Eine Kooperation an der Gesamtschule Schlebusch und eine neue App sollen Abhilfe in der oft frustrierenden Suche schaffen.
Kooperation und AppWie Schüler in Leverkusen leichter ein Praktikum finden

Burkhard Vollbach von Momentive, Kurs-Koordinator Dirk Roth und Schulleiterin Eva Schönemann unterschreiben die Kooperationsvereinbarung.
Copyright: Stefanie Schmidt
Als Schüler einen Praktikumsplatz zu suchen, kann ganz schön frustrierend sein. „Für mein Praktikum in der neunten Klasse habe ich bestimmt 20 Bewerbungen geschrieben und nur Absagen bekommen“, sagt Malte Placke. Die Absagen seien alle auch Standardschreiben gewesen, sodass er nicht herauslesen konnte, woran es gelegen hat. Schließlich hat der heute 16-Jährige doch noch was gefunden, bei Covestro. „Das war super. Ich wusste, dass ich irgendwas mit Chemie machen wollte, hatte aber keine Ahnung, ob eher im Labor oder an Industrieanlagen.“ Da habe das Praktikum ihn ein gutes Stück weiter gebracht, sagt der Schüler der Gesamtschule Schlebusch.
Fachkräftemangel in der Industrie
Aber der Weg dorthin ist schwierig, bestätigt auch Julia Schenk: „Man muss erst einmal Adressen und Ansprechpartner herausfinden, meistens sind die auf den Webseiten der Unternehmen überhaupt nicht benannt“, sagt die 18-Jährige, die wie Malte Placke zur Schülervertretung der Gesamtschule Schlebusch gehört. Viele Unternehmen würden zwar Praktika anbieten, aber oft nur in einem festen Zeitraum oder für Jugendliche mit Vorerfahrung – das sei für die Schüler nicht zu machen.
Gleichzeitig aber klagen Unternehmen über Fachkräftemangel. „Wir können uns heute nicht mehr darauf verlassen, dass sich genügend Bewerber für unsere Ausbildungsstellen finden“, sagt Marion Budkammer von Momentive Performance Materials. Das Leverkusener Spezialunternehmen für Silikonlösungen bildet nicht nur Chemikanten und Chemielaboranten aus, auch Ausbildungen zur Industriemechanikerin oder zum Elektroniker für Automatisierungstechnik werden angeboten. „Wir sind ein Unternehmen mit riesigen Industriemaschinen“, sagt Geschäftsführer Burkhard Vollbach. In den Köpfen vieler Jugendlicher stecke noch: „Wenn ich gut schrauben kann, werde ich Kfz-Mechaniker.“ Doch die Möglichkeiten sind vielfältiger. Und wer motivierte Auszubildende haben will, muss früh anfangen, die Jugend für sich zu begeistern.
Alles zum Thema IHK Köln
- Geschäftsreisen fehlen Tourismus in Rhein-Sieg stagniert – „Welcome Card“ soll Reisende locken
- Sanierungsbedürftige Wiehltalbrücke Eine Vollsperrung der A4 in Oberberg will niemand
- Steuern Höhere Grundsteuer für NRW-Gewerbe – Gericht sagt Nein
- Kooperation und App Wie Schüler in Leverkusen leichter ein Praktikum finden
- Debatte über Familienunternehmer Kölner Arbeitgeberverband lehnt Zusammenarbeit mit AfD entschieden ab
- Medienbericht Teil-Freigabe der Rahmedetalbrücke noch vor Weihnachten?
- Wirtschafts-Brandmauer Familienunternehmer in NRW lehnen AfD ab – trotz Kurswechsel im Bundesverband

Freuen sich über die neuen Möglichkeiten bei der Berufsfindung: Schülervertreter Malte Placke und Julia Schenk.
Copyright: Stefanie Schmidt
Deswegen sind Momentive und die Gesamtschule Schlebusch nun über das Netzwerk „Kurs“ eine offizielle Kooperation eingegangen. Über den engen Kontakt zwischen Schule und Unternehmen sollen nicht nur Praktikums- und Ausbildungsplätze vermittelt werden, im Rahmen der Berufsorientierung kommen auch Mitarbeitende an die Schule, um ihre Berufe vorzustellen oder praxisnahe Unterrichtseinheiten anzubieten. „Für mich ist es superwichtig zu wissen, wohin wir die Schüler entlassen, die nach Klasse zehn gehen“, sagt Schulleiterin Eva Schönemann. Eine Aufgabe der Gesamtschule sei es, alle Möglichkeiten zu vermitteln und zu begleiten und nicht nur für das Abitur im eigenen Haus oder eine weiterführende Schulkarriere am Berufskolleg vorzubereiten. „Es ist für unserer Schülerinnen und Schüler auch wichtig, zu wissen, wofür sie lernen“, sagt Berufswahlkoordinatorin Katja Haug. „In den Unternehmen sehen sie es.“
„beAzubi“-App für Leverkusen
Auch an einer anderen Stelle wird an einer besseren Verknüpfung von Unternehmen und Berufseinsteigern gearbeitet. Die Wirtschaftsförderung Leverkusen baut aktuell die App „beAzubi“ für Leverkusen auf. Diese wurde mit dem Kreis Minden-Lübbecke entwickelt, um Schülerinnen und Schüler schon ab der 8. Klasse den Zugang zu Berufsfelderkundungstagen, Praktika und Ausbildungsplätzen zu erleichtern. Lokale Unternehmen können hier ihre Angebote einstellen, auch die Bewerbung soll direkt über das Portal erfolgen können. Die Umsetzung für Leverkusen geht auf eine Initiative von Stadtelternvertreterin Silke Ratte und einen begleitenden SPD-Antrag zurück. „Das war eine schwere Geburt und viel Überzeugungsarbeit nötig“, sagte Dezernent Marc Adomat im Bildungsausschuss und dankte Silke Ratte für ihren vehementen Einsatz für die Sache.
Eva Schönemann hat noch nichts von der „beAzubi“-App in Leverkusen gehört, ist aber ganz begeistert: „„Ich kenne so ein Portal aus meiner Arbeit im Rhein-Sieg-Kreis, das ist eine tolle Sache“, sagt die Schulleiterin. Und auch Malte und Julia werden direkt hellhörig: „Das wäre perfekt, wenn man eine Stelle hat, an der man nach Praktika suchen kann.“
Initiative im Regierungsbezirk Köln
„Kurs“ ist eine Gemeinschaftsinitiative der Bezirksregierung Köln sowie der Industrie- und Handelskammern zu Aachen, Bonn/Rhein-Sieg und Köln und ist in allen 11 Kreisen und kreisfreien Städten des Regierungsbezirks Köln mit jeweils einem Basisbüro vertreten. Dieses Büro ist bei den jeweiligen Schulämtern angesiedelt. Leverkusens Kurs-Koordinator Dirk Roth unterstützt Schulen und Unternehmen bei Aufbau und Entwicklung einer auf Dauer angelegten Lernpatenschaft. Die Zusammenarbeit wird einmal in Jahr reflektiert und gegebenenfalls angepasst.


