Bürgerbüro im Witzheldener PfarrhausRollstuhlfahrer klagen über Diskriminierung

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Das Bürgerbüros wird im ersten Stockwerk des alten Pfarrhauses sein. Einen Aufzug gibt es im Denkmal nicht.

Das Bürgerbüros wird im ersten Stockwerk des alten Pfarrhauses sein. Einen Aufzug gibt es im Denkmal nicht.

Leichlingen-Witzhelden. – Die Entscheidung von Rat und Verwaltung, im alten evangelischen Pfarrhaus in Witzhelden eine Nebenstelle des städtischen Bürgerbüros einzurichten, stößt auf Protest.

Zwei Politiker, der FDP-Kreisvorsitzende und frühere Leichlinger Ratsherr Lothar Esser und Ratsherr Klaus Reuschel-Schwitalla (Linke), erheben Einspruch gegen den Standort, weil der Zugang zur geplanten Verwaltungs-Nebenstelle nicht barrierefrei ist. Beide wissen, was das bedeutet, denn sie sind beide selbst gehbehindert.

Rechtsaufsichtsbeschwerde

Lothar Esser fährt schweres Geschütz gegen den Ratsbeschluss auf: Er hat am Wochenende eine Rechtsaufsichtsbeschwerde bei der Kommunalaufsicht eingereicht. Reuschel-Schwitalla unterstützt Essers Beschwerde und verlangt ebenfalls eine integrative Lösung.

Das denkmalgerecht sanierte alte Pastorat hinter der evangelischen Kirche am Witzheldener Marktplatz.

Das denkmalgerecht sanierte alte Pastorat hinter der evangelischen Kirche am Witzheldener Marktplatz.

„Mit großer Fassungslosigkeit“, empört sich Esser in seinem Schreiben an Landrat Stephan Santelmann, empfinde er „die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung“, die einen Verstoß gegen das Gleichstellungsgesetz, gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und gegen die Leitsätze der Stadt Leichlingen darstelle, die sich das Ziel gesetzt habe, bis zum Jahr 2025 „in allen Bereichen zu einer barrierefreien und behindertenfreundlichen Stadt“ zu werden.

Klaus Reuschel-Schwitalla (Linke)

Klaus Reuschel-Schwitalla (Linke)

„Ich hätte es in einer modernen Gesellschaft wie in Deutschland nicht mehr für möglich gehalten, dass wissentlich ein Teil der Gesellschaft einfach ausgeschlossen wird“, erklärt Esser, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, an die Adresse von Bürgermeister und Stadtrat: „Ich hatte eigentlich geglaubt und gehofft, dass durch meine jahrelange Tätigkeit und Anwesenheit in Rat und Ausschüssen Ihnen die gesellschaftspolitische Aufgabe und Notwendigkeit für Teilhabe und Barrierefreiheit zur Genüge vor Augen geführt worden wäre. Das war wohl ein fundamentaler Irrtum und ist eine bittere Enttäuschung für mich.“

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Dass sich die anzumietenden Büroräume für Bürgerbüro und Standesamt im ersten Obergeschoss des frisch restaurierten Fachwerkhauses befinden und es statt eines Aufzuges in dem Denkmal nur eine Treppe gibt, ist den Beteiligten bewusst und bei der Entscheidung als Problematik nicht verschwiegen worden.

In ihrer Beratungsvorlage für die Politik hat die Verwaltung die Hürde wie berichtet abgewogen und ausgeführt, dass in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen entweder im Erdgeschoss des Pfarrhauses bedient werden können oder wie bisher das barrierefrei erreichbare Rathaus in der Stadtmitte aufsuchen müssen. Damit käme die Stadt ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach, widerspricht die Verwaltung Essers Rechtsauffassung.

Der Liberale hält den Ratsbeschluss hingegen für „rechtswidrig und eindeutig diskriminierend“. Seine Kritik trifft auch den Behindertenbeirat: „Ein Gremium, das zu solchen Vorgängen schweigt, wird nicht wirklich benötigt.“ Dem schließt sich Klaus Reuschel-Schwitalla an: „Selbst der neu gewählte Inklusionsrat hat bedauerlicher Weise diese missratene Vorlage nicht beanstandet.“ Der Linke weist in seiner Stellungnahme vorsorglich aber auch schon darauf hin, dass eine eventuelle Lösung für einen barrierefreien Zugang „nicht dazu führen darf, dass in Witzhelden kein Bürgerbüro angemietet wird.“

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