100 Jahre Bayer-WerkschutzPförtner von früher erobern mit Drohnen den Luftraum

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Technik wird immer wichtiger für den Werkschutz. Vor 100 Jahren wurde er gegründet.

Leverkusen – Dort, wo sie früher standen, sieht man sie schon einige Jahre nicht mehr: Wer den Chempark besucht und dafür den Empfang in der früheren Umkleide des Carl-Duisberg-Bads an der B 8 passiert, begegnet dort Wachleuten von Kötter und nicht mehr Mitarbeitern von Currenta oder gar Bayer. Die Wach-Firma Kötter hat unter dem Bayer-Kreuz die Regie übernommen, den Werkschutz an dieser Stelle abgelöst. Löhne und andere tarifliche Leistungen haben den Ausschlag gegeben, den Werkschutz von diesen Aufgaben zu entbinden.

Daneben kümmern sich Leute von fünf weiteren Unternehmen um bestimmte Schutzaspekte. Es seien „ausgesuchte Firmen mit Fachpersonal“, betont man beim Chempark-Betreiber Currenta. Sie seien auch im Schutzdienst auf dem Werksgelände aktiv, aber unter der Führung von Currenta-Mitarbeitern.

Als die Einheit vor 100 Jahren gegründet wurde, ging es genau vor allem um die Werkstore. Wobei Ausgangs- ebenso wichtig waren wie Eingangskontrollen. 1921 herrschte große Not, es gab den in der Werksgeschichte so berühmten, weil ziemlich einzigartigen 30-tägigen Streik bei Bayer, als die Kommunisten für kurze Zeit die Deutungshoheit über die Ursachen des Arbeiter-Elends hatten und kurz drauf nicht einmal die Schützlinge von „Mutter Bayer“ davor zurück schreckten, wertvolles Kupfer aus dem Werk zu schmuggeln. Oder die Bleiplatten, mit denen die Arbeiter geschützt wurden. In den Quellen ist außerdem von gefälschtem Aspirin die Rede – nicht gut für Bayers Umsatz und noch schlechter für den Ruf der Firma.

Es gab drei Sorten Wärter

Die „Portiers“ und die Leute von der Werkfeuerwehr waren mit der Situation überfordert – es musste eine andere Einheit her. Fand auch Carl Duisberg. Der legendäre Bayer-Direktor habe die Idee, einen echten Werkschutz zu gründen, damals mitgetragen. Daran erinnerte vor 25 Jahren der damalige Chef des Werkschutzes, Wolfgang Hoffmann. In dem von Duisberg unterstützten Konzept wurden Pförtner, Wächter und Sicherheitsbeamte unterschieden. Damit war klar, dass es nicht mehr nur um die Ein- und Ausgangskontrollen an den Toren ging. Sondern um ein umfassendes Konzept, um die Sicherheit in den Werken zu gewährleisten.

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In der Sicherheitszentrale laufen auch die Bilder zusammen.

Was da zu machen ist, hat sich gerade in den vergangenen Jahren grundsätzlich geändert. Zur Sicherheit gehört auch die von Daten. Und jüngst hat Joachim Beyer, der heutige Werkschutz-Chef, beschlossen, eine offene Flanke des Geländes mit neuer Technik zu überwachen: Am Rhein-Kai kommen Kameras zum Einsatz. Die müssen freilich so installiert sein, dass man zwar Eindringlinge erkennt. Aber die Beschäftigten sollen natürlich nicht überwacht werden in ihrem täglichen Dienst im Hafen.

Drohnen und Kameras

Etabliert haben sich unterdessen Drohnen. Die lassen die Leute vom Werkschutz zum Beispiel steigen, um einen Kamin zu begutachten. Auch das hat nicht mehr allzuviel mit dem ursprünglichen Pförtnerdienst zu tun. Das alles hat auch zu einem Aufbau von Personal geführt: 320 Beschäftigte insgesamt nannte jetzt auf Anfrage Timo Krupp, Sprecher bei Currenta. Etwa die Hälfte seien bei Fremdfirmen angestellt. Und der Chempark-Betreiber stelle im Werkschutz auch weiter ein: „Wir suchen aber keine Wachleute , sondern Ingenieure und Sicherheitsspezialisten“, erklärt Krupp.

1912 hatte Bayer mit seinen Erkennungsmarken für die Mitarbeiter einen ersten Kontrollmechanismus eingeführt. Der reichte recht bald nicht mehr aus. Als sehr regelungsbedürftig erwies sich der Verkehr auf dem Gelände: Der frühere Werkschutz-Chef Hoffmann sprach von 12.000 privaten Fahr- oder Motorrädern, die im Aufschwung kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dort unterwegs waren. Das konnte so nicht bleiben: Statt der privaten Räder gab es mehr rote Werksdrahtesel und viele Radständer an den Toren. Und Motorräder durften nicht mehr aufs Gelände.

Gefürchtete Knöllchen

Der Autoverkehr ist auf einem Chemiegelände grundsätzlich ein Thema. Überall herrscht Rechts vor Links, die breiten Straßen und durchaus weiten Wege verleiten allerdings viele zu einer allzu flotten Gangart. Das und das Managen der knappen Parkplätze im Werk ist der augenscheinlichste Job der Werkschützer. Mit Geldbußen belegte Knöllchen schreiben sie nicht. Aber die Protokolle sind durchaus ein Druckmittel.

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Wer sich partout nicht an die Regeln hält, kann im schlechtesten Fall seinen Bonus verlieren. Und wer sich als Dauergast im Chempark den Regeln nicht unterwirft, muss eines Tages für immer draußen bleiben. Daran hat sich übrigens nichts geändert   

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