Demo gegen RechtsWieder gehen in Leichlingen Hunderte auf die Straße

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Rund 600 Menschen waren zur zweiten Demo ins Brückerfeld nach Leichlingen gekommen.

Rund 600 Menschen waren zur zweiten Demonstration binnen zwei Tagen ins Brückerfeld nach Leichlingen gekommen.

Die Kundgebung gegen Rechtsextremismus war die zweite in Leichlingen innerhalb von zwei Tagen.

Als das kleine Bläser-Ensemble der Leichlinger Musikschule in der beginnenden Dämmerung die Europahymne auf dem Marktplatz im Brückerfeld anstimmt, beginnen einige der laut Schätzungen der Polizei  600 Demo-Teilnehmer am Montagabend mitzusingen. Es ist schwer, keine Gänsehaut zu bekommen, wenn die Zeile „Alle Menschen werden Brüder“ wie von einem Chor gesungen dezent über den Marktplatz schwebt. Nicht laut und aufdringlich, dafür umso bedeutsamer.

Der Integrationsrat Leichlingen hatte zur Kundgebung in der Blütenstadt aufgerufen. Zur Zweiten. Denn bereits am Sonntagnachmittag waren rund 2000 Menschen in Leichlingen gegen den Rechtsruck, gegen die AfD und für Demokratie und Vielfalt auf die Straße gegangen und damit Hunderttausenden Menschen gefolgt, die das in den vergangenen Wochen in Deutschland bereits getan hatten.

Bürgermeister Frank Steffes fordert, Brücken zu bauen, keine Mauern.

Bürgermeister Frank Steffes fordert, Brücken zu bauen, keine Mauern.

Der Integrationsrat um seinen Vorsitzenden Hakan Sahan hatte kürzlich die „Leichlinger Erklärung für Zusammenhalt" aufgesetzt, die alle Mitglieder des Stadtrates unterschrieben haben. Am Montag, so die Aufforderung von Sahan, sollten auch alle Demo-Teilnehmer ihren Namen unter das Schriftstück setzen, in dem es unter anderem heißt: „Für uns sind unsere Demokratie mit ihren Grundrechten, dem Minderheitenschutz und den Werten von Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit Voraussetzungen für ein vielfältiges, tolerantes und respektvolles Miteinander.“

Alles zum Thema Herbert Reul

Freiheit, Respekt, Toleranz, Nachbarschaft – Worte wie diese waren selbstverständlich Teil jedes Redebeitrags am Montagabend. „Wir möchten sie verteidigen, dafür sind wir hier“, sagt Hakan Sahan in seiner Eröffnungsrede. Es gehe darum, die Werte zu verteidigen, die die Stadt lebenswert machten.

„Nie wieder ist jetzt“ finden diese Demoteilnehmer.

„Nie wieder ist jetzt“ finden diese Demoteilnehmer.

Das sah auch Bürgermeister Frank Steffes so. Die Menschen gingen auf die Straße, um für Werte und Prinzipien einzutreten, die Grundlage der Gesellschaft seien. „Die Demokratie ist ein hohes Gut“, sagte er. Zum Beispiel, seine Meinung frei äußern zu dürfen. Was aber viele der Populisten missverständen. Meinung frei zu äußern, bedeutet nämlich auch, Antwort zu bekommen. Und das sei keineswegs eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Leichlinger haben ihre Antwort auf Populismus an zwei Tagen gegeben.

„Jeder verdient Respekt, Mitgefühl und die Chance, ein würdevolles Leben zu führen", sagte Steffes deutlich. Und der Schutz von Minderheiten sei eine Verpflichtung, die nicht verhandelbar ist. „Wir müssen Brücken bauen, keine Mauern", so der Bürgermeister.

Zwei Menschen halten Schilder hoch.

Die Demonstration am Montagabend war die zweite in Leichlingen.

Herbert Reul bedankte sich bei den Leichlingerinnen und Leichlingern, die gekommen waren. „Die wirkliche schweigende Mehrheit sind die, die jetzt alle hier sind.“ Ein alter Kerl wie er habe nicht Krieg erlebt, er kenne nur Demokratie. „Vielleicht ist jetzt klar geworden, dass man sich einmischen muss.“ Die Demonstrierenden sieht er in diesem Zug als Glück für die Demokratie.

NRW-Innenminister und Leichlinger Herbert Reul sieht die Demos als Zeichen, dass sich Demokratinnen und Demokraten mehr zutrauen können.

Der NRW-Innenminister und Leichlinger Herbert Reul sieht die Demos als Zeichen, dass sich Demokratinnen und Demokraten mehr zutrauen können.

Reul räumte aber auch ein, dass es wohl viele Menschen in Deutschland gebe, die mit den Politikerinnen und Politiker unzufrieden seien. „Wir müssen besser werden, wir müssen liefern“, meinte er.

Dass er als Innenminister im Jahr 2022 3440 rechtsextremistisch motivierte Straftaten haben zählen müssen, habe er vor Jahren nicht für möglich gehalten. Aber er sei stolz, dass Leichlingen zeige, dass Hass und Hetze keinen Platz in der Blütenstadt hätten.

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