„Die Toten von Königsberg“Ralf Thiesen aus Burscheid im Interview über seinen ersten Roman

Lesezeit 5 Minuten
Autor Ralf Thiesen an seinem Arbeitsplatz in seinem Haus. Sein Tisch ist voll beladen mit Fachbüchern, die er für die Recherche seines Romans genutzt hat.

Der Burscheider Autor Ralf Thiesen hat Ende 2023 seinen Debütroman veröffentlicht. Weil er einen historischen Kriminalroman geschrieben hat, hat Thiesen auch immer viele Recherchebücher zur Hand.

Im Dezember 2023 erschien Ralf Thiesens Debütroman „Die Toten von Königsberg“. In Interview spricht er über die Entstehung der Geschichte.

Wie man es bei einem Romanautor erwartet, stapeln sich auf dem Tisch von Ralf Thiesen nur so die Bücher. Es sind viele Sachbücher dabei, die er zur Recherche genutzt hat. Dort liegen Titel über das Berlin der 20er-Jahre, über Forensik, Kriminaltechnik und Gifte. Das klingt als plane er einen Mordkomplott – so ganz falsch ist das nicht. Denn der Burscheider hat vor kurzem seinen ersten Roman veröffentlicht, eine historische Kriminalgeschichte: „Die Toten von Königsberg“. Und er arbeitet schon an den Fortsetzungen. Redakteurin Anica Tischler sprach mit ihm über den Weg zu seinem ersten Roman und seine Begeisterung für Historisches.

Herr Thiesen, „Die Toten von Königsberg“ ist Ihre erste Roman-Veröffentlichung. Worum geht es in der Geschichte?

Ralf Thiesen: Es fängt damit an, dass der Junior-Chef einer Reederei umgebracht wird. Mit seinem Blut werden hebräische Schriftzeichen an die Wand gezeichnet. Um die aufgeheizte Stimmung im Kant-Jahr 1924 zu besänftigen wird ein jüdischer Kommissar für die Ermittlungen nach Königsberg beordert. So trifft dann Aaron Singer, Mitte 30, ein Großstadtmensch und liberal auf den örtlichen Kommissar Heinrich Puschkat, ein preußisches Urgestein und konservativ. Das sorgt für Spannungen, doch die beiden müssen sich zusammenraufen, denn es bleibt nicht bei dem einen Mord.

Ein Rahmen mit gezeichneten Porträts steht auf einem Tisch. Sechs Personen sind in schwarz-weiß abgebildet. Auf dem Rahmen steht die Überschrift „Die Toten von Königsberg“

Auf Ralf Thiesens Tisch steht eine Tafel mit Zeichnungen seiner Romanfiguren von seiner Illustratorin, oben in der Mitte der Protagonist Kommissar Singer.

Die Geschichte spielt in Königsberg, heute das russische Kaliningrad und zeitlich in den sogenannten Goldenen Zwanzigern, gibt es dafür einen besonderen Grund?

Ich habe weder Verwandte noch Vorfahren in Königsberg. Ein Onkel ist dort in der Nähe in Kriegsgefangenschaft geraten. Aber darüber hinaus, interessiert es mich einfach. Königsberg war ein Schmelztiegel, der die positiven preußischen Tugenden mit traditionellen hanseatischen Werten verband. Viele Philosophen wirkten dort, wie eben auch Immanuel Kant, und dachten unsere heutige Gesellschaft vor. Ich finde, da ist sehr viel Stoff zu holen. Ich habe einfach ein Faible für Historisches, vor allem die Zeit der Weimarer Republik finde ich sehr spannend. Aber auch mit der NS-Zeit habe ich mich intensiv beschäftigt.

Wie sind Sie dazu gekommen, ein Buch zu schreiben? Hauptberuflich machen Sie ja etwas anderes.

Genau, ich bin eigentlich Verkehrsfachwirt. Aktuell arbeite ich bei Currenta und betreue dort mit meinem Team Kunden und Lieferanten im Rahmen der Entsorgung von Sonderabfällen.

