Autobahnausbau LeverkusenBaulärm für Jahrzehnte, Feinstaub für immer

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Die Stelze in Leverkusen

Leverkusen – „Die Stadt Leverkusen besteht in ihrem Kern aus Autobahnen.“ Niemand lächelt, als Klaus Wolf diesen Satz sagt. Der Mann, der als erster Bürgermeister der Grünen sowieso einen Platz in der lokalen Geschichtsschreibung sicher hat, weiß am Dienstag Grundsätzliches zu sagen. Es ist der zweite Tag, an dem betroffene Bürger Einwände gegen den derzeitigen Autobahn-Plan erheben können.

Auf dem Podium sitzen die Ingenieure von Straßen NRW. Von den Bürgern unten im Parkett werden sie öfter scharf angegangen; von den Bühnennachbarn eher verhört: Leute von der Bezirksregierung moderieren die Woche der Erörterung. Und gießen die Einwände in ein Protokoll. Daraus wiederum werden Fragen an die Straßenplaner destilliert, manchmal sogar Auflagen. Die müssen beantwortet oder erfüllt werden. Erst dann hat Straßen NRW Aussicht darauf, dass der Plan genehmigt wird.

An Tag zwei der Diskussion geht es um Lärm und Dreck. Ausschließlich, wie sich nach gut acht Stunden herausstellen wird. Das heiße Thema Dhünnaue wird auf den Mittwoch verschoben, der Ablaufplan ist längst Makulatur. Nach sieben Stunden ist das sicher. Andreas Hein schickt die Vertreter von Bayer nach Hause: „Tut mir leid. Bis morgen.“ Der Mann aus der Zeughausstraße bemüht sich, die Diskussion einigermaßen sachlich zu halten. Dazu gehört, dass der Vertreter der Bezirksregierung die Einwände der Bürger säuberlich aufschreiben lässt. Das gelingt ihm in der Regel sogar. Ausgesprochen temperamentvoll wird es in der Mülheimer Stadthalle allerdings immer, wenn es um die Grundsätze der Planung geht. Dass derzeit nur von der neuen Rheinbrücke die Rede ist, ändert nichts an diesem Konfliktpunkt. Erst recht, weil klar ist, dass die Straßenplaner schon die Lärmgrenzen von heute nicht einhalten können. Ausgerechnet nachts. In Merkenich wird es zu laut sein. Und zwar für immer. In den Griff bekommen lässt sich das nur mit neuen Schallschutzfenstern. Die Anwohner haben also die Wahl zwischen frischer Luft und Krach.

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Am Dienstag rückt ein weiterer Aspekt in den Blick: Wie laut wird es während der Bauzeit? Vor allem, wenn die alte Rheinbrücke weggehämmert wird? Thomas Raithel macht Versprechungen: „Wir werden den Baufirmen aufgeben, weniger zu klopfen und mehr zu sägen.“ Danach referiert der neue Projektleiter bei Straßen NRW den Bauzeitenplan, nach dem zwischendurch mal Ruhe ist. Denn die beiden Brückenteile werden nacheinander gebaut. Freilich geht es in der Zwischenzeit anderswo zur Sache. Der Spaghettiknoten wird schließlich auch neu gemacht. Klaus Wolf bringt so etwas auf die Palme. Fest stehe: „Wir werden 20 Jahre Baulärm haben. Mal hier, mal da.“

Allerdings: Dieses Problem ist endlich. Niemals zu beheben sein wird die Belastung mit Feinstaub. Die ist heute extrem hoch und hat augenscheinlich üble Folgen: „Ich habe zwei Enkel mit Lungenkrankheiten. Die sind 15 und 16 Jahre alt“, berichtet Gisela Kronenberg.

Den Prognosen der Verkehrsplaner wird wenig Glauben geschenkt. Dass nur noch Autos der Schadstoffklasse 6 zugelassen werden, lassen die Anwohner nicht gelten. Auch die Annahme, dass nach 2030 weniger Pkw unterwegs sein sollen, sei nicht mehr als Stochern im (Abgas)-Nebel. Vielmehr stehe zu befürchten, dass die Stadt an Abgasen ersticken wird. Die Alternative: Tunnel statt Brücke. Aber darüber wird nur noch im Konjunktiv geredet.

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