Verdi lässt Offenen Sonntag verbieten„So kann man einen Stadtteil auch kaputt klagen“

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Denkste: So schnell kam die richterliche Entscheidung gegen den Offenen Sonntag in Wiesdorf, dass nicht mal das Plakat abgehängt werden konnte.

Denkste: So schnell kam die richterliche Entscheidung gegen den Offenen Sonntag in Wiesdorf, dass nicht mal das Plakat abgehängt werden konnte.

Leverkusen – So schnell konnte das Werbebanner nicht abgehängt werden: Noch am Montag wies die City-Werbegemeinschaft an der Y-Brücke in Wiesdorf auf den verkaufsoffenen Sonntag am 6. September hin. Doch den durfte es nicht geben, das hatte das Oberverwaltungsgericht in Münster am Freitagnachmittag beschlossen. Wieder mal hatte Verdi einen Offenen Sonntag weggeklagt. Und zwar mit denselben Argumenten wie Ende April 2018. Und genauso kurzfristig.

Die Stadtverwaltung versuchte zwar noch zu reagieren. Aber die Erwiderung verfing nicht bei den obersten Richtern des Landes. „Aus formalen Gründen“ sei dem Eilantrag der Dienstleistungsgewerkschaft stattgegeben worden, heißt es im Rathaus.

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Ulrich Kämmerling, Sprecher der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch

Der Schaden ist beträchtlich: Am Montag sagte Ulrich Kämmerling den Offenen Sonntag am 20. September ab. Der Chef der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch ist sauer. Sein Kommentar zu der Verdi-Aktion: „So kann man einen Stadtteil auch kaputt klagen.“

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Kämmerling ist nah dran und sagt mit Blick auf die Corona-bedingten Zwangsschließungen im Frühjahr: „Der Lockdown wirkt sich immer noch auf die Schlebuscher Geschäftsleute aus.“ Deshalb wäre es extrem wichtig gewesen, übernächsten Sonntag zu öffnen. Auch ohne das traditionsreiche „Schlebuscher Wochenende“, das wegen weiterhin geltender, der Pandemie-Eindämmung dienender Einschränkungen schon längst abgesagt werden musste.

Ohne Volksfest geht es nicht

Denn die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Land zu den verkaufsoffenen Sonntagen sagen klar: Nur ein Volksfest gibt einen hinreichenden Anlass, am Sonntag die Geschäfte zu öffnen. Wegen der Corona-Lasten hatte die Landesregierung diese Regel außer Kraft gesetzt, und der Stadtrat war dem noch in seiner jüngsten Sitzung am Montag vor zwei Wochen gefolgt. Vier Tage später holte Verdi zum Gegenschlag aus – und bekam Recht.

Kämmerling kann das Vorgehen der Gewerkschaft für den Einzelhandel nicht nachvollziehen – „wir verurteilen das an dieser Stelle zutiefst“. Man habe offenbar die Lage im Einzelhandel nicht im Auge. Bei vielen Geschäftsleuten gehe es nach den Zwangsschließungen schlicht um die Existenz. Und „im Schlebuscher Mikrokosmos zählt jeder einzelne Laden. Die Sogwirkung von Leerständen wäre in der überschaubaren Fußgängerzone mehr als verheerend.“

Ein Offener Sonntag fehlt schon

Erschwerend komme hinzu, dass schon der erste geplante verkaufsoffene Sonntag im Frühjahr aus Anlass des Festes „Blühendes Schlebusch“ wegen Corona ausfallen musste. Deshalb wäre der zweite am 20. September umso wichtiger für die Händler gewesen. „Den hat uns Verdi gerade um die Ohren gehauen.“Was mit den beiden weiteren, was ein Fest an geht, „anlasslosen“ verkaufsoffenen Sonntagen in der Adventszeit geschieht, steht in den Sternen, ist Kämmerlings Bewertung nach der Gewerkschafts-Attacke vom 28. August.

Termine für 2021 akzeptiert

Die Offenen Sonntage für das nächste Jahr haben die erste politische Hürde genommen – ungeachtet des Gerichtsentscheids vom Freitag. Die Bezirksvertretung I akzeptierte am Montagnachmittag alle  Termine. Die Grünen waren dagegen. Der Hinweis von Michael Molitor aus der Stadtverwaltung, dass es ohne Volksfeste keine verkaufsoffenen Sonntage geben könne, beeinflusste die Politiker nicht. Dann müsse Verdi eben weiter klagen, sagte Rüdiger Scholz, CDU. (stes)

Auch im Rathaus muss man die Lage nach dem Richterspruch vom Freitag erst einmal neu bewerten. Einen Alleingang kann es nicht geben. Die Landesregierung ist gefragt, die mit ihrer gut gemeinten Hilfsaktion für den Einzelhandel nun erst einmal vor dem höchsten nordrhein-westfälischen Gericht auf die Nase gefallen ist.

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Für Kämmerling ist jetzt klar, dass Verdi keine Ausnahmesituationen gelten lässt. Was er verstehen würde: „Hätten wir einen verkaufsoffenen Sonntag zusätzlich beantragt oder würden wir uns für eine grundsätzliche Ausweitung der Ladenöffnungszeiten auch an den Wochenenden stark machen.“ Darum ging es aber nicht.

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