Explosion in LeverkusenHeinen-Esser: Bürger sollen erfahren, was in den Tanks war

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Von der neunteiligen Tankanlage (Bildmitte) am Bürriger Sondermüllofen sind nur noch Trümmer übrig. 

Leverkusen – Was in den neun Tanks war, die bei der Explosion und dem Großbrand am Sondermüllofen in Bürrig zerstört wurden, sollen die Bürger doch noch im Detail erfahren. Ursula Heinen-Esser hat das am Montag versprochen. Allerdings muss sich die Umweltministerin des Landes dafür von der Staatsanwaltschaft Köln noch ein Okay geben lassen. Und bisher sind die Ermittler überaus zurückhaltend mit der Freigabe von Informationen, die irgendetwas mit der Katastrophe zu tun haben könnten.

Horst Becker (Grüne) aber hält es für sinnvoll, die Liste der Stoffe, die am Vormittag des 27. Juli explodiert oder verbrannt sind und die Currenta erst am Abend des 29. und am Vormittag des 30. Juli dem Lanuv übergeben hatte, zu veröffentlichen, „damit sich jeder ein Bild machen kann“. Becker wollte in der Sondersitzung des Landtags-Umweltausschusses dann noch wissen, warum das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) in Bürrig nur wenige Proben genommen hatte – und ob sie als Basis ausreichten, um drei Tage nach der Katastrophe die erste Entwarnung zu geben: kein Dioxin, kein PCB, kein PAK im Ruß.

Greenpeace hat andere Ergebnisse

Der Grüne fragte das auch mit Blick auf die Ergebnisse von Greenpeace, die im Detail von denen der Behörde abweichen. Die Umweltschutz-Organisation hatte nach eigenen Angaben 20 Proben untersuchen lassen. Manche hatten die Aktivisten selbst genommen, andere von Anwohnern bekommen. In vier Proben seien Dioxine gefunden worden. „Die Entwarnung kommt zu früh, die Stadt muss die Rückstände flächendeckend und systematisch untersuchen“, forderte Greenpeace-Chemiker Manfred Santen. Und Currenta müsse dafür sorgen, dass alle Partikel eingesammelt werden.

Lanuv-Leiter Thomas Delschen ging vor dem Ausschuss äußerst gelassen mit den unterschiedlichen Ergebnissen und Schlussfolgerungen um. Die Erkenntnisse von Greenpeace seien „mit unseren vergleichbar“, sagte er. Dass nach einem solchen Brand hier und da Dioxine in geringen Konzentrationen gefunden werden, sei zu erwarten gewesen. Aus seiner Sicht geben aber auch die teils etwas höheren Messwerte aus dem Greenpeace-Labor keine allgemeine Warnung her – und keine tatsächliche Gefährdung für die Bevölkerung.

Lanuv hätte früher kommen können

Dass Delschens Behörde früher etwas über den Chemikalien-Cocktail in den Bürriger Tanks hätte wissen können, ließ die Ministerin durchblicken. Man habe da schon durchaus massiv intervenieren müssen, sagte Heinen-Esser. Das sei nach ihrer Einschätzung „keine bewusste Verzögerung“ von Currenta – sondern unter anderem der Tatsache geschuldet, dass bei der Explosion der Betriebsleiter der Bürriger Anlage ebenfalls ums Leben gekommen sei.

Über das Kontrollregime der Kölner Bezirksregierung gab die Ministerin am Montag neutral Auskunft. Das auf drei Jahre verlängerte Prüf-Intervall nach der Störfall-Verordnung hätte laut Planung in diesen Tagen mit der Begehung der Anlage komplett gemacht werden sollen. Wegen der coronabedingten Einschränkungen waren die Prüfer und die Verantwortlichen von Currenta im April nur per Video-Schalte zusammengekommen. Zuvor hatte der Betreiber Akten nach Köln geschickt. Dem Papier nach hatte der Bürriger Betrieb keine Mängel – dasselbe Testat habe die letzte Überprüfung im Juli 2018 ergeben, so Heinen-Esser.

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Mit Blick auf die sieben Todesopfer und 31 Verletzte habe die Aufklärung der Unglücksursache „höchste Priorität“. Bei der Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und den Behörden habe es keine Mängel gegeben. Was die Umweltministerin sich aber vorstellen kann: dass das Lanuv von sich aus hinfährt und nicht angefordert werden muss. So gingen Stunden verloren.

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