und Kulturszene mit ihrem Dreh- und Angelpunkt in der Internationalen Kunstakademie und über allem wacht die gut erhaltene Burg Hengebach. Es ist nicht verwunderlich, dass Heimbach jährlich so viele Touristen anzieht.

Die finanzielle Lage in Heimbach ist schwierig

Das ist allerdings auch bitternötig, denn mit Gewerbe oder anderen großen Einnahmequellen kann die Kommune kaum dienen. Die finanzielle Lage ist schwierig. 2020 rechnen die Haushaltsplaner mit einem Defizit von etwa 1,5 Millionen Euro. Und dabei sind die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie noch gar nicht abzuschätzen.

Alleine durch die vorübergehende Schließung der Übernachtungsbetriebe im Frühjahr ist der Stadt einiges an Einnahmen weggebrochen. Derzeit ist eine Konsolidierung des Haushaltes bis 2023 eingeplant. Ein Vorhaben, das sowohl für den kommenden Rat als auch für den neuen Bürgermeister Priorität haben wird.

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Hoffnung gibt es allerdings, dass sich die Corona-Pandemie im Nachgang positiv für die Kommune auswirkt. Denn: Viele Menschen machten aufgrund der weltweiten Situation in diesem Sommer Urlaub daheim, anstatt weit weg zu fahren. Das haben auch die Gastbetriebe in Heimbach gemerkt. Noch-Bürgermeister Peter Cremer kann sich vorstellen, dass es in den Sommerferien sogar mehr Gäste waren als in den Vorjahren. In diesem Zeitraum erlebten die Betriebe in Heimbach normalerweise einen kleinen Rückgang, weil die Menschen andernorts Urlaub machten. Im Corona-Jahr könnte das anders gewesen sein.

Neben Corona bringt auch die Forstwirtschaft finanzielle Probleme für die Stadt. Das durch Borkenkäfer und Trockenheit verursachte Fichtensterben ist in den eigentlich grünen Hängen rund um die Stadt gut zu erkennen. Überall finden sich große braune Stellen, tote Bäume ragen wie Gerippe in die Luft. Zum 30. September 2019 machte die Stadt in der Forstwirtschaft einen Verlust von 17 000 Euro. Zum Vergleich: 2018 erwirtschaftete die Stadt einen Überschuss in Höhe von 10 000 Euro. Das Gute: Der Heimbacher Wald besteht zu 21 Prozent aus Eichen. Dafür gibt es nach wie vor noch einen etwas besseren Markt und die Bäume sind resistenter gegenüber klimatischen Veränderungen. Da die Natur in Heimbach ein Garant für den geldbringenden Tourismus ist, wird der neue Rat auch hier ein Auge darauf haben müssen.

Innenstadt wird weiter aufgewertet

Ein weiteres Thema, das künftig eine wichtige Rolle in Heimbach spielen wird, ist das Integrierte Handlungskonzept, mit dem die Innenstadt aufgewertet werden soll. Die Pläne dazu stammen vom Aachener Stadtplaner Prof. Peter Jahnen. Teile des Rurufers sind bereits saniert. Vom Kreisverkehr bis zum Rurplatz ist eine Promenade entstanden.

Es sollen nun noch die Hengebachstraße im Ortskern und der Kurpark folgen. Hier soll unter anderem ein sogenanntes Kulturtreibhaus entstehen. Dabei handelt es sich um ein großes Glasgebäude mit Sonnenterrasse zur Rur und Gastronomie für Konzerte oder Veranstaltungen. Knapp 200 Leute sollen darin Platz finden. Insgesamt kostet das Integrierte Handlungskonzept rund 6,5 Millionen Euro. 70 Prozent davon fördert das Land.

Eine Investition, die nötig ist. Denn nur wenn die Stadt attraktiv bleibt, kommen die Touristen und die werden maßgeblich sein für eine Konsolidierung des Haushaltes.

Alle Kandidaten im Überblick

Bei den Sozialdemokraten steht Matthias Dürbaum auf Platz eins der Reserveliste. Der 32-jährige Industriemeister sitzt bereits seit 2014 im Stadtrat und ist der Fraktionsvorsitzende der SPD. Vorrangiges Ziel für ihn sei es, ein Jugendforum in Heimbach einzurichten, berichtet er auf Nachfrage. Kinder und Jugendliche sollen darin ihre Themen diskutieren und Lösungsvorschläge erarbeiten, die dann als Anträge dem Stadtrat vorgelegt werden sollen. Als langfristiges Ziel nennt der Sozialdemokrat die Konsolidierung des Haushaltes der Stadt unter Einbindung der Bürger. Dadurch gewännen die Ergebnisse an Qualität, Nachhaltigkeit und Akzeptanz, erklärt Dürbaum.

