Microsoft-Kooperation in NRWKünstliche Intelligenz gegen Kinderpornografie

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Kinderpornografie Symbolbild Lügde

Eine Polizeibeamtin der Spurensicherung trägt einen sichergestellten Monitor aus der abgesperrten Parzelle des mutmaßlichen Täters auf dem Campingplatz Eichwald in Lügde.

Düsseldorf – Mit Künstlicher Intelligenz (KI) will die Justiz in Nordrhein-Westfalen Kinderpornografie im Netz aufspüren und die Täter verfolgen. Dafür betrete NRW in einer Forschungskooperation mit Wissenschaft und Wirtschaft bundesweit technisches und juristisches Neuland, sagte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Montag in Düsseldorf.

In Zusammenarbeit mit dem Hard- und Softwareentwickler Microsoft, Cybercrime-Experten der Justiz und Wissenschaftlern sei es gelungen, Künstliche Intelligenz auf das Erkennen von Kinderpornografie zu trainieren. Bislang sei der Anteil manueller Auswertearbeit sehr hoch. Ohne KI sei es den NRW-Ermittler nicht möglich, die bereits gesicherten zweitausend Terabyte Kinderpornografie vollständig auszuwerten.

Gesichter kategorisieren, bekannte Akteure herausfiltern

Klagen der Fahnder über das praktisch nicht in den Griff zu bekommende Ausmaß an Ermittlungsarbeit im Bereich Kinderpornografie hatten im April 2017 die Zentralstelle Cybercrime NRW (ZAC) auf den Plan gerufen. Das bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelte Kompetenzzentrum ist nach Angaben der Landesregierung die bundesweit größte Cybercrime-Einheit der Justiz.

Alles zum Thema Herbert Reul

Künstliche Intelligenz soll helfen, Kinderpornografie aus der Bilderflut im Netz herauszufiltern, Gesichter von Tätern und Opfern zu erkennen, bekannte von unbekannten Akteuren zu trennen und die Ermittler zu entlasten.

Herbert Reul betont Ausmaße der riesigen Datenmengen

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte kürzlich die Dramatik des ungleichen Kräftemessens zwischen Pädo-Kriminellen im Netz und den unzureichenden Ressourcen der Fahnder anhand ernüchternder Zahlen unterlegt. Demnach waren von rund 1900 Verfahren, die Mitte Juni in NRW wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie anhängig waren, nur zwölf Prozent in der Auswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse warteten auf Vollstreckung.

„Die Behörden schaffen es nicht, der riesigen Datenmengen Herr zu werden“, klagte der Innenminister. Nach Angaben der NRW-Stabsstelle gegen Kinderpornografie kann ein Sachbearbeiter im Durchschnitt 500 Bilder in einer Stunde anschauen. Bei dem Kriminalitätskomplex gehe es aber um die unvorstellbare Menge von drei Petabyte. 

Technische Möglichkeiten bis Ende 2020

Mitte Juni hatte die über 40.000 Köpfe zählende Polizei in NRW nach Angaben des Innenministers für den Deliktbereich nur 104 Expertenstellen. Alle 47 Kreispolizeibehörden müssen allerdings umplanen und ihr Personal für diese Aufgabe mindestens verdoppeln. Bis Ende 2020 sollen alle Polizeibehörden technisch in der Lage sein, ihre Daten zum Auswerten und Filtern an das Landeskriminalamt zu überspielen. 

Der Umgang mit kinderpornografischem Datenmaterial unterliege sehr weitgehenden rechtlichen Einschränkungen, erläuterte Biesenbach. „Die Anwendung von Techniken künstlicher Intelligenz auf Basis von Cloud Computing und neuronalen Netzen war daher bislang unmöglich.“ In dem interdisziplinären Projekt sei es nun aber gelungen, über eine IT-Infrastruktur einen Lösungsweg zu entwickeln.

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