Flut in LeichlingenDieses Rentner-Ehepaar hilft beim Wiederaufbau des Stadtarchivs

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Klaus-Peter und Regina Tepper helfen seit 2016 im Leichlinger Stadtarchiv aus und haben schon 4000 Fotos digitalisiert.

Klaus-Peter und Regina Tepper helfen seit 2016 im Leichlinger Stadtarchiv aus und haben schon 4000 Fotos digitalisiert.

Leichlingen – „Wir machen weiter!“ verspricht Klaus-Peter Tepper. „Wir fangen wieder neu an“, beteuert auch seine Frau Regina und sie klingt dabei entschlossen, dass man sich von einer Jahrtausendflut doch nicht unterkriegen lassen wird. Die beiden reden nicht etwa über den Wiederaufbau ihres Hauses – ihre Wohnung ist bei der Hochwasserkatastrophe nicht überschwemmt worden. Sie meinen das Stadtarchiv im Rathaus. Das liegt ihnen am Herzen. Schon seit 2016 ist das Ehepaar dort ehrenamtlich im Einsatz. Sie gelten inzwischen als Engel des Gedächtnisses der Blütenstadt, dem sie ihre Freizeit widmen.

Dokumente In Stretchfolie eingefroren

121 Paletten mit Kisten voller historischer Archivalien sind nach der Wupper-Flut Mitte Juli aus dem Keller des Leichlinger Rathauses geborgen worden. An der Notaktion waren bis zu 30 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und Archivare aus dem Rheinland beteiligt.

Die durchnässten Dokumente sind nach einer Sichtung, vorsichtigen Reinigung und Fotodokumentation in Stretchfolie verpackt und in ein Kühlhaus des Landschaftsverbandes nach Troisdorf gebracht worden. Dort lagern sie seitdem eingefroren zusammen mit insgesamt 990 geretteten Paletten aus dem rheinischen Flutgebiet.

Wann die geplante Gefriertrocknung und Restaurierung des historischen Konvoluts beginnen kann, ist ungewiss, weil es zu wenige Anlagen gibt. „Es wird ein jahrelanger Prozess sein“, mutmaßt Stadtarchivar Marc Sievert. (hgb)

Sie selbst würden ein solches Lob zwar von sich weisen, wollen kein großes Ding um ihr Hobby machen. Aber die Verwaltung hielt es nun, nach der Vernichtung großer Teile des Archivgutes durch die Wupperflut, für angebracht, den beiden Senioren einmal für ihre großartige Hilfe zu danken, ihre Arbeit vorzustellen und in einer Pressekonferenz einen Ausblick auf die Zukunft des Archivs zu werfen.

Bei der Bergung zur Stelle

Anfangs nur dienstags, seit 2019 sogar an zwei Tagen in der Woche, sind die Teppers freiwillig im Archiv tätig. „Im Verborgenen“, wie Stadtsprecherin Ute Gerhards das bescheidene Paar lobt. Aber was sie seitdem geschafft haben, ist enorm: Alleine 4000 historische Fotos und Postkarten haben sie bereits eingescannt, um Daten ergänzt und im Computer abgespeichert. Fünfstellig ist mittlerweile die Zahl der digitalisierten Personenstands-Dateien seit 1819, von Zuzügen, Geburten-, Heirats- und Sterbebüchern, die sie von Karteikarten und Aktenordnern in Excel-Dateien verwandelt und in die EDV eingespeist haben. Und selbstverständlich waren sie Mitte Juli sofort zur Stelle, als nach der Flutnacht die versunkenen Schätze aus dem verschlammten Archivkeller des Rathauses geborgen, gereinigt und zur Konservierung ins Kühlhaus gebracht werden mussten.

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„Wir waren schon sehr deprimiert, zu sehen, was alles zerstört worden ist“, bekannte der 76-jährige Tepper den Schock beim Anblick der Verwüstung, die auch Teile seiner Arbeit zunichte gemacht hat. „Wir waren noch nicht fertig mit den Bildern“, trauert er vielen Zeitdokumenten nach. Aber demotivieren lässt sich das Ehepaar von dem Unglück nicht. „Wenn wir wieder gebraucht werden, helfen wir“, kündigt Regina Tepper (74) an – und Stadtarchivar Marc Sievert ist dankbar für die Unterstützung.

An Geschichte interessiert

Die Teppers kamen aus Braunschweig nach Leichlingen. Seit 1978 leben die pensionierte Mathe- und Bio-Lehrerin und der Mikrobiologe, der bei Schwarz-Pharma gearbeitet hat, in Unterberg. Über den örtlichen Stammtisch des Bergischen Geschichtsvereins fanden sie den Weg zur Heimathistorie und den Draht zum damaligen Stadtarchiv Thorsten Schulz-Walden.

Ihr erstes Projekt war die Digitalisierung der „Bürgerrolle“ der Zu-und Umzüge von 1909 bis 1940, aus der sie mehr als 10 000 Kopien anfertigten, weil diese das Rathaus nicht verlassen durfte. Danach nahmen sie sich die standesamtlichen Register vor. Und unter „ihrem“ dritten Archivar, auf Ariana Jaeger folgte Marc Sievert, „kamen wir in den Keller“, schmunzelt Tepper. Denn auch dort war viel aufzuräumen. „Mit viel Mühe haben wir alles eingepackt und sortiert – und jetzt voller Schlamm wieder rausgeholt“, ärgert sich der Experte für alte Schriften.

Nur etwa zehn Prozent des historischen Archivs blieb unversehrt. Es soll demnächst in einem Raum des Leverkusener Stadtarchivs im alten Landratsamt in Opladen untergebracht und dort Interessenten wieder zugänglich gemacht werden.

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