Ich habe schon immer gern geschrieben. Angefangen bei der Schülerzeitung, über ein Reisemagazin und zwanzig Jahre Öffentlichkeitsarbeit für die Basketballer der Bayer Giants. Ich lese auch sehr viel. Es kommt selten vor, dass es mal einen Tag gibt, an dem ich kein Buch lese. Viele Krimis, aber auch andere Romane und regelmäßig Fachbücher über verschiedene Epochen und Themen der Zeitgeschichte. Und dann wollte ich es irgendwann selbst versuchen und habe gesagt ‚Ich schreibe jetzt ein Buch‘. Und da war dann auch direkt der Gedanke, dass ich es auch veröffentlichen will.

Als Viel-Leser, auch von historischen Krimis kennen Sie sich im Genre auch ein wenig aus. Ist es deswegen auch bei Ihnen ein Krimi geworden? Haben Sie bestimmte Inspirationen?

Ja, ich würde schon behaupten, dass ich beim Krimi-Genre „gut“ und „schlecht“ voneinander unterscheiden kann, wobei das ja auch immer Geschmackssache ist. Manche Krimis finde ich zu oberflächlich oder nicht ordentlich recherchiert. Recherche ist mir sehr wichtig. Unerreicht ist da für mich Volker Kutscher, er schafft es, das Große im Kleinen zu beschreiben. An solchen Vorbildern orientiere ich mich. Vielleicht ist es etwas abgedroschen, aber ich habe einfach das geschrieben, was ich selbst gern lesen würde.

Sie hatten sich vorgenommen, Ihr Buch auch zu veröffentlichen. Und es hat offensichtlich funktioniert. Wie kam es dazu?

Ich habe 2011 den Entschluss gefasst, dass ich das Buch schreiben will. Da war schon klar, dass es in Königsberg spielen soll und in den 20er-Jahren. Ich habe Infos gesammelt und recherchiert. Ich wollte dabei auch die jüdische Kultur sichtbar werden lassen, die zu dieser Zeit eine wesentlich größere Rolle spielte als heute. Über Königsberg habe ich so ziemlich alles gelesen, was im Buchhandel und im Internet verfügbar ist. Bei einigen Recherche-Büchern aus den 40er-Jahren musste ich natürlich die Nazi-Propaganda herausfiltern und viel zwischen den Zeilen lesen. 2014/15 war das Buch fertig und ich habe das Manuskript einigen Agenten angeboten. Schließlich bin ich bei der Literaturagentur Peter Molden in Köln gelandet.

Mit Erfolg offensichtlich.

Ja, nur wenige Wochen später hat er mir den Vertrag mit dem Goldmann-Verlag vermittelt. Corona-bedingt hat sich der Erscheinungstermin dann noch einmal um ein Jahr verschoben, doch seit dem 20. Dezember 2023 sind „Die Toten von Königsberg“ überall im Buchhandel erhältlich und das Buch kommt gut an. Ein älterer Herr Ende 70 hat mir erzählt, dass er begeistert von der Atmosphäre war und auch die Rezensionen auf Amazon sind sehr gut. Das freut mich natürlich riesig. Meine beiden Lesungen in der Buchhandlung Ute Hentschel in Burscheid waren sehr gut besucht. Beim ersten Mal waren knapp 40 Leute da, mehr passen auch gar nicht in die Buchhandlung. Für das Debüt eines unbekannten Autors sind die Verkaufszahlen mehr als zufriedenstellend, sagt der Verlag.

Planen Sie weitere Bücher?

Ja, das Ganze ist als Serie ausgelegt. Der zweite Teil „Krähen über Königsberg“ ist auch schon fertig und wird derzeit von mir in enger Zusammenarbeit mit dem Lektor überarbeitet. Am dritten Buch arbeite ich gerade, da dreht sich die Handlung unter anderem um einen Umweltskandal, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Ich habe mich da an historische Ereignisse gehalten. Solche Geschichten sind immer eine gute Inspiration. Es gibt also noch viel zu tun für Singer und Puschkat.


„Die Toten von Königsberg“ von Ralf Thiesen ist im Dezember 2023 im Goldmann Verlag erschienen / Taschenbuch, 528 Seiten, 13 Euro.

KStA abonnieren