Ärger an der A3An der Autobahn in Leverkusen fallen die Bäume wie Streichhölzer

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Therese Rolli im Garten, sie blickt auf die Lärmschutzwand entlang der Autobahn 3. Foto: Ralf Krieger

Therese Rolli im Garten. Nach der Rodung entlang der Autobahn 3 hat sie freie Sicht auf die Lärmschutzwand.

Die Autobahn GmbH lässt entlang der Autobahn fast alle Bäume abschneiden.

Als neulich eines Vormittags ein unbekannter Mann mit einer Kettensäge im Garten stand, traute Carsten Geilen zuerst seinen Augen kaum. Der Garten endet an einer grünen Lärmschutzwand, direkt dahinter verläuft die Autobahn 3 Richtung Opladen. Carsten Geilen und seine Mutter Marlene wohnen in der Siedlung Eisholz am Erlenweg. Sie und viele ihrer Nachbarn müssen Enteignungen befürchten, wenn die Autobahn 3 wie geplant ausgebaut wird.

Ein Mann mit Kettensäge und ein Bagger: die Rodung entlang der Autobahn 3 ist radikal. Foto: Ralf Krieger

Wenig Biomasse bleibt auch am Parkplatz hinter der Dreifachturnhalle nach der Rodung entlang der Autobahn stehen.

Schnell war klar, dass die Männer zu einem Trupp gehörten, die Bäume an der Autobahn fällen. Den Hinweis, es handele sich hier um ein Privatgrundstück, akzeptierte der Mann mit der Kettensäge. Er sei dann wohl falsch informiert worden, soll er gesagt haben. Der Autobahn GmbH sei das Betreten ihres Gartens zum Begutachten der Lärmschutzwand erlaubt, aber nur nach Anmeldung, klärt Marlene Geilen auf.

Autobahnkreuz leverkusen, A1, A3 . Foto: Ralf Krieger

Das Leverkusener Kreuz, wo sich A1 und A3 treffen. Rechts unten die Siedlung Im Eisholz.

Überall entlang der Autobahn 3 und am Leverkusener Kreuz sind in diesem Januar Waldarbeiter mit der sogenannten Gehölzpflege beschäftigt, das hatte die Autobahn GmbH angekündigt.

An manchen Stellen findet nahezu Kahlschlag statt. Am Parkplatz hinter der Dreifachsporthalle an der Bismarckstraße bleibt an der Lärmschutz-Böschung vielleicht noch jeder zehnte Baum stehen. In den vergangenen Jahren hat es wohl selten einen vergleichbaren Verlust an grünem Unterholz und Bäumen im Stadtgebiet gegeben. Auch in den relativ großen Waldstücken an der Anschlussstelle Leverkusen sind hunderte Bäume gefällt worden, auch solche, die sehr weit von der Straße entfernt standen. Sie konnten nicht auf die Autobahn fallen.

Auch an der Lärmschutzwand der Familie Geilen seien massenweise „100-prozentig gesunde Bäume“ gefällt worden, sagt Carsten Geilen, manche hätten schon Knospen gehabt oder Haselnussbäume mit Blütenständen. Alles ist legal: Trotz der zunehmend wärmeren Winter und dem früher einsetzenden Brutgeschäft der Vögel endet die Baumfällsaison erst Ende Februar.

Brennholz oder Artenvielfalt?

Einer der Waldarbeiter sagt, die dicken Stämme würden als Brennholz verarbeitet und die Äste gehäckselt. Vielleicht erklärt der Satz die radikale Fällaktion, die Autobahn GmbH liefert diese Erklärung: Bei der Pflege der Gehölzbestände an den Autobahnen habe die Sicherheit oberste Priorität, schreibt Autobahn–Sprecher Sebastian Bauer. Es sei deshalb manchmal erforderlich, scheinbar gesunde Bäume zu entfernen. Vor dem Beginn der Maßnahme habe man die Bäume auch außerhalb der Brutzeit auf Horst- oder Höhlenstätten mit möglichem Brutgeschäft untersucht. Die trockenen und heißen Sommer der vergangenen Jahre hätten das Erkranken und Absterben der Bäume beschleunigt. Durch die Entfernung von nicht mehr standsicheren Bäumen würden die verbleibenden Bäume gefördert. Die Wurzelstöcke könnten in der kommenden Wachstumsperiode wieder austreiben. Dadurch fördere man die Artenvielfalt, schreibt der Autobahn-Sprecher Sebastian Bauer.

Der Verkauf des Holzes mindere die Kosten für den Beschnitt, Gewinn mache die Autobahn GmbH dadurch nicht, teilt die bundeseigene Firma auf ihrer Webseite mit. Bei dem Mann, der mit der Kettensäge im Garten stand, habe es sich um ein Versehen gehandelt.

Marlene Geilen im Garten. Links eine Lärmschutzwand, sie schaut auf eine Eibe. Foto: Ralf Krieger

Marlene Geilen steht im Garten zwischen Lärmschutzwand und ihrer Eibe, die der Gehölz-Pflegetrupp fast abgeschnitten hätte.

Hoffen auf die Seitenstreifenfreigabe

Marlene Geilen und ihr Sohn Carsten wohnen so nahe an der Autobahn, dass sie im Fall des Ausbaus den Verlust eines Großteils ihres Gartens fürchten müssen. Sie haben sich mit den Nachbarn kurzgeschlossen. Viele sind sauer, weil das einst üppige Grün jetzt weg ist. Die meisten gucken jetzt direkt auf die Lärmschutzwand. Nachbarin Therese Rolli sagt: „Das macht mich krank, im Sommer werden wir jetzt keinen Schatten mehr im Garten haben.“ Die Bäume seien doch gesund gewesen, sagt sie.

Neue Hoffnung hat den vom Autobahnausbau bedrohten Nachbarn die Nachricht von der temporären Seitenstreifenfreigabe gegeben, die zwischen Opladen und Hilden kommen soll. Erst jetzt, nachdem eine Studie die Machbarkeit bescheinigt, befürwortet die Lösung, die den Ausbau womöglich unnötig macht, auch die Autobahn-Behörde.

An der Dreifachturnhalle, ostermann-Arena, Stadion Bayarena. Rodung entlang der Autobahn 3. Foto: Ralf Krieger

Links die Fahrspur im Kreuz von der A1 Richtung A3 nach Frankfurt. Kaum ein Baum bleibt auf dem Damm stehen, rechts der Parkplatz hinter der Ostermann-Arena.

Eine Freigabe, sagt Marlene Geilen, könnte auch auf „ihrem“ Autobahnabschnitt eine Lösung der Konflikte sein. Sie will sich deshalb an zuständige Politiker wenden.

Eine Anfrage bei der Autobahn GmbH ergibt, dass die Einrichtung einer Seitenstreifenfreigabe auf dem Stück zwischen dem Leverkusener Autobahnkreuz und der Ausfahrt Opladen bisher noch nicht untersucht wurde.

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