Spitzenkandidat der Grünen ist Thomas Wagenbach. Der 56-Jährige sitzt seit 2014 im Stadtrat. Als Priorität nennt er die Haushaltskonsolidierung. Dabei sei es wichtig, Einwohner und Gewerbetreibende nicht noch stärker zu belasten. Zudem fordert er, dass nach dem Ablauf der Förderbindung 2021 ein touristischer Anbieter das defizitäre Nationalpark-Gästehaus in Form einer Pacht übernimmt. Langfristig will er sich dafür einsetzen, Artenschutz bei innerstädtischen Projekten stärker zu verankern und mehr Lebensqualität in den Stadtbezirken zu schaffen, "die derzeit durch Verkehrslärm und mangelhafte Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer benachteiligt sind."

Die UWV schickt Theo Latz als Spitzenkandidaten ins Rennen. Auch er sitzt bereits seit 2014 im Heimbacher Stadtrat, seit 2011 ist er der Vorsitzende der Heimbacher UWV. Für den 54 Jahre alten Feuerwehrmann steht ebenfalls die Konsolidierung des Heimbacher Haushaltes an erster Stelle für die neue Wahlperiode. Zusätzlich will er sich für eine Steuerentlastung der Bürger einsetzen. In diese Richtung gehen auch seine langfristigen Ziele. Damit die Stadt Heimbach ihre Eigenständigkeit behalte, müsse sie über das Haushaltssicherungskonzept bis zum Jahr 2023 hinaus, auf einen finanziell soliden Stand gebracht und weiter Schulden vermieden werden.

Auf Platz eins der Reserveliste der FDP steht Hubert Kast. Der 69-Jährige bringt viel kommunalpolitische Erfahrung mit, sitzt er doch bereits seit 2004 im Rat der Stadt Heimbach. Als wichtigste Herausforderung nennt er die finanzielle Lage der Stadt. Es gehe darum, "klug durchdachte haushaltspolitische Maßnahmen zu ergreifen", sagt Kast auf Nachfrage. Wichtig ist ihm, dass dies ohne weitere Steuererhöhungen geschieht. Zudem müsse der Hochwasserschutz in Angriff genommen werden, denn erst danach könne der Stadtkern saniert werden. Langfristig wolle er sich mit seiner Partei für den Tourismus einsetzen, denn dieser sei die Trumpfkarte der Stadt Heimbach.

Die AfD ist bislang nicht im Heimbacher Rat vertreten. Mit Spitzenkandidat Jürgen Schmitz will sie das ändern. Der 53 Jahre alte Hausmann war bereits bei der UWV sowie den Grünen politisch aktiv und in dieser Zeit auch schon Mitglied des Heimbacher Stadtrats. Er sagt über sich selbst: "Ich bin kein Ja-Sager und nicke nicht alles ab." Die Haushaltskonsolidierung nennt er als wichtigstes sowohl kurzfristiges als auch langfristiges Ziel. Die AfD wolle in dieser Hinsicht Transparenz bei den Ausgaben schaffen. Weitere Themen seien die Vermeidung weiterer Steuererhöhungen, die Förderung des Tourismus und den Stopp des Ausbaus "von nicht benötigter Windkraft".

Zwei Kandidaten wollen Bürgermeister werden

Nach sechs Jahren im Amt tritt Peter Cremer bei dieser Kommunalwahl nicht noch einmal an. Für seine Nachfolge haben sich zwei Männer beworben. Zum einen der CDU-Kandidat Jochen Weiler. Er ist 49 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Sein wichtigstes Ziel ist die Fortführung der Stadtkernsanierung. Des weiteren wolle er sich für den Ausbau der Infrastruktur, vor allem der digitalen, und den Hochwasserschutz einsetzen. Langfristig will er nach eigener Aussage den Tourismus auf "professionellere Beine" stellen und ihn mit der Kultur verzahnen. Ein weiteres Anliegen sei ihm die Förderung des Ehrenamts sowie eine transparente und bürgernahe Politik. Weiler ist gleichzeitig auch Spitzenkandidat der CDU. Als Kandidat der bislang stärksten Ratsfraktion hat er einige Stimmen hinter sich, zumal ihn auch die Grünen unterstützen.

Er tritt gegen den parteilosen Dirk Nagelschmidt an. Der 49- jährige Bauingenieur wird von SPD und UWV unterstützt. Er kam vor sechs Jahren nach einem längeren Auslandaufenthalts zurück in seine Heimat und lebt mit Frau und Tochter in Hergarten. Er sagt: „Ich kann nicht guten Gewissens zu sehen, wie sich die Situation immer weiter verschlechtert.“ Politik-Erfahrung hat er bislang keine. Ihm als parteilosen Kandidaten sei es wichtig, ein Bürgermeister für alle Menschen im Stadtgebiet zu sein. Als Bürgermeister wolle er als erstes die Mitarbeiter der Verwaltung entlasten und die Effizienz steigern. „Wir brauchen endlich ein professionelles Stadtmarketing“, so Nagelschmidt. Die vielen Bauprojekte wolle er mit Blick auf die Kassenlage fachmännisch koordinieren. Langfristig will er Heimbach aus dem Haushaltssicherungskonzept führen. Dieses Ziel will er aber nicht über höhere Gewerbesteuern erreichen, denn schon heute habe die Stadt die höchsten Gewerbesteuern in NRW.

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